Thread by @martinkaul

Bier-Affäre in Afghanistan - Untersuchungsausschuss klärt auf! Ein #Thread. (…)

Von vielen vergessen & trotzdem wichtig. Heute tagt im Bundestag seit Stunden wieder der #Untersuchungsausschuss zu #Afghanistan. Ich will Euch zwei Geschichten daraus erzählen. Eine lustige - und eine traurige. Erst die lustige. (…)

In #Afghanistan hatten die deutschen Soldaten zeitweise sehr, sehr, sehr viel Bier, Wein, Alkohol. 23.000 Liter. Dabei galt - formell - zunächst die Zwei-Dosen-Regelung: Zwei Dosen pro Soldat pro Tag. Jedenfalls theoretisch. Dann wurde das einem General zu viel. (…)

Und so gab es im Camp nicht genügend Soldaten, die den ganzen Alkohol regelkonform leertrinken durften. Also musste die Bundeswehr den Bölkstoff loswerden. Aber wie? (…)

Auf dem Zeugen-Stuhl im #Untersuchungsausschuss saß heute ein Referatsleiter für #Logistik aus dem #Verteidigungsministerium. („Wir haben natürlich immer gewisse Reserven im Einsatzgebiet gehabt.“) Der arme Mann war u.a. für den Biertransport zuständig (…)

Im #Untersuchungsausschuss führt er aus: „Richtig ist, dass wir etwa 23.000 Liter alkoholische Getränke, etwa in Form von Bier, Wein und Mixgetränken vor Ort hatten. In einem islamischen Land verbietet es sich, das einfach zu verkippen.“ (…)

Und so musste der Logistik-#Soldat einen Weg finden, den Stoff möglichst kostengünstig loszuwerden. Dazu er: „Aus unserer Sicht war es die beste und wirtschaftlichste Möglichkeit, es auf dem Landweg wieder zurückzubringen.“ (…)

Also wurden die Alkoholmengen einem Spediteur übergeben: „Der Spediteur hat uns die Getränke dann für den Preis von 23.000 Euro wieder abgenommen - und hat diese dann für den Preis von 30.000 Euro auf dem Landweg zurücktransportiert.“ (…)

Und so fuhr das deutsche Bier wieder auf dem Landweg zurück, abgetreten von der Bundesrepublik Deutschland an einen Spediteur. Cooler Deal für den Spediteur: 23.000 Liter Alkohol frei Haus - plus 7.000 Euro. Hätte ich auch gemacht. Prösterchen! (…)

Weniger lustig finde ich einen Zusammenhang, der heute auch im Untersuchungsausschuss thematisiert wurde. Dabei geht es um eine Email aus dem Verteidigungsministerium, geschrieben von einem Generalmajor & stellvertretenden Abteilungsleiter im @BMVg , im Juni 2021. (…)

Diese Mail wurde zwei Monate vor dem Fall von #Kabul im August 2021 geschrieben. Seinerzeit gab es in Deutschland bereits seit Monaten eine Debatte über die Frage, wann die Bundesregierung endlich ihre Ortskräfte aus #Afghanistan rausholt. (…)

Auch international war das ein großes Thema. Die afghanische Regierung & die deutsche Bundesregierung wollten unbedingt vermeiden, dass der Eindruck entstehen könnte, es gäbe eine Gefahr in Afghanistan und eine Flucht aus dem Land. (…)

Heute wurde dazu auch der für Bier- & andere Fragen zuständige Logistiker des @BMVg_Bundeswehr in die Mangel genommen. Er war damals offenbar aus symbolischen Gründen beauftragt worden, 2 Flüge mit Chartermaschinen klarzumachen. (...)

Er hatte die o.g. Mail nicht geschrieben, sondern vom Generalmajor erhalten. Der schrieb den Logistiker wiederholt an, legte aber großen Wert auf Vertraulichkeit, etwa als er private Bekannte & Freunde ins Spiel brachte, die ein Charterflugzeug zur Verfügung stellen könnten. (…)

Die Erörterungen des Generalmajors mit dem Referatsleiter sollten wohl auch nicht als offizielle Anfrage verstanden werden. Das machte der Vorgesetzte auch an anderer Stelle deutlich. Hier. (…)

Die Flüge sind dann bekanntlich nicht geflogen. Bis heute sind weiterhin tausende ehemalige Ortskräfte in Afghanistan, die liebend gern das Land verlassen würden, aber keine Möglichkeit haben. (…)

Und deshalb ist es immer wieder spannend & wichtig, auch mal länger im Untersuchungsausschuss zu sitzen. Dafür respektiere ich übrigens auch sehr die Politikerinnen & Politiker, die ja oft verspottet werden, aber die da nächtelang sitzen und Zeugen befragen.