Ich habe mir die Sprachmuster von Wodarg und Drosten angesehen.
Drostens "ich weiß es nicht", "wir wissen es nicht", "man weiß es nicht" richtet sich idR dahin, die Sache nicht zu unterschätzen.
Wodargs hingegen richtet sich eher in Richtung politischer Verdacht aus.
Wodarg weckt bspw. Verdacht in Richtung Seriosität des Tests, Herkunft (und Alter) von SARS-CoV-2, Rationalität der Maßnahmen ...
Drosten hält Maßnahmen für sinnvoll, da er nicht weiß oder wir nicht wissen, welches Ausmaß das annehmen kann.
Die Frage, eher Drosten oder Wodarg, können wir vor dem Hintergrund ihrer Rhetorik zeitlich beantworten:
Drostens Vorgehensweise richtet sich auf Schutz betroffener Vorerkrankter und älterer Patienten, Entlastung von Krankenhauspersonal und Vorbereitungszeit für Schlimmeres.
Wodargs Fragen werden einigenteils langfristig relevant, wenn wir die Manöver hinterher überprüfen und herausfinden wollen, wo wir unter Zeitdruck Entscheidungen gefällt haben, die die Resultate möglicherweise verfälscht haben.
Das opportunistische Moment von Krisen zu unterschätzen, wäre mAn ein Fehler, wollen wir die systemische Analyse so umfassend wie möglich halten.
Doch es im Augenblick der Krise zu diskutieren, kann effektive Maßnahmen ausbremsen.
Insofern würde ich es aktual mit Drosten halten, später aber neue Erkenntnisse über Wissenschaftlichkeit und Angemessenheit der Maßnahmen nicht unterdrückt sehen wollen.
Krisenbewusstsein impliziert Konflikt- und Sprach-, bzw. Rhetorikbewusstsein.
Da stellt sich Drosten augenblicklich rhetorisch - und damit auch sozial-verantwortlich sauberer auf, als Wodarg: Es fällt ideologisch und verschwörungstheoretisch leichter, an Wodarg anzudocken.
Allerdings fallen die berechtigten Punkte Wodargs gegen mangelnde Gründlichkeit des wissenschaftlichen Vorgehens ebenfalls ins Gewicht. Sie spielen aber bspw. für die italienische Lage derzeit keine Rolle.