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Die @kleinezeitung will Zustimmung zur Speicherung von 660 (!) Cookies und damit zur Übertragung personenbezogener Daten an hunderte Drittfirmen. Das geht weder aus dem Text hervor, noch gibts einen Nein-Knopf. Schon vor dem Klick auf 'OK' werden an viele Firmen Daten übertragen.
Infos über die 660 Cookies werden erst durch einen Klick auf 'Einstellungen' sichtbar. Alles vorausgewählt.

55 Cookies 'notwendig', aber auch die 208 Cookies unter 'Nicht klassifiziert' sind unabwählbar, darunter eine Nutzer-ID mit Datenübertragung an eine 'geheime' Drittpartei.
Unter 'Marketing' finden sich ungefähr alle Datenhandelsfirmen die gibt. Kaum was davon ist 'anonym'. Meist wird das Surfverhalten personenbezogen mit anderswo erfassten digitalen Profilen verknüpft.

Aber auch in der harmlos klingenden Kategorie 'Präferenzen' gibts Benutzer-IDs:
Die Kleine Zeitung will u.a. auch Zustimmung zur Datenübertragung an die russische Suchmaschine Yandex.

Und auch in der nicht abwählbaren Kategorie 'Notwendig' finden sich eindeutige IDs, etwa von der zu SAP gehörenden Datenplattform Gigya.
Und wie gesagt, schon vor dem Klick auf 'OK' im Rahmen der ohnehin völlig unzureichenden Pseudo-Einwilligung werden Daten an Dutzende Drittfirmen übertragen, u.a. an jede Menge Datensammelfirmen von Google/FB über Adform, TheTradeDesk und Taboola bis Quantcast, Comscore & Neustar
Das ist alles mit ziemlicher Sicherheit nicht DSGVO-konform, in mehrfacher Hinsicht, und müsste eigentlich sofort abgedreht werden.

Aber klar, es ist nicht nur die Kleine Zeitung. Leider sind fast alle Online-Medien und Websites rechtlich (und ethisch) sehr fragwürdig unterwegs.
Ich finde, auch JournalistInnen sollten das mehr thematisieren.

Auch wenn es um die eigenen Medien geht. Genau dafür gibts eigentlich die Trennung zwischen Redaktion und Verkauf.

Und ich mache niemand einzeln moralisch verantwortlich, es ist ein massives strukturelles Problem.
Damit das etwas greifbarer wird, hier nur eine der vielen Firmen, an die (sogar schon vor dem Klick auf 'OK') Daten übertragen werden:

Quantcast sammelt Daten über Milliarden, von 100 Millionen (!) Websites und Apps. Seit Mai läuft eine Untersuchung: techcrunch.com/2019/05/02/adt…
Ich hab unlängst eine DSGVO-Selbstauskunft bei Quantcast gemacht, nach ca. 3 Monaten Surfen ohne Adblocker, Ergebnis: Sie haben 13208 einzelne Website-Besuche gespeichert. Für jeden Klick 39 Spalten mit akribischen Detailinfos in der Excel-Datei (inkl GET-Params, Referer, UIDs…)
Anderes Bsp: auch an Neustar (=agkn.com) überträgt die Kleine Zeitung Daten.

Bei Neustar haben wir alle eine versteckte ID-Nummer. Daten werden aus vielen Quellen verknüpft und nicht nur für Marketing, sondern auch für Betrugserkennung+Riskomanagement eingesetzt.
Damit nicht nur die Kleine Zeitung zum Handkuss kommt, hier was über die Presse:

Standard:

Boulevard & andere Websites von Kleinanzeigen, Quiz und Wetter bis zu rechtsextremen 'Alternativmedien' sind oft noch viel mehr verseucht.
Weil einige angefragt haben, Selbstauskunft bei Quantcast geht hier:
quantcast.com/privacy/data-s…

Perfiderweise muss man 'zustimmen', bevor man das (für jeden Browser einzeln) abschicken kann. Nach 30 Tagen gibts einen CSV-Download. Interessant, aber unvollständig. /cc @_allo @jo3rg
Hier noch eine schöne Visualisierung der Drittfirmen, an die bei einem Aufruf von @kleinezeitung Daten übertragen werden. Alles bis auf die gelben Kreise sind Drittparteien.

(detaillierte Auswertung samt Link zur Visualisierung gibts hier: webpagetest.org/result/190530_…)
Eigentlich wollte ich am Dienstag nur kurz was auf der Website einer österreichischen Zeitung lesen. Dann ist die Sache irgendwie schnell eskaliert.

Leider sind viele Medien ähnlich unterwegs, manche aber besonders exzessiv.

Und @dlfnova berichtet: deutschlandfunknova.de/beitrag/datens…
Nach fast einer Woche ist die Situation unverändert, m.E. wurden nicht einmal die gröbsten Probleme behoben (z.B. Datentransfer vor 'OK').

Einige Ergänzungen:

Bestehendes Recht muss durchgesetzt werden, auch bei Medien. Warum passiert das nicht? Und:
Eine systematische Untersuchung bei Online-Medien müsste berücksichtigen:

1) Datenübertragung an Dritte:
a) Was behaupten Websites bzw. wofür bitten sie um "Einwilligung"?
b) Wohin werden faktisch/beobachtbar Daten übertragen?

2) Wer sind die Drittfirmen + was machen die damit?
3) Wie ist die "Einwilligung" gestaltet? Gibts ein 'nein'? Für welche Zwecke und an wen werden personenbez Daten übertragen? Werden gar schon vor der "Einwilligung" Daten übertragen?

4) Beachte: meist werden bei jedem Aufruf Daten an *unterschiedliche* Drittparteien übertragen
Die permanente Übertragung von Daten über unsere Verhalten an dutzende bis hunderte Drittfirmen ist ein tiefer Eingriff in unsere Rechte+Freiheiten.

Aber auch rein ökonomisch ist digitales Tracking fragwürdig, wie diese soeben publizierte Studie nahelegt:
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