1982 überreichte der Außenminister und UN-Delegierte d. #Ukraine️ V.N. Martynenko Generalsekretär De Cuéllar eine Medaille zum 1500. Geburtstag der Stadt #Kyiv/#Kiew. Vor der Unabhängigkeit 1991 besaß die Ukrainische Sowjetrepublik (USSR) formelle Souveränität. Ein Thread/1🧵
Die Gründung der Vereinten Nationen beruhte auf dem Status Quo der Nachkriegsordnung. USA, Sowjetunion und UK waren die wichtigsten Ordnungsmächte. Stalin fürchtete ein Ungleichgewicht zu Gunsten "kapitalistischer" Staaten u. setzte #Ukraine u. #Belarus als Mitglieder durch/2
Damit besaß die Sowjetunion (als einziger Staat) drei Sitze: Die SU (als Ganzes, nicht die RSFS!) und die beiden Republiken. D. #Ukraine hatte damit einen besonderen Status - mehr als d. zentralasiatischen, kaukasischen oder baltischen Republiken, aber weniger als d. Staaten d./3
Ostblocks (Polen, ČSSR, usw.). Rein formell war der internationale Status der #Ukraine besser als der Bundesrepublik, die (bis 1971) lediglich als "Beobachter" in der UN vertreten war. Tatsächlich war die USSR ein Werkzeug des Kreml, eigenständige Entscheidungen nicht möglich/4
Die USSR war gleichberechtigt in allen Gremien und Organisationen der UN vertreten (z.B. UNESCO, UNHCR usw.) - der Kreml nutze sie u.a. für die Koordination mit der "Dritten Welt" (Afrika, Südostasien). Die Idee war vermutlich, dass d. Ukraine als "Agrarland" als Vorbild einer/5
Modernisierung "sowjetischer Prägung" dienen könnte. Der Blick des Kreml auf die Ukraine war kolonial: Hochkultur, Industrie u. Hochtechnologie waren überwiegend Russisch. Den Ukrainern blieb (verkitschte) "Folklore" mit Bauerntänzen etc. Modernisierung bedeutete Russifizierung/6
Die Wirkung dieser (quasi) Souveränität als "anerkannte" Nation ist ambivalent. Einerseits erleichterte es 1991 die Unabhängigkeit u. die Anerkennung der Grenzen (bis zu Russlands Invasion ab 2014) zu erreichen- Grenzkonflikte wie im Kaukasus und Zentralasien blieben ihr/7
(scheinbar) erspart. Andererseits erhofft #Putin den alten Status der #Ukraine wiederherzustellen, als Werkzeug russ. Interessen auf der internationalen Bühne. Formelle Souveränität (sogar Sicherheit d. Grenzen), ohne eigenständige Innenpolitik u. mit Hegemonie d. Russischen/Ende
Übrigens ein Thema das sehr viel mehr Forschung nötig hätte und zu dem es recht wenig Literatur gibt. Ich beziehe mich u.a. auf den (sehr desktiptiven) Aufsatz von D.I. Soroka. Vielleicht kennen @EFDavies oder @jcbehrends mehr Texte 🤔

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Oct 29
Die (staats)rechtliche Situation in den von #Russland okkupierten Territorien ist maximal konfus. Einerseits sollen sie nun als reguläre Bestandteile der Russischen Föderation betrachtet werden, also z.B. sollen Grenzkontrollen entfallen. Andererseits stellen d. "Volksrepubliken"
weiterhin eigenständige Dokumente aus (Führerscheine, Pässe usw.). Noch absurder ist das Verhältnis der Territorien, die Russland formell als sein Staatsgebiet versteht, es aber gar nicht kontrolliert - z.B. die Großstadt #Saporischschja.Rein formell wäre damit die "staatliche
Integrität" der RF nicht mehr gegeben. Somit könnte Putin (rein formell) sein Atomwaffenarsenal einsetzen, was natürlich Quatsch wäre. Die totale Konfusion zeigt sich etwa in politischen Karten die in russischen Medien präsentiert werden - da sind sehr unterschiedliche Grenz-
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Oct 25
Deutschland als neutrale "Drittpartei" in Hinblick auf die russische Invasion der #Ukraine (#Welzer). Als Historiker bekommt man da leider ein Deja-Vu: 1920 demonstrierten SPD/USPD gemeinsam für "Frieden und Neutralität" während der bolschewistischen Invasion Polens/1
Sie warfen der polnischen Regierung und den Alliierten (Frankreich und Großbritannien) vor, die Friedensverhandlungen zu sabotieren und stattdessen mit Waffenlieferungen den Krieg zu verlängern. Deutschland wolle dagegen mit (Sowjet)Russland in "Frieden und Freundschaft" leben/2
Doch hinter dieser "Neutralität" stand der Wunsch die verhasste Nachkriegsordnung zu zerstören und den polnischen Staat aufzulösen. Die Bolschewiki dachten nicht daran zu verhandeln, sondern hatten längst eine eigene polnische Regierung ernannt um mit ihr "Frieden zu schließen"/3
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Oct 24
9 Monate sind seit Beginn des russischen Großangriffs auf die #Ukraine vergangen. Gerade in Deutschland fällt es offenbar immer noch schwer Kriegsgründe und Kriegsverlauf zu verstehen. Weder hat #Putin "den Verstand verloren" noch findet eine "Reaktion auf d. Westen/NATO" statt/1
Ursache ist der fundamentale Unterschied im Verständnis von Staatlichkeit, "Nation" und Völkerrecht zwischen #Russland und dem "Westen". Dieser Sturm ist seit Jahren aufgezogen und war spätestens 2014 evident. Der Kreml möchte eine grundsätzliche Revision der Nachkriegsordnung/2
Er besteht auf "Geschichte, Kultur und Ethnizität" als ewig gültigen und unveränderbaren Grundlagen der Staatlichkeit. Demokratische Prinzipien, liberaler Rechtsstaat und Menschenrecht sind dabei zweitrangig oder gar "faschistisch". Die #Ukraine, ihre Bevölkerung und Regierung/3
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Oct 21
The Western Left is struggling to emphasize with #Ukraine. The rift between the socialist parties of Western and Eastern Europe has deep historical roots. So lets take a look at British #Labour and Polish "PPS" in 1920 - how was their perception of #Russia/#Ukraine? 🧵Thread/1
In 1920 #Labour send a delegation to revolutionary Russia to take a closer look on #Lenin/s politics. They recognized the "terror" of the Bolsheviks but justified it with the circumstances (civil war). Even so, they were concerned by the complete lack of civil rights in Russia/2
They also recognized the "danger of militarism" in Russia but blamed it entirely on their own government. In their perception it was "western policy" that forced revolutionary Russia to expand. #Lenin did "great service to diplomacy" and "has shown a genuine will to peace"/3
Read 8 tweets
Oct 15
Die "#Zeitenwende" des Februar 2022 hatte eine lange Vorgeschichte. Dennoch hat man in (West)Europa die autoritäre u. (neo)imperiale Politik #Russland/s ignoriert. Dabei hätte man nur einen Blick in die Literatur werfen müssen! Zwei Bücher aus dem Jahr 2006 als Warnung/Thread 🧵1
V. Sorokins "Tag des Opritschniks" zeigt Russlands Zukunft als düstere Dystopie. Im Jahr 2027 trennt eine riesige Mauer das Land vom Westen ab. Ru. lebt ausschließlich vom Gas und importiert alle Produkte von den Chinesen, die auch Sibirien kolonisieren. Die "Opritschniki"/2
aus der Zeit Iwans des Schrecklichen terrorisieren die Bevölkerung. Hinter der Fassade orthodoxer Frömmigkeit herrscht (sexuelle) Gewalt, Willkür und Korruption. Die Opritschniki feiern unter ihrem Kampfruf "Goida!" Orgien mit Drogen und Sex. Sorokin hat sich knapp verschätzt/3
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Oct 12
Wann erschien die #Ukraine auf der „mentalen Landkarte“ in Deutschland? Mit der Unabhängigkeit (1991), der „Orangenen Revolution“ (2004) oder erst mit dem „Euromajdan“ (2014)? Ein längerer Blick zurück, als Dtl. die „Bedeutung der Ukraine“ erkannte – in das Jahr 1918, Thread/🧵1
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