"Die Tat ereignete sich nicht in einem Vakuum. Sie war für die jüdische Community eine weitere Botschaftstat in einer langen Kette." Heute berichtet Benjamin Steinitz von @Report_Antisem im #HalleProzess über die Auswirkungen des #Halle-Anschlags auf jüdische Gemeinden. Thread👇
Die Recherche-& Informationsstelle #Antisemitismus
RIAS (@Report_Antisem) interviewte im Juli 2019 Vertreter*innen von 14 jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt zur Wahrnehmung von Antisemitismus. Nach dem #Halle-Anschlag gab es Nachbefragungen zu den Auswirkungen der Tat.
Alle 14 Befragten sagten, dass sie von antisemitischer Gewalt betroffen waren, diese reichte von Bedrohungen bis hin zu körperlichen Angriffen. In Sachsen-Anhalt kommt es auch immer wieder zu Leugnung der Shoah und Israel-bezogenen Beleidigungen.
Zu den Strategien der Befragten in Sachsen-Anhalt gehört das Vermeiden von Sichtbarkeit, die Verschiebung ins Private bis hin zu Wegzug und Auswanderung. Nur fünf der 14 Befragten gaben an, jemals Anzeige erstattet zu haben.
"Wir müssen davon ausgehen, dass Antisemitismus ein strukturelles Problem bei der Polizei in Sachsen-Anhalt ist." Oft werde Antisemitismus nicht erkannt oder gar in Abrede gestellt. Manchmal hätten die Beamt*innen auch versucht, Betroffene von einer Anzeige abzubringen.
Was in Sachen-Anhalt besonders auffalle, sei die unterschiedliche Wahrnehmung der Gefahrenlage bei jüdischen Gemeinden und den Behörden. So empfahl das LKA im Mai 2019 in Dessau die Installation von Gittern und Schutzfolien, die Kosten dafür wollte das Land aber nicht übernehmen.
Steinitz: Innenminister Stahlknecht sei den Schutz-Anforderung für Jüdinnen und Juden nicht gewachsen. Wenige Tage vor dem Jahrestag des #Halle-Anschlags machte er außerdem zusätzliche Schutzvorkehrungen für jüdische Einrichtungen für zu hohe Polizei-Stundenkonten verantwortlich.
Seit 2017 begleitet RIAS lokale Akteur*innen bei Studien zu #Antisemitismus, darunter auch nicht-repräsentative Umfragen in jüdischen Gemeinden. Diese und die Interviews zeigen, dass Antisemitismus eine dramatische Normalität gegenwärtigen jüdischen Lebens in Deutschland ist.
Steinitz berichtete im #HalleProzess von antisemitischen Vorfällen bundesweit. Er sprach von einem jüdischen Chemnitzer Gastronom, der in zehn Jahren mit 1400 antisemitischen Anfeindungen konfrontiert war. Nach 45 vergeblichen Anzeigen habe dieser letztlich aufgegeben.
Steinitz: „Die Betroffenen wollen die Erfahrungen schnell abschließen und scheuen den bürokratischen Aufwand, da die Aussicht auf Erfolg sehr gering ist.“ Auch Angst um die eigene Sicherheit spiele eine Rolle, da bei Strafverfahren häufig Adressen den Täter*innen bekannt würden.
Steinitz zeigte dann auch antisemitische Kontinuitäten auf. Dabei bezog er sich auch auf das Buch "Terror gegen Juden" von @RonenSteinke, das antisemitische Angriffe nach 1945 dokumentiert. Einige davon mit direktem Bezug auf den Anschlag von #Halle. piper.de/buecher/terror…
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Heute wurde im #HalleProzess die Beweisaufnahme geschlossen und die Plädoyers begannen. Die Bundesanwaltschaft beantragte als Gesamtstrafe eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten wegen des antisemitischen und rassistischen Anschlag von #Halle. Thread 👇
Der Täter, so Bundesanwalt Lohse in seiner Vorbemerkung, richtete sich mit seinem Angriff „zugleich gegen uns alle“, denn jüdisches Leben sei „unverzichtbarer Teil der Kultur unseres Landes“. #HalleProzess
Es könne, so Lohse, nicht deutlicher als beim Anschlag von #Halle werden, „dass sich antisemitische, rassistische, antifeministische Gewalt nicht nur gegen bestimmte Gruppen, sondern gegen alle in unserem Land lebenden Menschen richtet.“
„Es gibt demobilisierende Effekte, wenn die Betroffenen nach vorne gestellt werden und nicht die Täter.“ Im #HalleProzess wurde heute @Matthias_Quent gehört, er nahm dabei eine dringend notwendige Einordnungen zum Thema #RechterTerror vor. Details im Thread👇
Quent ging zunächst auf die internationale Geschichte von #RechterTerror ein, bei dem es die Idee gebe, es gebe einen inneren Feind, der äußere Feinde „ins Land“ holen wolle, um „das Volk“ oder „die weiße Rasse“ zu zerstören. In diesem Zusammenhang sei die Tat von #Halle zu sehen
Der Sachverständige wies auf die Konstruktion einer positiven Bezugsgruppe, die mobilisiert werden solle, und einer negativen Bezugsgruppe, die eingeschüchtert werden solle, hin. Der Attentäter von #Halle beziehe sich also auf Ideologiefragmente mit langer Geschichte.
Am Nachmittag verlasen die Anwält*innen von vier Nebenkläger*innen im #HalleProzess sogenannte Adhäsionsanträge, die schon im laufenden Strafverfahren Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber dem Täter geltend machen.
Die Vorsitzende Richterin führte im #HalleProzess zwei Medienartikel ein, in denen es um die Anklage gegen die rechten Terrorverdächtigen der "Gruppe S." geht, die sich nicht nur auf das Christchurch-, sondern auch auf das #Halle-Attentat bezogen haben sollen.
Nebenklageanwältin Pietrzyk beantragte die Protokollierung einer antisemitischen Äußerung des Angeklagten bei der Anhörung des Sachverständigen von @Report_Antisem. Dem schlossen sich weitere Nebenklageanwält*innen und Nebenkläger*innen an. #HalleProzess
Zu Beginn des heutigen Tages im #HalleProzess hatte Verteidiger Weber ein Ablehnungsgesuch gegen den psychiatrischen Sachverständigen Leygraf gestellt, weil dieser nichts Sachverständiges zum vermeintlichen Auftreten einer Migräne-Aura beim Angeklagten während der Tat sagen könne
Das Ablehnungsgesuch gegen Leygraf lehnte das Gericht wie zu erwarten ab. Verteidiger Weber stellte daraufhin einen weiteren Antrag auf Heranziehung eines neuen Gutachters. #HalleProzess
Der Sachverständige Prof. Leygraf erklärte im #HalleProzess dann, er habe sich auf den neuesten Stand zum Thema Migräne gebracht und bleibe dabei, dass das vom Angeklagten geschilderte "Rotsehen" für die Frage der Schuldfähigkeit keinerlei Bedeutung habe.
"Die volle Wahrheit wird uns vielleicht helfen, mit den schwarzen Flecken wird es schwer." Die Witwe von Walter #Lübcke forderte heute beim Prozess in Frankfurt verzweifelt und vehement Aufklärung ein. Die Verantwortung dafür liegt auch beim Gericht. Details im #Thread 👇
Die Witwe von Walter #Lübcke beschrieb die letzten zwei Tage mit ihrem Ehemann, ein letzter gemeinsamer Abend auf der Terrasse und die Freude über den Besuch des Enkelkindes. Spontan hätten sie beschlossen, wegzufahren. Bevor sie sich verabschiedeten, sprachen sie über Hotels.
Ihren Mann auf der Terrasse wissend, legte sie sich am 1. Juni 2019 schlafen und wurde dann von ihrem weinenden Sohn geweckt: "Dann wusste ich, das was passiert war, aber doch kein Mord!" Sie sei zunächst von einem Herzinfarkt ausgegangen.
Im #NSU-Untersuchungsausschuss Mecklenburg-Vorpommern ging es heute endlich um einige Fragen, die in #MV dringend geklärt werden müssen. Im Mittelpunkt stand die Spende des NSU an das Neonazi-Zine "Der Weisse Wolf" und der "Gruß an den NSU", der 2002 darin stand. Thread 👇
Als erstes war Heinz Fromm geladen, der ab 2000 Chef des BfV war. Er bot nach Auffliegen der Schredderaktion 2012 seinen Rücktritt an und wurde durch Maaßen ersetzt, der auch aussagte. Das öffentliche Interesse war heute entsprechend groß, es gab sogar eine kleine Kundgebung.
Der #NSU verschickte 2002 den "NSU-Brief" mit Spende u.a. an "Der Weisse Wolf". Ein V-Mann des LfV #MV berichtete über die Spende. Der "Weisse Wolf" grüßte den NSU in der nächsten Ausgabe. Das BfV wies V-Mann Corelli an, das Heft zu besorgen. Hintergrund⬇️ nsu-watch.info/2019/01/der-we…