Mein Thread, in dem ich erkläre, warum Angela Merkel meiner Meinung nach das Ausmaß der #Klimakrise nicht komplett verstanden haben kann, war mein bisher meist kritisierter.

Tut mir Leid, kann man anders sehen, aber nach ihrer Rede bei der #COP26 bleibe ich da eindeutig dabei.
Wer verstanden hat, wie tief wir in der Scheiße stecken und welche Auswirkungen das für schon heute lebende Generationen hat – längst nicht "nur" für die Jungen –, wenn wir nicht massiv gegensteuern und Regierungen endlich effektiv handeln.
Und wer sich dann in seiner letzten großen Rede, in der er nichts, aber auch gar nichts mehr zu verlieren hat, hinstellt und völlig ungerührt komplett unzureichende Maßnahmen bewirbt – dafür muss man schon sehr, sehr abgebrüht sein.
Wie sie in ihrer Rede selbst beton, war sie in all den entscheidenden Jahren, in denen eindeutig klar war, dass der menschengemacht Klimawandel dramatische Folgen hat und haben wird und wir aufhören müssen, Treibhausgase in die Luft zu blasen, in politischen Machtpositionen.
Ihre Kanzlerschaft erstreckt sich über DIE historisch entscheidenden Jahre, in denen die Regierung hätten dafür sorgen müssen, dass es endlich eine Trendwende gibt.

Selbst wenn sie in ihrer politischen Arbeit keinen Weg gesehen haben sollte, das umzusetzen:
Das war der (politisch völlig ungefährliche) Moment, ein letztes Zeichen zu setzen, geschichtlich einmal klar zu machen:

Es tut mir Leid, ich habe nicht mehr geschafft. Aber jetzt reißt euch gefälligst zusammen & tut das Nötige. Denn es geht, wie Gueterres klar macht, um alles.
Sie hat viel erreicht in ihrer Kanzlerinnenschaft und sie mag müde sein. Aber diese Rede enthielt die Leidenschaft & Dringlichkeit als spreche sie über die Änderung der Satzungsordnung eines Schrebergartenvereins.

Das verkennt den historischen Moment, an dem wir uns befinden.
Auch dass sie die schlimmsten Folgen nicht erleben wird, ist kein Argument. Wer heute 68 ist, hat gute Chancen 90 zu werden.

In den nächsten 15-20 Jahren wird auch sie viele Auswirkungen der Klimakrise zu sehen bekommen, die Maßnahmen in ihrer Karriere hätten verhindern können.
Ps.: Hier der alte Thread, falls das jemanden interessiert:
Und noch eine Erklärung, warum ich es für relevant halte, zu ergründen, warum Merkel nicht gehandelt, sich nicht stärker dafür eingesetzt hat: Nicht, weil ich hoffe, sie zu überzeugen. Sondern weil viele Politiker:innen, Journalist:innen & Bürger:innen ihrem Urteil vertrauen.
Sie, die so rationale und vernüftige Kanzlerin, die zwar oft lange zauderte und sich raushielt, aber in den entscheidenden Momenten da war und handelte - sie, die Physiker:innen, würden auch in der #Klimakrise Alarm schlagen, wenn es wirklich, wirklich ernst wäre.
Ich denke, darauf vertrauen viele. Aber es ist leider nicht der Fall.

Solange sie sagt: "Klar, wir habe nicht genug getan, aber naja, dann jetzt halt CO2-Preis & dann passt's scho!" Solange wiegen sich viele andere in trügerischer Sicherheit. Das ist im wahrsten Sinne fatal.

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3 Nov
Soooo, let’s adress the elephant in the room:

Ist Klimajournalismus Aktivismus?

Kurze Antwort: Hell, no.
Lange Antwort: ⬇️
Gegenfrage: Ist Corona-Berichterstattung Aktivismus?

Waren die Journalist:innen von @zeitonline aktivistisch, als sie zu Beginn der Pandemie eine Erklärung der damals für uns neuen AHA-Regeln auf ihrer Homepage fest eingebettet hatten?
Offensichtlich mit der Absicht, ihre Leser:innen aufzuklären und so im Idealfall auch Verhalten zu beeinflussen und zur Eindämmung des Virus beizutragen?
Read 19 tweets
2 Nov
Late to the party, aber ich habe mir noch mal das Klima-Herbst-Programm des @mdrde angeschaut & muss sagen: Ich bin echt ganz schön beeindruckt.

Ich habe jetzt noch nicht alle Inhalte gesehen, aber hier ein paar Punkte, die ich bemerkenswert finde ...
mdr.de/presse/fernseh…
- Mit dem Themenschwerpunkt gehen strukturelle Veränderungen einher.
- Der MDR schafft neue Formate, verstärkt Klima aber auch in bestehenden.
- Sie arbeiten mit etablierten Expert:innen, stärken aber auch die Expertise im Haus.
- Sie versuchen gesellschaftl. Dialog zu fördern.
- Sie brechen das vermeintlich abstrakte, globale Thema auf Entwicklungen vor der Haustür runter & machen sie so greifbar und verständlich.
- Sie zeigen Lösungsansätze aus der Region.

Um genauer zu beurteilen, wie gut das gelingt, müsste ich jetzt noch mehr Beiträge anschauen.
Read 4 tweets
29 Oct
Wann ist eigentl. der Zeitpunkt, ab dem mehr Grüne anfangen deutlicher über die #Klimakatastrophe zu sprechen? Vor der Wahl ging nicht wegen Wahl, gerade geht nicht wegen Koalitionsverhandlungen. Danach? Oder geht das nicht, weil man es davor nicht gemacht hat & nun komisch wäre?
Das ist nicht despektierlich gemeint, ich verstehe ja die Logik. Aber ich stelle mir die Frage echt. Denn uns läuft ja die Zeit davon & ich weiß noch immer nicht, wie wir eine Krise lösen sollen, dessen Ausmaß sich die allermeisten Menschen offenbar gar nicht bewusst sind.
Wenn wir letzteres nicht ändern, werden wir keine Mehrheiten von den nötigen Maßnahmen überzeugen können. (Ich weiß, um die Rolle des Journalismus hier, aber in einem Kommunikationsmodell gibt es unterschiedliche Beteiligte.)
Read 5 tweets
4 Oct
Es macht mich ein bisschen wahnsinnig, dass #Klimaangst in Beiträgen oft als was Pathologisches dargestellt wird.

Ich habe auch Angst vor der, vor meiner Zukunft.

Und wie ich mir in Gesprächen mit X Klimawissenschaftler:innen habe bestätigen lassen, ist das komplett rational.
Menschen, die Angst haben, sind weder komisch noch haben sie per se ein Problem. Diese Angst ist eine normale Reaktion, wenn man sich dem stellt, was auf uns zukommt.

Sie wird zum Problem, wenn sie eine:n lähmt & dauerhaft überwältigt. Dann kann & sollte man sich Hilfe suchen.
Ich denke nicht, dass man aktiv Angst erzeugen sollte, um Menschen den Ernst der Situation klar zu machen. Überhaupt nicht, das ist nur kontraproduktiv & führt zu Verdrängung.

Aber man kann nicht verhindern, dass Menschen sich sorgen, wenn sie das Ausmaß der Krise verstehen.
Read 7 tweets
4 Oct
Paradebeispiel für False Balance?

Christian Stöcker und Nikolaus Blome als Kolumnisten anheuern und dabei übersehen, dass der eine jede Woche schmissig den Stand der Forschung zusammenfasst. Und der andere einfach nur eine starke (politische) Meinung hat: spiegel.de/politik/deutsc…
Man kann Fridays for Future gerne für überheblich halten und dass auch Gleichalterige das tun, ist vielleicht sogar wirklich Teil des Problems.

Man kann kritisieren, dass es von der Klimabewegung nicht klug war, die Grünen zu kritisieren statt zu unterstützen.
Ich halte es ebenfalls für eine extrem verallgemeinerte Darstellung, "die Jungen" hätten die Klimakrise verstanden und "die Alten" nicht. Es gibt auch unter jungen Menschen sehr viele, die kein genaues Bild davon haben, wie akut die Klimakatastrophe ihre eigene Zukunft bedroht.
Read 9 tweets
17 Sep
Nächste Woche wird gewählt & es ist medial weder gelungen, einer Mehrheit die Bedeutung der #btw21 bewusst zu machen. Noch aufzuklären, welche Parteien versuchen, unsere Lebensgrundlagen zu schützen.

Daher: Bitte, sprecht mit euren Eltern & Großeltern.
Einige hilfreiche Links 🧵
@teresabuecker hat dazu schon vor Wochen einen wirklich großartigen & persönlichen Text geschrieben.

Ich hoffe, sie hat den Brief an ihren 95-jährigen Großvater abgeschickt: steadyhq.com/de/teresabueck…
Diese sehr klare Analyse der aktuellen Situation von @rahmstorf ist eine super Argumentationshilfe, die die Fakten & den Ernst der Lage kurz & verständlich zusammenfasst: spiegel.de/wissenschaft/m…
Read 12 tweets

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