Zu den Menschen, die in unserem Land wahrscheinlich praktisch am wenigsten #Freiheit und Möglichkeit zu Selbstentfaltung genießen gehören Mütter schwerbehinderter Kinder. Manche dieser Mütter würde einen Gefängnis-Insassen um dessen Freiheit beneiden. 🧵
Im Zusammenhang mit der Rücknahme der Roe vs Wade-Entscheidung durch das Oberste US Gericht und der damit eröffneten Möglichkeit für US-Bundesstaaten restriktive #Abtreibungsgesetze durchzusetzen wurde intensiv darüber diskutiert was dies in einzelnen Fällen für die Gesundheit...
...von Frauen bedeutet. Im Falle der "embryopathischen Indikation" diskutieren wir aber nicht nur über die (psychische) Gesundheit von Frauen sondern unter Umständen über noch mehr - über das unveräußerliche Recht der Selbstentfaltung.
Ich bin Vater eines schwerbehinderten Kindes, Ärzte haben uns nach der Pränataldiagnostik regelrecht zu einer besonders grausamen Form der Spätabtreibung gedrängt. Wir haben uns richtig und gegen einen Schwangerschaftsabbruch entschieden.
Ich bin eigentlich - zumal vor dem Hintergrund meiner durchaus sehr glücklichen Elternschaft und dem damit verbundenen Engagement für #behindertenrechte ein Gegner von #Abtreibung insbesondere dem durch "embryopathische Indikation".
Es gibt kein Menschenrecht auf "gesunde" Kinder. Die frühzeitige Selektion und der #Fetozid nach entsprechender Diagnostik sind eine Form der #Eugenik die ich eigentlich ablehne.
Eigentlich! Aber hier kommt die traurige Realität ins Spiel die sich gerade auch in der #Pandemie nicht gerade zum besseren gewendet hat. Ich erlebe diese Realität in den Selbsthilfe-Gruppen und Chatgroups. Wer ein behindertes Kind in diese #ableistische Gesellschaft zur Welt...
...bringt hat in vielen Fällen als Mutter sein Recht auf Selbstentfaltung und gesellschaftlicher Teilhabe verwirkt.
Ich rede bewusst von Müttern. Klar gibt es auch Väter für die das gilt, aber im Normalfall sind es Mütter.
Klar gibt es auch Fälle in denen die Mütter und die Kinder das Glück haben tolle Partner, eine großartige Familie, hinreißende Arbeitgeber oder eine Menge Geld zu haben - im Normalfall haben sie kein Glück.
Letztens hat mir eine Ärztin von einer alten 85 jährigen Frau erzählt, die verzweifelt am Sterbebett ihres an einer Sepsis erkrankten Sohnes, der eine Trisomie 21 hatte saß. Als er schließlich gestorben war sagte die Frau nun dürfe sie auch sterben.
Dieses Bild ist leider noch immer eine Realität in unserem Land - und es wird nichts unternommen daran etwas zu ändern.
Unsere Tochter lässt uns viel Freiheit: sie hat eine körperliche Behinderung ist geistig aber altersgemäß entwickelt und demnach - man verzeihe mir die Formulierung - berechenbar. Sie braucht nicht viel mehr Aufsicht als andere Kinder sie ist friedlich und vorsichtig.
Ihre medizinische Versorgung ist durchaus aufwändig bedarf der Konstanz und Disziplin aber wir müssen uns nicht ständig Sorgen um ihr Leben machen. Das lässt uns Freiheit.
Dennoch trennt uns unsere Realität, die Auseinandersetzung mit Behörden, Ärzten, Kassen die Sorgen, die Verantwortung und daraus resultierend eine andere Perspektive auf Gesellschaft und Politik von unseren Freunden. Mein einst riesiger Freundeskreis ist übersichtlich geworden.
Bedrohungslagen wie der #Ukrainekrieg die #Pandemie oder der Klimawandel fühlen sich für Eltern eines Kindes dessen Leben von der stetigen Versorgung mit teuren medizinischen Hilfsmitteln abhängt einfach anders an.
Für egoistischen Hedonismus den manche mit Freiheit verwechseln habe ich kein Verständnis mehr. Die Freunde werfen mir wiederum Egoismus vor, weil ich formuliere, daß #Inklusion mit Verhaltensänderung und Einschränkungen für die Mehrheit einher geht.
Ich getraue mich nicht Alkohol zu trinken, unsere Möglichkeiten Urlaub zu machen sind beschränkt, meine "Karriere" und erst recht die meiner Frau liegt auf Eis, der letzte Paarabend mit meiner Frau liegt über 8 Jahre zurück und keiner wagt es alleine auszugehen.
Abends vorm ins Bett gehen prüfe ich wo der Autoschlüssel liegt falls wir in der Nacht schnell mit der Tochter in die Klinik müssen...
Aber wir Eltern haben Freizeit: wir können lesen, lange Tweets auf Twitter schreiben oder mit dem Hund spazieren gehen. Es geht uns darum...
...viel besser als so vielen anderen Eltern, viel besser als den vielen alleinerziehenden Müttern behinderter Kinder.
Wenn wir also die Abtreibung von behinderten Kindern moralisch verurteilen, sollten wir bedenken, daß wir damit zugleich fordern, daß einige Mütter...
Ihr Leben, ihren Beruf, ihre Hobbys, ihre finanzielle Sicherheit, ihre Partnerschaft, ihren Freundeskreis, ihre Freizeit, ihre Freiheit aufgeben sollen - oft lebenslänglich. Das zu fordern ist unmoralisch!
Wenn die Gesellschaft, die Katholische Kirche, die @CDU oder wer auch immer sich nicht mit der z.T. grausamen Praxis des Fetozids abfinden möchte, dann wäre es ihre verdammte Pflicht dafür Sorge zu tragen, daß die Mütter, die sich für ihr behindertes Kind entscheiden...
in Würde weiterleben können - ohne Angst vor Armut, Stigma, Ausgrenzung und Überlastung. Die Last als solche ist dann noch immer schwer genug.
Bis dahin bleibt es dabei, daß wenn mich Mütter, deren pränatale Untersuchung die Diagnose meiner Tochter ergeben hat mich anrufen (und ich bekomme solche Anrufe) dass ich ihnen rate sich nicht zu überlegen, was für das Kind das Beste ist, sondern sich zu überlegen...
Ob sie bereit sind ihr Leben ihre Freiheit für ihr behindertes Kind zu opfern. Ich erkläre ihnen, daß es keine Ethik gibt aus der der moralische Imperativ hergeleitet werden könnte, daß Frauen zu diesem Opfer verpflichtet wären.
Unmoralisch sind nicht die Mütter die sich gegen das Kind entscheiden - sondern die Gesellschaft die Mütter vor diese grausame Alternative stellt.
*würden einen Gefängnis-Insassen* soll das natürlich heißen...ich hoffe man versteht es trotzdem.
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Falsche Politik tötet Menschen! Wenn statt nüchterner Wissenschaft Ideologie und vermeintlich "Gesunder Menschenverstand ™" die #Gesundheitspolitik dominiert sterben Menschen, unter Umständen sehr viele. 1/N
Das gilt nicht nur in der #Corona-#Pandemie sondern auch für andere Felder der #publichealth.
Vor 3 Tagen ist ein von der #Groko unter Federführung von @OlafScholz entstandenes Gesetz in Kraft getreten das ohne Zweifel Hunderttausenden längerfristig das Leben kosten wird 2/N
Das @BMF_Bund hatte sich letztes Jahr eine Novelle des #TabakSteuergesetz|es von der #Tabaklobby diktieren lassen und hat es dann kurz vor Ende der Legislaturperiode durch den Bundestag geprügelt. Herausgekommen ist dabei eine riesige Scheiße. 3/N
Selbst wenn es so wäre, daß die Fallsterblichkeit des #Coronavirus inzwischen durch #Impfung und Mutation geringer wäre als die der Grippe so ist das kein Grund zur Entwarnung:
Die Basisreproduktionszaht R0 ist bei Corona auch unter geimpften um ein Vielfaches höher als bei der #Influenza. Die Generationszeit bzw. das serielle Intervall ist nicht länger als bei der Grippe.
Corona kann von präsymptomatischen bzw. asymptomatischen Menschen übertragen werden.
1/N Ich habe im Radio gehört, Corona-Massnahmen-Befürworter und Massnahmen-Gegner sollte aufeinander zugehen. Vor allem die Befürworter müssten mehr Verständnis für die andere Seite entwickeln.
Das möchte ich hiermit tun:
2/N Ich möchte mich entschuldigen - entschuldigen dafür, dass ich eine schwerbehinderte Tochter habe. Entschuldigung, dass ich Angst habe, dass ihr ohnehin schon beschädigter Körper mit einer weiteren Hypothek wie #longcovid belastet werden könnte.
3/N Entschuldigung dafür, dass ich so egoistisch bin und von einer Mehrheit erwarte, dass sie auf „wenige“ Kranke und Behinderte Rücksicht nehmen.
Ich denke wir erleben derzeit eine dramatische Untererfassung des #Corona-#Infektionsgeschehen|s durch offizielle Zahlen.Der Eindruck aus meinem privaten und geschäftlichen Umfeld suggeriert, daß schon jetzt - mitten im Sommer - die Höhe der ersten #Omikron-Welle erreicht wurde🧵
2/19
Die Schule meiner Kinder ist entvölkert, meine Twitter-Timeline voll mit Infektionsmeldungen und meine Geschäftstätigkeiten kommen aufgrund des Krankenstandes bei den Kunden fast zum Erliegen.
3/19
Derweil herrscht von Seitens der Politik erstaunliche Stille. Während man in Bayern über die Abschaffung der #Maskenpflicht - noch vor dem Peak der aktuellen Welle nachdenkt, geben sich zeitgleich auch vernünftige Klinikchefs recht entspannt.
Unter den derzeit gegebenen Umständen ist es schlicht eine Lüge zu behaupten Politik mühe sich um den #Infektionsschutz#vulnerabler Gruppen. Die einzige Chance einer #Corona-Infektion zu entgehen wäre sich komplett wegzusperren. Selbst Eigenverantwortung kann man vergessen...
...das Expositionsrisiko ist offensichtlich derart gigantisch, dass individuelle Bemühungen nicht mehr reichen um sich zu schützen.
Hört ihr das Hustenkonzert in den Hinterhöfen, im öffentlichen Nahverkehr, im Supermarkt? Das ist unsere #Sommerwelle!
Wir brauchen jetzt Massnahmen, nicht erst im Herbst. Es wird Zeit zu erkennen, dass sich der Charakter unserer Pandemie geändert hat...
1/N Je länger das Jahr fortschreitet, desto deutlicher wird:
Wir haben nicht eine #Coronapandemie sondern zwei.
Die eine #Pandemie ist eine eine akute Erkrankung der Atemwege, des Blutes und des Epithels, die in einem erheblichen Maße - insbesondere bei #vorerkrankten Menschen
2/N #intensivpflichtig wird und in dieser Gruppe häufig tödlich verläuft. Damit einhergehend - aufgrund der unglaublichen Dynamik der Infektionswellen - stellt sich die Herausforderung, die kritische Infrastruktur und die klinische Versorgung aufrecht zu erhalten.
3/N Zur Bewerkstelligung dieser Herausforderung haben wir in den letzten Jahren Erfahrungen mit verschiedenen medizinischen und nichtmedizinischen Interventionen gesammelt.