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Die AdPM des Andre Poggenburg und der Parteitag
am 14.04.2020
Ein Thread
"Merkel und ihre Vasallen" (beachte Formulierung) hätten gelogen u.s.w. und würden juristisch konsequent zur Verantwortung gezogen. Nachdem bisherige Klagen (Euro, 2015) erfolglos waren, ist die Voraussetzung für die Forderung des P. eine Deformation des Rechtsstaates.
Jetzt wird es einfältig. P. vergleicht den Terror der RAF (den er nicht erlebt hat, "jeder weiss") mit "Einzelfällen", die Normalität geworden seien. Logisch gesehen sind Einzelfälle Normalität, wenn auch bedauerlich. Die Verwendung der Schlagwörter führt in die Unlogik.
Nun wird eine "neokommunistische" Verschwörungsideologie ausgebreitet, eine unbestimmte Gruppe wolle Gleichmacherei, bis es allen gleich schlecht ginge. Diese Behauptung muss unter Beachtung des völkischen Nationalismus und der darin behaupteten Homogenität betrachtet werden.
Der ehemalige Chef der Enquete "Linksextremismus" im #LT #LSA spricht sich gegen Ismen aus, auch gegen NS und Hitlerismus. Diese Vokabel ist früher DDR-Slang und drückt und weist allein "Hitler und seinen Vasallen" (s.o.) die Schuld für die NS-Verbrechen zu.
Die Forderung nach einer Teilung des deutschen Staatsgebietes (mit der Kohlmann anfing, der gleich kommt) sollte das @BafVS interessieren.
P.: Wir sollten auch nicht mit einer "vermeintlichen deutschen Erbsünde" "politisch gegängelt, erniedrigt, unterdrückt werden" - "Jahrzehnt um Jahrzehnt". Nicht nur das deutsche Volk hätte historische Verfehlungen vorzuweisen, das dt. Volk hätte angeblich einen Hang zu Krieg...
und Vertreibung. Er sagt nein zur angeblichen dt. Erbsünde.
P. ist in Sachen Christentum Dilettant (im heutigen Sinne), der Begriff Erbschuld ist dennoch sorgfältig gewählt. Poggenburg erhöht sein falsches Argument durch Rückgriff auf den Sündenfall im Paradies. So bedeutet
Erbschuld (Synonym für Erbsünde), das jeder Deutsche die Sünde des NS in sich trüge (in der Theologie war Erbsünde auch sexuell konnotiert). Poggenburg konstruiert einen ungeheuerlichen "Gegen-Fetisch". Zugleich klingt das Wort vom französischen Erbfeind an.
Verbunden mit der jahrzehntelangen Gängelung und Erniedrigung folgt er einem rechtsextremistischen Motiv. Wer handelt gegängelt und erniedrigt? Dies wendet sich einmal gegen die Westbindung der BRD durch Adenauer (die SU ist Geschichte), transportiert also Antiamerikanismus, zum
anderen hat die BRD - viel zu spät - auch in finanzieller Hinsicht Verantwortung für den Holocaust übernommen. Aus meiner Sicht ist die Aussage strukturell antisemitisch. Wie immer bei Rechtspopulisten wird zwar das Ross, aber nie der Reiter benannt.
Weiter führt seine Behauptung, auch andere Völker hätten historische Schuld, zur Negation des einzigartigen Moments von Auschwitz, und damit des Genozids am europäischen Judentum nur um seiner selbst willen. Hier findet sich also eine klar geschichtsrevisionistische Aussage.
Weiter klingen hier die völkischen Verschwörungsideologien der 20er an. Die Umkehrung von Poggenburgs lautet: Die Deutschen tragen keine Erbsünde und haben keinen Hang zu Krieg und Vertreibung, sie wären also friedfertig und sündenfrei, was mit dem "Hitlerismus" - Hitler ist an
allem schuld, aber nicht das deutsche Volk - zusammenspielt (Stalin: "Die Hitlers kommen und gehen, das deutsche Volk aber bleibt"). Wenn aber die friedfertigen Deutschen "über Jahrzehnte" gegängelt werden, muss das einen Einfluss haben. - So sahen sich die Völkischen der 20er -
unschuldig an Ausbruch und Ergebnis des WWI ("im Felde ungeschlagen"), besiegt durch Verräter (Dolchstoßlegende) - hier haben wir "Merkel und ihre Vasallen" - und bedroht durch unheimliche Mächte, die das deutsche Volk durch Zuwanderung in eine "Mischrasse", einen "Völkerbrei"
(Ludendorff und andere) verwandeln möchten - bei Poggenburg "Neomarxismus" und "Multikulturalismus". - Die von P. angedeutete Verschwörungsideologie ist vollständig und entspricht vorhandenen Mustern.
Das Video dazu:
Die Gefahr, die von Poggenburg ausgeht, besteht meines Erachtens weniger darin, dass er an die Macht kommen könnte. Sie besteht darin, dass er seine ideologische Mischung aus Fragmenten des Nationalkommunismus und des völkischen Nationalismus unter die Leute bringen kann.
Auftritt Kohlmann, Pro Chemnitz, m.E. Erachtens Verächter der parlamentarischen Demokratie (siehe seine Reden vom Verrat des deutschen Kaisertums durch die Weimarer Republik; wobei der Kaiser, den 1919 niemand mehr brauchen konnte, wie die damals entmachteten Eliten, die nach K.
noch Führungsqualitäten gehabt hätten, anders als gewählte Politiker, als Platzhalter dient). [Muss natürlich 1918 heissen dort oben].
Kohlmann fordert eine umgekehrte "Umwertung aller Werte" (Nietzsche) und folgt damit dem "Willen zur Macht" (ebenso), wobei er sich für einen der
großen Denker hält (really). Welche Werte sind es, die er drastisch umkehren möchte? Freilich, P. hatte es angedeutet, eben die, die sich nach 1945 herausgebildet haben und das Fundament der heutigen deutschen Wertordnung bilden.
Hinweis: Er beginnt mit einer Replik auf die AfD, die sich nach ihm zu sehr der geltenden Werteordnung angenähert hätte.
Kohlmann bringt gern explosive Forderungen, die er anschliessend durch Primitiva umdeutet. So auch hier: Er stellt zunächst die EU in Frage, dann die Grenzen der Republik. Es ist eine eindeutige Forderung. Anschliessend biegt er diese ins fast Lächerliche um, um dann zu erklären,
es sei das "Selbstverständlichste der Welt", was sich eben nur vordergründig auf die Primitiva bezieht, sondern auf die Ausgangsbehauptung: Die Neubestimmung der deutschen Grenzen sei selbstverständlich.
Das Staatsgebilde, das nicht ewig sei (als rhetorische Frage) stellt jedoch eine Grundüberzeugung der Völkischen in Frage: Dass das Volk an ein bestimmtes, klar umrissenes Gebiet als "Kulturraum" gebunden sei. Wenn er also einen Teil des Gebietes "entnimmt",zerreisst er das Volk,
und widerspricht damit dem völkischen Gedanken. Deshalb geht es hier kaum um eine sächsische Unabhängigkeit, sondern um eine Vernebelung der Forderung nach einer Grenzneuziehung. Und die wird das Land nicht verkleinern, sondern vergrößern.
Schließlich ist auch das Grundgesetz für Kohlmann "nicht in Stein gemeißelt". Man müsse alles in Frage stellen, eine Formulierung, die eingängig klingt, de facto aber eine Revolution fordert. Er weiss, dass GG-Änderungen eine 2/3-Mehrheit brauchen, die weder Pro Chemnitz noch die
AdPM erringen werden, und damit geht es hier erneut um die Erweiterung des Sprechraums nach rechts. Wie sollte das GG eines Manne aussehen, der der früheren adligen erblichen Elite nachtrauert und demokratisch gewählte Politiker für unfähig hält? Hier geht es um den Wechsel der
parlamentarischen Demokratie zu einem zumindest autokratischen System.
Und vergessen wir nicht: Die AdPM ist die Partei der blauen Kornblume, die Symbol österreichischer Antisemiten und Nazis war.
#noAdPM
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