Thread by @JvondenBerken

#Verpflegung im Einsatz mit Einsatzeinheiten NRW.
Ein Drittel (81) aller 241 Einsatzeinheiten NRW verfügt nicht mehr über das Material um Verpflegung herzustellen und auszugeben.
Ein sehr langer Thread: 1/24

Seit jeher sind in den Katastrophenschutzeinheiten modulare Küchen zu finden, die die Einheiten dazu befähigen abseits von Infrastrukturen eine Verpflegungsherstellung und -ausgabe zu organisieren. Diese sogenannten "Feldküchen" sind oftmals unverwüstliche Anhänger aus den 2/n

60er und 80er Jahren gewesen, die meist vom Bund für den Zivilschutz beschafft wurden. 3/n

Das Land NRW hat in dem aktuellen Landeskonzept für Sanitätsdienst und Betreuungsdienst von 2013 die Fähigkeit zur eigenständigen Verpflegungsherstellung aufgegeben. Stattdessen sollen Einheiten sich auf die Verpflegungsausgabe konzentrieren. 4/n

Verträge mit Großcaterern sollen die Feldküchen ersetzen. Die entsprechenden Materialien wurden abgekündigt und sind ausgelaufen. Viele Einheiten haben aus Unverständnis diesbezüglich das Material auf eigene Kosten weiterhin instandgehalten. 5/n

Das Land NRW in den letzten Monaten 108 Verpflegungsmodule aus. Diese sind in 12 Rollcontainern auf einem ebenfalls beschafften und ausgelieferten LKW verlastet: ewers-online.de/fileadmin/user… 6/n

Von den 241 Einsatzeinheiten werden die 108 Verpflegungsmodule so ausgeliefert, dass jede Gebietskörperschaft über zwei Module verfügt. 7/n

Zahlen, Daten, Fakten
Auswertung zeigen, dass
- 19 % aller Einsätze von Einsatzeinheiten die Verpflegung von Einsatzkräften (z.B. Feuerwehreinsatzkräfte bei einem Großbrand)
- 10 % aller Einsätze von Einsatzeinheiten die Verpflegung von Betroffenen (z.B. bei Bombenräumungen)
8/n

Was ist mit den restlichen 133 Einheiten? Werden die nicht ausgestattet? Wird es Einheiten A und Einheiten B geben? Grundsätzlich sollte die Frage gestellt werden, warum ohne den förmlichen Beschluss und die Veröffentlichung eines neuen 9/n

Konzeptes (immerhin im Range eines Erlasses) die Grundkonzeption in dieser Weise verändert wird. Insbesondere die Beschaffung der jetzt unpassenden LKW aus 2013-2016 wirft Fragen auf. Dies bedarf einiger Erläuterung: 10/n

Bauserie 2013: 45 Stück. Damit Sie sich ein Bild machen können: ewers-online.de/produkte/katas…
Die Katalogbilder sind grundsätzlich mit einer Beladung durchgeführt worden. Die Realität sieht so aus:files.bos-fahrzeuge.info/vehicles/photo… 11/n

Bauserie 2015/2016: 36 Stück ewers-online.de/produkte/katas…
Auch hier: gähnende Leere auf der Ladefläche. 12/n

Diese LKW sind Stand August 2021, also zwischen acht bis fünf Jahre nach Auslieferung weiterhin ohne Ausstattung, also leer. Detaillierte Informationen zu diesen Fahrzeugen sind ausschließlich auf der Webseite des Ausbauers (Firma Ewers) zu finden. 13/n

Der Jahresbericht Gefahrenabwehr 2019 im.nrw/system/files/m… listet den Bestand an BetreuungsLKW (Seite 11, in der Zeile BtLKW) mit 41 auf und ist somit sachlich falsch. Eigentlich ist das ein Fall für den #Landesrechnungshof, weil hier öffentliche Gelder 14/n

(geschätzt ein Volumen von ca 10 Mio Euro) nicht zielgerichtet eingesetzt werden und sachlich unrichtige Angaben gemacht werden. 15/n

Das jetzt beschaffte Verpflegungsmodul (also die o.g. 108 Stück) sind vom Packmaß so umfangreich, dass diese nicht auf die damals beschafften LKW passen. Für mich stellt sich nun die Frage, ob die für viel Geld angeschafften Fahrzeuge weiterhin ohne Beladung verbleiben. 16/n

Jetzt dreht die Bürokratie aber frei: Aktuell muss jede Einsatzeinheit, unabhängig von der real vorhandenen Ausstattung, Rechenschaft über das vorhandene Personal ablegen. So wird u.a. eine intensive Ausbildung von Einsatzkräften zum Verpflegungshelfer und Feldkoch gefordert 17/n

Die Situation ist somit etwas paradox:
Das Land stattet die Einheiten nicht mit Material aus, kürzt aber im Gegenzug die Gelder, wenn die Einheiten nicht Einsatzkräfte auf nicht vorhandene Ausrüstung trainieren. 18/n

Kann das @IM_NRW mir bitte erklären, wie man diese Gemengenlage einem motivierten Helfer erklären soll? Es soll umfangreiche Ausbildung absolviert werden, ohne dass in der Einheit das Equipment vorhanden ist. 19/n

Auch das @BBK_Bund hat BetreuungsLKW deutschlandweit in die Einheiten verteilt. Diese Fahrzeuge sind Baujahr 2003 und sind im Herbst ihrer Lebensdauer angekommen. 20/n

Die BetreuungsLKW aus der Bauserie von 2003 (IVECO, Beschaffung und Beladung durch den Bund, bbk.bund.de/SharedDocs/Dow… ) laufen daher aus und werden teils durch NRW Fahrzeuge ersetzt. 21/n

Eine Nachfolgegeneration durch den Bund ist mWn nicht in Aussicht.
Was passiert mit der vorhandenen Beladung? Wird die ebenfalls veräußert, während andernorts Einheiten weiterhin ohne Equipment aufgestellt sind? Wird diese Beladung neu verteilt? 22/n

Ein sorgenvoller Blick ins Ahrtal zum Verpflegungsplatz 10.000 zeigt:
NRW hat kein Verpflegungsplatzkonzept, dafür die Fähigkeiten zur Verpflegungsherstellung halbiert (108 von 241 Einheiten). Die Vorplanung geht von einer Vollausstattung der 241 EE aus. 23/n

Verpflegung im Einsatz ist elementar wichtig und muss im Katastrophenschutz autark aufgestellt werden. Hier gibt es Defizite, die mMn angegangen werden müssen.
Ich danke fürs Durchhalten des langen Threads. 24/24

Was sagt eigentlich die Landespolitik dazu? @schaeffer_nrw @CKatzidis @sebast_hartmann