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Jetzt lese ich öfters Tweets a la: „Der Corona-Lockdown gefährdet Arbeitsplätze, noch länger & das wird eine Katastrophe!“ Dazu ein paar Gedanken. (Achtung: Könnte Sozialökonomik & Plurale Ökonomik enthalten & etwas #economists4future.) 1/15
cc @EconJena @popp5201 @DominikPietron
Aktuell meint @N_Heisterhagen hier, ein längerer Lockdown würde 6 +x Mio. (Lohn-) Arbeitslose kosten, das könne nicht verkraftet werden. Und dann werden auf einmal gesundheitliche & ökonomische Folgen der Langzeitarbeitslosigkeit entdeckt. 2/15
Dazu folgende Punkte:
1) Natürlich sind (Lohn-)Arbeitslosigkeit & negatives Wirtschaftswachstum nichts, was Sektkorken knallen lässt. @AchimTruger schreibt dazu⬇️ , dass ein früher (erfolgreicher!) Lockdown die Wirtschaftskrise nur teilweise abfedern. 3/15
Andererseits wird der Lockdown nicht zum Spaß gemacht, sondern es geht – streng standard-ökonomisch gedacht – eigentlich um Systemerhalt, weil die Kosten einer zweiten Welle noch viel höher ausfallen können. 4/15
Und genau an dem Punkt entlarvt sich das Gerede vom Lockdown entweder als ökonomisch völlig kurzsichtig oder als (marktfundamentalistisch) kalkuliertes Spiel mit Gesundheit, Menschenleben & der Spekulation auf Sozialisierung von höheren „Kosten“ einer zu frühen Lockerung. 5/15
Kleine Ergänzung zum Nachdenken: Wie klingt dieses Lockdown-Spiel in den Ohren von Ostdeutschen? Hatte sich zur Wende jemand für ihre Arbeitsplätze mit gleicher Verve eingesetzt? Spielte die finanzielle & gesundheitliche Situation von Langzeiterwerbslosen damals eine Rolle? 6/15
2) In der Debatte mag es kaum auffallen, aber die Angst vor der (Lohn-) Arbeitslosigkeit & den ökonomischen, gesundheitlichen & psychischen Folgen, die als Argumente gegen einen längeren Lockdown angeführt werden, leiden an einem schrecklichen Reflexionsstopp. 7/15
Denn es ist *kein* Naturgesetz, dass (Lohn-) Arbeitslosigkeit negative ökonomische, gesundheitliche & psychische Folgen haben *muss*. Mensch könnte also darüber nachdenken, die Situation der (lohn-) arbeitslosen Menschen zumutbarer zu gestalten. 8/15
Nur wäre mensch dann in einem ganz anderen – menschenfreundlicheren – System der Arbeitsmarkt- & Sozialpolitik. Und das steht der aktuell praktizierten Arbeitsmarkt- & Sozialpolitik, die Existenznot als Instrument des Arbeitsmarkts begreift, entgegen. 9/15
Aber rhetorisch ist es sehr geschickt, die Angst vor der Arbeitslosigkeit anzuführen: Denn damit wird davon abgelenkt, dass es nicht die Länge eines Lockdowns ist, die schädlich auf (Lohn-) Arbeitslose wirkt, sondern das praktizierte Arbeitsmarkt- & Sozialsystem. 10/15
Wer also nonchalant (Lohn-)Arbeitslosigkeit als negative Folge des #Corona-Lockdowns ins Feld führt, sollte gefragt werden, warum er/sie nicht daran denkt, das System einer Arbeitslosigkeit, die existenzielle ökonomische, gesundheitliche & psychische Folgen hat, zu ändern. 11/15
3) Die Argumentation gg einen längeren Lockdown sollte mensch sich aber auch mit Blick auf #Economists4Future & sozialökologische Transformation genau anschauen. 12/15
Denn eine Systemtransformation wird Änderungen in der Produktionsweise erfordern, die wahrscheinlich Arbeitslosigkeit produzieren. In dem Kontext sind die Argumente für eine Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen auch „gute“ Totschlagargumente gg eine Systemtransformation. 13/15
Strategisch klug wäre daher, sich einmal Gedanken zur sozialen Abfederung von transformationsbedingter Arbeitslosigkeit zu machen & das Arbeitslosigkeitssystem so zu gestalten, dass es eben keine existenziellen Ängste auslöst. 14/15
Und dann wäre es nicht mehr so einfach, an die lohnarbeitsbedingten Existenzängste der Menschen zu appellieren, um notwendige Lockdowns bei Pandemien oder eine nicht minder dringliche Transformation unserer Wirtschaftsweise zu verschieben oder zu verhindern. 15/15
3 kleine Errata zum gestrigen Tweet :
a) Ich hatte dort etwas falsch geschrieben. Es sollte „eine frühe (erfolgreiche!) Lockerung die Wirtschaftskrise nur teilweise abfedern“ heißen.

b) Zudem eine falsche Verlinkung, richtig 👉 i/iv
c) Und hier war natürlich "das Gerede von der Lockerung" gemeint. ii/iv
Und falls es dazu ein Missverständnis gibt: Ich habe @AchimTruger verlinkt, weil ich seine Argumente teile. Hier nochmal in 2 klärenden Tweets 👉 iii/iv
Also sorry für die Verwirrungen, wenn sie entstanden sein sollten. Und danke für's liken/retweeten.🙂 iv/iv
Kleine Richtigstellung: Es war nicht das Gerde vom Lockdown, sondern das Gerede von den Lockdown-Lockerungen gemeint.🤦‍♂️
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