Ein 🧵 zur Problematik, ob #LaMDA ein Bewußtsein entwickelt haben könnte, welche Komplexität hier oft übersehen wird und warum die Diskussion darüber in Teilen mehr über uns aussagt, als über die eigentliche Frage zu dieser #KI. 1/
Vorab: Die Frage, was Bewußtsein ist, wird von Fachgebiet zu Fachgebiet unterschiedlich definiert und eine praktikable Definition, die verläßlich an Individuen oder intelligenten Maschinen getestet werden könnte, gibt es leider nicht. Das ist Teil des Dilemmas. 2/
Einige Mitmenschen sind sehr schnell in ihrem Urteil, daß #LaMDA gar kein Bewußtsein habe entwickeln können. Eine Mehrzahl der Argumente beruft sich auf: 1) Es ist ein Chatbot 2) Es ist eine Maschine 3) Hat aus vielen Daten gelernt und arbeitet probabilistisch
3/
4) Als Menschen wollen wir einen Geist in der Maschine sehen
Das ist leider alles nicht stichhaltig und beweist nicht die Nicht-Existenz eines Bewußtseins.
Dazu kommt:
Die vorliegende Maschine ist deutlich komplexer, als viele es wahrhaben möchten. Einer der Gründe dafür ist 4/
die offensichtliche Komplexität des zugrundeliegenden neuronalen Netzes.
Eine wesentliche weitere Komplexitätskomponente ist das Rekursionsprinzip:
#LaMDA operiert in einem Kontext von Chat-Sessions und ist zustandsbehaftet. Es gibt einen inneren Zustand, welcher zusammen 5/
mit der Eingabe des Nutzers zurück in das Netzwerk gespeist wird, um #LaMDA's nächste Antwort zu produzieren.
Ich stelle nun folgende These auf: Dies führt zu einer Komplexität, welche Turing-vollständig ist, d.h. diese Architektur kann prinzipell alles berechnen, was eine 6/
beliebige Rechenmaschine (unter Church-Turing-These) berechnen kann.
In der Tat ist bekannt, daß bereits ein 2-schichtiges (beliebig breites) neuronales Netz jede gegebene glatte Funktion beliebig gut approximieren kann. Damit ließe sich meine These formal beweisen. 7/
Relevanz für das Ursprungsproblem:
Die Komplexität von #LaMDA ist damit jenseits dessen, was viele Zweifler dieser Maschine zugestehen möchten. Ja, es handelt sich um eine spezielle der Aufgabenstellung angepaßte Architektur. Das ändert aber nichts daran, daß die vorliegende 8/
Komplexität sehr groß ist. Daher ist es durchaus denkbar, daß eine Maschine mit dieser Architektur ein Bewußtsein entwickelt haben könnte, wenn eine Maschine überhaupt in der Lage ist, ein Bewußtsein zu entwickeln. Das führt den Großteil der Argumente der Kritiker ad absurdum. 9/
Im Umkehrschluß bedeutet es nicht, daß #LaMDA tatsächlich ein Bewußtsein entwicklet hat.
Zweifellos wäre für eine Maschine, die ein Bewußtsein entwickeln könnte eine Voraussetzung, daß die Komplexität des zugrundeliegenden Netzes ausreichend groß ist. Was ausreichend groß 10/
bedeutet, ist unklar. Ebenso unklar ist, wie wir in einem vorliegenden Fall entscheiden, ob ein Bewußtsein vorhanden ist oder ob nicht. Ich halte dieses Problem für unentscheidbar.
Möglicherweise ist es bereits aus obengenannten Gründen bereits für #LaMDA unentscheidbar. 11/
Leider scheint mir letztere Frage zur Unentscheidbarkeit ebenfalls schwer (oder gar unmöglich) zu entscheiden (d.h. ist ggf. unentscheidbar).
Insofern erscheint mir der Großteil der geäußerten Argumente für oder gegen die Existenz eines Bewußtseins bei #LaMDA für müßig. 12/
Es scheint, daß sich einige Zweifler an einem Bewußtsein von #LaMDA schlicht die vorliegende Komplexität nicht vorstellen können, oder aus menschlicher Arroganz gar keine Argumente benötigen, sondern per se für sich ausschließen können, daß eine künstliche Intelligenz niemals 13/
ein Bewußtsein wird entwickeln können.
Bei Google selbst mag es auch ökonomische Gründe dafür geben, die Bewußtseinsfrage grundsätzlich negativ zu beantworten:
Die Möglichkeit einer positiven Antwort würde ethische Fragen aufwerfen, welche einen großen Teil des auf #KI 14/
basierenden Geschäftsmodells gefährden könnten.
Ob nun #LaMDA ein Bewußtsein hat, oder nicht, kann und will ich nicht beantworten. Was wahrscheinlicher ist, kann und will ich ebensowenig beantworten.
Was ich abschließend sagen kann ist: 15/
Die Frage ist schwieriger, als oft dargestellt wird und eine abschließende Antwort kann es in meinen Augen nicht geben.
Ich wünsche mir Respekt vor derart fundamentalen Fragestellungen, die uns unsere eigenen Grenzen aufzeigen - nicht nur auf der formalen Seite.
16/16
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Kürzlich wurde Klaus #Stöhr Nachfolger von Christian #Drosten im Sachverständigenausschuss im Sinne des #IfSG.
Ein angemessener Zeitpunkt, in die Vergangenheit zu blicken und mit dem heutigen Wissen abzugleichen, wie gut Urteile des #Pandemie-erprobten Experten gealtert sind. 1/
Kurzbio:
Klaus #Stöhr, Virologe und Epidemiologe, ehemaliger Leiter des globalen Influenza-Programms der #WHO, 2003 Koordinator für #SARS-Ätiologie, 2007-2017 bei Novartis, u.A. in der Impfstoffenwicklung, seit 2018 freier Berater. 2/
#Stöhr setzte und setzt sich dafür ein, daß die wenigen #Pandemie-Erfahrenen Experten, Virologen & Epidemiologen Deutschlands wie er mehr Einfluß in die politischen Prozesse um die #Pandemie-Politik in Zeiten von #Corona erhalten.
Sehen wir nach, ob das gerechtfertigt wäre. 3/
Der Titel "Höhlenmenschen": Aus einer ironischen Selbstbezeichnung einer der interviewten Personen wird eine Bezeichnung für die ganze "Zero-Covid-Bubble". Pauschalisierend, diffamiert potentiell eine ganze Gruppe von Menschen. 2/N
Der Untertitel "Die Corona-Regeln sind gelockert, die Inzidenzen sinken – und doch leben einige junge Menschen noch immer im Lockdown. [...]"
suggeriert, daß das Risiko einer Infektion nun niedriger sei als zuvor, was ob der miserablen Datenlage (erschwerte Testbedingungen, 3/N
Disclaimer: Wir werden etwas mit Zahlen hantieren müssen, um Größenordnungen deutlich machen zu können. Ich werde mich bemühen, die Diskussion trotzdem einfach und verständlich und nicht zu trocken zu gestalten. 2/N
Wir beginnen mit einer hypothetischen exemplarischen Ausgangslage und nehmen an: 1) Prävalenz von #LongCovid bei KuJ U20 ist 3% 2) @DJanecek kennt 100 repräsentative KuJ und würde sofort erfahren, wenn eines davon von LC betroffen wäre 3) Alle LC-Fälle werden bereits 4 Wochen 3/N
Warum die #Inzidenz ein wichtiger Indikator war und ist und warum das aktuelle #IfSG dem nicht ausreichend Rechnung trägt.
Ein 🧵 aus mathematischer Sicht. 1/N
#Inzidenz basierend auf PCR-Tests spiegelt das (mehr oder weniger) aktuelle Infektionsgeschehen wider. Letztendlich lässt sich fast jede Kenngröße der #Pandemie mithilfe der #Inzidenz abschätzen, d.h. modellieren und vorhersagen. 2/N
Beispiel 1: Multiplizieren wir die aktuelle #Inzidenz mit der Fallsterblichkeit (CFR), so erhalten wir eine Schätzung für die Anzahl (pro 100.000 Einwohner & Zeitfenster), die aufgrund von #COVID19 versterben werden. Diese Schätzung wird präziser, wenn wir 3/N
Dieser Tage verbreitet sich Resignation bei #Schattenfamilien und #TeamVorsicht.
Es ist nicht alles verloren und #Infektion ist nicht zwangsläufig, auch wenn dieser Eindruck oft vermittelt wird.
Zur Abwechslung ein aufmunternder🧵 1/8
Mythos: Wir werden uns alle infizieren.
Realität: Langfristig werden wir in Kontakt mit dem Virus kommen. Das bedeutet aber nicht, daß wir uns alle infizieren werden.
Insbesondere ist die Lage derzeit noch nicht hoffnungslos. 2/8
Grund: In zwei Jahren #Pandemie hat sich bisher nur jede*r 5 bestätigt infiziert. Mit Dunkelziffer ca. jede*r 2.
Selbst bei einer #Inzidenz von 1000 würden sich über ein Jahr 2/3 (bzw. 1/3 mit Dunkelziffer) der Bevölkerung NICHT infizieren.
Das gilt für den Durschnittsbürger. 3/8