#SozialeAnsteckung
Chuang
Soziale Ansteckung
und anderes Material zum mikrobiologischen Klassenkampf in China
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch vom WRKSHP, 2021
Die Palmöl-Industrie, weltweit bekannt für ihre Rolle bei
Entwaldung und ökologischer Zerstörung, scheint hier in besonderem Maße eine Schuld zu tragen, weil ihre Monokulturen robuste ökologische Redundanzen* verwüsten, welche die Unterbrechung von Übertragungsketten unterstützen, und zugleich diejenige
Fledermausart wortwörtlich anlocken, die dem Virus als natürliches Reservoir dient.[54]
Wie bei der Ausbreitung der Grippe in China gehört die rapide Urbanisierung Westafrikas zum Kern der Problematik. Und wie überall hatte die Urbanisierung in Afrika zu einer größeren Nachfrage von tierischem Protein geführt. Doch im Kontext der allgemeinen
Unterentwicklung, die im Laufe der Geschichte von Kolonialisierung und Imperialismus verursacht wurde, bedeutete dies, dass der Prozess mit den selben Springquellen, die zu den "Nutztier-Revolutionen" geführt hatten, in den bereits stark industrialisierten
Regionen, einen eigenständigen Charakter annehmen würde. In Westafrika kam tierisches Protein immer vom Fischfang zur See. Mit den 1970er Jahren aber begannen große industrielle Fischereiflotten, einige aus Europa aber auch aus anderen Teilen der Erde, die
kleineren örtlichen Flotten auszustechen, wobei der Fischbestand dramatisch reduziert wurde. Die Fischbestände vor der Küste Westafrikas hatten sich bis zu den späten 1970er Jahren halbiert. Ohne die industrielle Basis oder Investitionsreserven, welche die
Unterhaltung der gleichen Konzentration von Viehbestand ermöglicht hätten, so wie sie anderswo entstanden, und dabei immer noch mit großen angrenzenden Wäldern mit großen Tierbeständen, kam es mit der Nachfrage nach tierischem Protein in diesen
neuen urbanen Komplexen zu einem Höhepunkt in der Jagdindustrie und zu einer stärkeren Abhängigkeit von dem, was gemeinhin als "Buschfleisch" bezeichnet wird. Nebenbei ermutigte dies kleinere Landbesitzer, mehr
Vieh an den Rändern dieser Wälder zu züchten, was das Potenzial für den Spillover** zwischen Wild und domestizierten Tieren erleichterte.[55]
[54] Siehe insbesondere für den westafrikanischen Fall: Rob Wallace et al., "Did Neoliberalizing West African Forests Produce a New Niche for Ebola", _International Journal of Health Services_, Vol.46, No. 1 (2016); und
für eine größere Übersicht der Verbindungen von ökonomischen Bedingungen und <der Infektionskrankheit> Ebola als solcher: Robert G. Wallace and Rodrik Wallace (Eds)*** "Neoliberal Ebola:
Modelling Disease Emergence from Finance to Forest and Farm", _Springer_, 2016; und für das klarste Statement in diesem Fall, trotzdem es weniger wissenschaftlich ist, siehe den oben zitierten Artikel von
Wallace: "Neoliberal Ebola: the Agroeconomic Origins of the Ebola Outbreak".
[55] J. S. Brashares et al., "Bushmeat Hunting, Wildlife Declines, and Fish Supply in West Africa", _Science_, Vol. 306, No. 5699, Nov. 12, 2004, pp. 1180-83. Ahmend S. Kahn and Sanie S.S. Sesay,
"Seafood Insecurity, Bush Meat Consumption, and Public Health Emergency in West Africa: Did We Miss the Early Warning Signs of an Ebola Epidemic?", _Maritime Studies_, Vol. 14, No. 1, Mar. 11, 2015. Dyhia Belhabib, "Over-Fishing Is Strangling a Key Protein
Source for West Africans", _The Conversation_, Sep. 20, 2016. "Reduced Fish Stocks Linked to Increased Bushmeat Trade, WIldlife Declines in W. Africa", _Science Daily_, Dec. 3, 2004.
* Es bleibt etwas unklar, was die Autoren mit "ökologischen Redundanzen" (orig. "ecological redundacies") bzw. mit ökologischer Redundanz (ecological redundacy) genau ansprechen. Dazu gibt es
zwei biologische bzw. medizinische Konzepte, die im deutschsprachigen Raum im Rahmen von Begrifflichkeiten wie Biodiversität und Ökosystemfunktionen bzw. als "funktionelle Redundanz" diskutiert werden. Eines, das mikrobiologische Umfelder betrifft und eines, das
Umfelder von größeren Arten (i.W.S. makrobiologisch) betrifft, Tiere. Die dabei gesetzten inhaltlichen Schwerpunkte sind dabei vor allem bei letzterem offenbar dem (ökologischen) Redundanzmodell des Ökologen Brian Walker (Commonwealth Scientific and
Industrial Research Organisation, CSIRO, Australien) verpflichtet. Im Wesentlichen wird hierbei von einem funktionierenden, d.h. sich aufrechterhaltenden, stabilen Ökosystem ausgegangen, für das die meisten Arten als nicht notwendig erachtet werden, sie stellen
somit eine redundante, d.h. überreiche oder überzählige Größe dar. Bei Störungen des Ökosystems übernehmen diese jedoch wesentliche Systemfunktionen, ähnlich einer Reserve. Es wird also unterschieden in funktionale
und nichtfunktionale oder vielleicht potenziell funktionale Spezies. Mikrobiologisch oder genetisch wird mit Redundanz ebenso auf Funktion abgehoben, hier von Genen, die überzählig aber nie zu einer Funktionalität gelangen, weil sie (im Modell von Genen
als Codierung von Biologie) nichts codieren, sondern als Zeichen über den "wirksamen" genetischen Zeichensatz hinaus vorhanden sind. An dieser Stelle des Textes wird die ökologische Redundanz offenbar eher auf Flora, Pflanzen, Wald und Böden und Tiere gleichermaßen bezogen.
#SocialContagion in German
Chuang #SozialeAnsteckung
und anderes Material zum mikrobiologischen Klassenkampf in China
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch vom WRKSHP, 2021
Der Virenausbruch wurde in jeglicher Hinsicht von den schwachen Verbindungen zwischen den
Regierungsebenen unterstützt: Die Unterdrückung von "Whistleblower"-Doktoren durch lokale Funktionäre (gegen die Interessen der Zentralregierung), ineffiziente Meldemechanismen der Krankenhäuser und ein extrem schlechtes Angebot grundlegender Gesundheitsfürsorge
sind lediglich einige Beispiele. Inzwischen sind verschiedene Provinzregierungen in unterschiedlichem Tempo zur Normalität zurückgekehrt, weitgehend jenseits der Kontrolle der Zentralregierung <im Orig. central state = Zentralstaat> (außer in Hubei*, dem
Notiz zu #SozialeAnsteckung: "Huanan sei ein typisches Beispiel für solche Märkte (Wetmarket) mit frischen Waren und Tieren in Käfigen, erläutern die Forscher der Studie: 'Schlechte hygienische Bedingungen und enger Kontakt zwischen Tieren und Menschen sowie eine
breite Mischung von Arten innerhalb des Lebendtiermarktes und der zu beliefernden Restaurants machen sie zu einer idealen Brutstätte für neu entstehende Infektionskrankheiten.'"* Dazu: (...) wurde der Handel mit Wiltieren für die Verbreitung des Virus
verantwortlich gemacht. Doch hierbei wurde die sich ändernde Struktur der Agrikultur in China ignoriert und zwischen "domestizierten" und "wilden" Proteinquellen eine zu scharfe Trennung vollzogen, siehe
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Chuang #SozialeAnsteckung
und anderes Material zum mikrobiologischen Klassenkampf in China
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch vom WRKSHP, 2021
Containment als Lektion in Staatskunst
Mit weltweit insgesamt 2,4 Millionen Toten im ersten
Jahr der Pandemie scheint es nur selbstverständlich, dass das Virus eine solche Medienaufmerksamkeit erlangen sollte.[59] Aber in den ersten Monaten der Seuche betraf diese Aufmerksamkeit weniger das Virus selbst, als das spektakuläre Ausmaß der Reaktion, die in
gleichermaßen spektakulären Bildern leerer Megacities resultierte, die in krassem Kontrast zum normalen Image von einem überfüllten und völlig umweltverschmutzten China standen, das in Medien vermittelt wird.
#SozialeAnsteckung#SocialContagion in German
Chuang
Soziale Ansteckung
und anderes Material zum mikrobiologischen Klassenkampf in China
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch vom WRKSHP, 2021
Copyright (c) 2021 Chuang, Einführung und die Druckausgabe (c) 2021 Charles H. Kerr Publishing Company
Das war ein schwieriger Prozess. Ein früher Verdacht fiel auf die Zibetkatze, ein wildes Säugetier, das in Südchina gegessen und auf dem "Frischmarkt" verkauft wird.
Behörden verboten für eine Weile den Verkauf von Zibetkatzen, über zehntausend Tiere, die auf den Märkten für lebende Tiere verkauft werden sollten, wurden geschlachtet. Nach dem der Seuchenausbruch abebbte, realisierte man hingegen, dass die Zibetkatzen
#Chuang, #SozialeAnsteckung
Chuang
Soziale Ansteckung
und anderes Material zum mikrobiologischen Klassenkampf in China
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch vom WRKSHP, 2021
Der Verkauf großer Ländereien an kommerzielle Agrar-
Forstbetriebe zog die Enteignung lokaler Waldbewohner und die Zerstörung ihrer, vom örtlichen Ökosystem abhängigen Produktions- und Ernteformen nach sich. Dies lässt den Armen auf dem Land oft keine andere Wahl, als weiter in den Wald vorzudringen, während
zugleich ihr traditionelles Verhältnis mit diesem Ökosystem bereits zerstört worden war. Das Ergebnis ist, dass das Überleben der Landbevölkerung nun selber in höchstem Maße vom Jagen von Wild oder dem Abernten der örtlichen Flora und dem Schlagen von Holz für den
Die Problematik #Documenta sitzt tiefer oder ist breiter aufgestellt, als der Vorwurf des Antizionismus, Antisemitismus, wie er kürzlich und deutlich kenntnisreich formuliert wurde.[1] Was die irrationale Glaubensbekenntnisgemeinde in #Kassel und ihre
Rückendeckung für die Großausstellung angeht, wären ein Postmarxismus, ideengeschichtlich Louis Althusser, der Durchmarsch von systemstützenden, professoralen Künstlerinnen wie Natasha Sadr Haghighan zu nennen
und eine falsche Kollektivität, wie auch ein Soziologe, der die Ästhetik des Politischen in die Institution hebt.
[1] ruhrbarone.de/documenta-15-i….