Thread by @FBergmann_VT

Ich habe wieder eine Anfrage einer Krankenkasse erhalten, ob ich einen Platz für #Psychotherapie frei hätte. Warum ich diese scheinbar engagierten Anfragen problematisch finde & was stattdessen sinnvoll wäre, ein 🧵

Zunächst das Positive: Mit dieser Anfrage kommt die Krankenkasse ihrer Verpflichtung nach, Versicherte bei der Suche nach einem Therapieplatz zu unterstützen. Das wissen viele nicht & geben verzweifelt auf. Bitte ruft eure Krankenkasse an und fragt nach Hilfe!

Eure Kasse muss euch nicht nur zu ihren Leistungen beraten (§ 14 SGB I), sie muss auch Sorge dafür tragen, dass diese bei nachgewiesener Notwendigkeit zur Verfügung steht (§ 17 SGB I).

Nun zur Schattenseite dieses Vorgehens: Die Kassen telefonieren die Praxen mit Kassenzulassung ab. Bei uns brennt wie in so vielen Bereichen des Gesundheitswesens die Hütte. Wir haben keine freien Plätze. Das wissen die Kassen.
#medizinbrennt

Statt sich dafür einzusetzen, dass mehr Kassenzulassungen geschaffen werden, beauftragen sie ihre Mitarbeitenden, die Kapazitäten von uns #Psychotherapeuten durch solche faktisch sinnlosen Anfragen zu binden.

Die Mitarbeitenden wählen & tippen sich die Finger wund, wir Therapeuten sind genervt. Hier werden unterm Strich Akteure gegeneinander ausgespielt, die für die ganze Misere herzlich wenig können.

Es kommt noch etwas hinzu: Aus meiner Arbeit für @kassenwatch weiß ich, dass die anfragende Kasse zu denen zählt, die Anträge auf #Kostenerstattung rigoros ablehnen. Über dieses Verfahren können gesetzlich Versicherte in einer Privatpraxis behandelt werden, wenn sie nachweisen,

dass sie bei KassentherapeutInnen keinen Platz bekommen haben. Es ist nur eine Vermutung von mir, aber ich gehe davon aus, dass diese Anfragen mehrheitlich dann gestellt werden, wenn bereits ein solcher Antrag auf #Kostenerstattung gestellt ist.

D. h. die Leute haben sich in der Regel schon extrem bemüht, monatelang gesucht und einen riesen Papierkrieg bewältigt. Nach meiner Erfahrung regen sich die Kassen erst, wenn sie auf einen solchen Antrag reagieren müssen, und zur Kostenvermeidung sucht man dann Ablehnungsgründe.

Heißt für die Betroffenen: Nachdem sie endlich bei 1 TherapeutIn angekommen sind, müssen sie jetzt nach Ansage der Kasse zu einer neuen Person wechseln. Kein guter Start in eine Therapie aus meiner Sicht.

Übrigens ist ein solcher "Wechsel" bzw. die Vorgabe, zu jemandem zu gehen, mit dem es nicht besonders gut passt, gesetzeskonform. Die Dringlichkeit steht hier über der menschlichen Passung. Leider.

Ich würde mir wünschen, dass ich Anfragen dieser Art erst erhalte, wenn unsere Wartelisten nicht mehr brechend voll sind (wenn wir überhaupt noch eine führen, viele PsychotherapeutInnen tun das nicht, zu frustrierend für beide Seiten).

Stattdessen könnten die Kassen ihre Energie darauf verwenden, sich für mehr Kassenzulassungen einzusetzen. Es gibt nämlich nicht zu wenige TherapeutInnen, nur zu wenige Zulassungen.

Wenn ihr Näheres zur Suche nach einem #Psychotherapie-Platz wissen wollt, schaut auch mal hier vorbei: kassenwatch.de/hinweise-fuer-…
Allen Suchenden wünsche ich viel Kraft & dass sie therapeutisches Gegenüber finden, bei dem sie sich wohlfühlen ❤️

Gerne könnt ihr unter diesem Thread auch eure Erfahrungen mit der Suche nach einem #Therapieplatz teilen. Und bitte gebt vor allem die Info weiter, dass die Kasse bei der Suche helfen muss. Das wissen immer noch viel zu wenige! Danke 🙏