1:
tl/dr: Der Artikel ist schlecht. Der Titel suggeriert zu zeigen, wie wissenschaftliche Politik zum Alibi wird, was er nicht tut. Und versinkt dann in einen metaphern-überladenen Rundumschlag.
3: Im Wesentlichen zerfällt der Artikel in zwei Teile, einen Auszug aus einer Staatsrechtsvorlesung zu einigen nachgeordneten Behörden und einem kurzen verfassungsrechtlichen Exkurs zur Begründung einer freien Wissenschaft, einerseits;
4: Andererseits in einen Teil, den wir hier auf Twitter einen #rant nennen, "Gedankenfetzen" zum Thema Wissenschaft und Politik, die eines nicht tun: die implizite Frage
beantworten (helfen), ob wissenschaftliche Politikberatung "Alibi für wissenschaftlichen Dilettantismus" sei.
5:
Am Nächsten kommt der Autor einer *Erläuterung*, wenn auch nicht einer *Argumentation*, zu dieser Frage, wenn er schreibt:
"Für die Politik ist dies besonders attraktiv, weil Expertise entlastet."
6: Wenn er meint... Tatsächlich verkompliziert Expertise die Wahrnehmung eines Geschehens und macht deutlich, dass zwischen Analyse und Entscheidung ein unüberwindbarer Bruch herrscht. Gleichzeitig ist Expertise immer von Gegen-Expertise begleitet.
7: Bsp: Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) empfiehlt, die Verimpfung des #AstraZeneca Impfstoffs bis zur Prüfung durch die Europäische Arzneimittelbehörde #EMA auszusetzen (die heute zu berichten angekündigt hat), weil in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung
8: eine seltene Form einer Thrombose im Hirn (CVST) kombiniert mit hämolytisch-urämischem Syndrom aufgetreten sei. Merken Sie schon, wie gut die Entlastung der Politik durch wissenschaftliche Beratung funktioniert, während Sie diese Begriffe im Internet suchen?
9: Und dann kommt @karllauterbach und sagt, die statistische und medizinische Relevanz sei durch das PEI richtig erkannt, die Entscheidung, die Verimpfung auszusetzen, dennoch falsch. Noch mehr Entlastung!
10: Dann kommen Science-Journos aus UK daher und bestreiten just die statistische Signifikanz der Blutpropfen und deuten sie als "fluktuierende" Phänomene, die bei Impfungen immer mal vorkommen. Die Entlastung wächst und Politik kann sich in ihren Dilettantismus zurückziehen.
11: Die #EMA ist auch gegen das Aussetzen des Verimpfens. Um dem nachzugehen muss man Thrombosen der inneren Beinvene von denen im Gehirn unterscheiden.
12: Zu allem Ungemach sinkt das Vertrauen in's Impfen.
Und #Gaervitz giftet dazu, solche Expertisen
"vermitteln den Eindruck einer evidence based policy und stülpen der Politik ein Mäntelchen des Rationalen über."
Es stimmt einfach nicht!
13: Ein Rant entlastet vor allem den Autor, nämlich von wissenschaftlich haltbarer Argumentation! Statt dessen hagelt es Abfälligkeiten: Der Deutsche Ethikrat ist lautstark, Funktionäre (hey, @karllauterbach, Sie sind gemeint) ruhen sich auf früheren Lorbeer(!)kränzen(!!) aus,
14: Funktionärsrunden sind "bräsig" (das Adjektiv gehört verboten!), Positionspapiere "grau", die Politik arbeitet mit einem Taschenspielertrick (den nur #Gaervitz und #Hirschi erkennen?). Irgendwo flackert noch diffuses "Schummerlicht", wie in einem Edgar-Wallace-Film.
15: In diesem Schummerlicht erkennt der Autor einen "schwer durchschaubare[n] Komplex, in dem Wissenschaft und Politik zu einem Amalgam verbacken sind
Ist das nicht ein bisschen zirkulär?
16: Dieser Komplex mit der Wissenschaft als "nützliche[m] Büttel... ist auf diesem Ferment gediehen." Wait a minute! Wissenschaft und Politik sind ein Komplex, werden zu einem Amalgam "verbacken" und ein Enzym hilft auch noch.
17: [Ironiefont ON] Eins muss man #Graevitz lassen: Mit Sprache und Metaphern kann er umgehen. [Ironiefont OFF]
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Was sollen wir daraus mitnehmen?
Dass bei allen Studien Unterschiede gefunden werden? ==> Wird Team #AntiScience freuen
Dass ein Forscher unethisch das Publikum hinter's Licht führt? ==> s.o.
Dass der Forscher auch #p_hacking & #harking begangen hat (sry Fachbegr.)? ==> s.o. 1/3
Dass ein signifikanter Unterschied keine #Kausalitaet bedeutet? Wäre der richtige Schluss aus der Schokoladenstudie, wird aber von @florianaigner nicht erwähnt.
Dass Kausalität nicht mit #Effektstaerke gleichzusetzen ist? Wenn ich zB durch weniger Kohlehydrate abnehmen kann, 2/3
möglicherweise aber nicht sehr viel.
Dass Effektstärke nicht gleich Handlungsvermögen bedeutet? Wenn ich aus psychischen Gründen Schlafstörungen habe und diese Gewichtszunahme bedeuten, kann ich nicht abnehmen.
3/3 Fleißpunkt für richtige Definition von #Signifikanz.
Stand gestern hatte #Austria so viele Tote per 1 Mio. EW wie #USA: ca. 6 an einem Tag. Chris Murray hat in seinem @IHME_UW-Modell geschätzt, dass Staaten im Mittel an der Schwelle von 8 Toten pro Tag Maßnahmen ergreifen.
Ausnahmen sind z.B. North und South Dakota in den USA. Österreich startet mit den Verschärfungen früher, nämlich bei 6 (im 7-Tagesmittel eher: 4) und kann sich glücklich schätzen. Noch glücklicher jedoch Deutschland, auch wenn dort die Alarmglocken läuten.
1/n
Es ist nämlich nicht gleichzeitig bei welchem Niveau ein Staat beginnt. Ende Oktober/Anfang November haben D und AT einen Lockdown begonnen. So sieht die Entwicklung des 7-Tagesmittel der Fälle seitdem aus. 2/n
Die Studie von @michiwagner u.a. (start.univie.ac.at/fileadmin/user…) an einer Stichprobe von 10.464 Personen, Schüler*innen und Lehrer*innen in der Primarstufe und Sekundarstufe I hat nach Abzug nicht auswertbarer Proben ergeben:
2/n
"40 der verbleibenden 10.156 Proben waren positiv. Dies entspricht einer Gesamtprävalenz von 0,39% mit einem
95% Konfidenzintervall („Schwankungsbreite“) von 0,28-0,55%."
3/n
In dem Philosophischen Stammtisch mit dem Kategorienfehler-Titel "Experten oder Volk" (srf.ch/play/tv/sterns…) zitiert @weilenberger einen gewissen W. Churchill mit den Worten: "Ein Experte ist ein Mann, der mir im Nachhinein erklärt, weshalb seine Prognosen nicht zutrafen.
1/n
Das ist ein Fall für @krieghofer. Im Deutschen findet sich das angebl. Zitat verschiedentlich leicht abgewandelt, z.B. "Ein Experte ist ein Mann, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat." tagesrandbemerkung.at/2018/06/01/ein…
2/n
Die a.a.O. zu findende Übertragung ins Englische lässt sich im Internet nicht finden, auch keine ähnliche Variante. Doch findet sich analog: "An economist is an expert who will know tomorrow why the things he predicted yesterday didn't happen today."
3/n
#COVID19at
Sehr guter 🧵 z. Vergleich von Helmtragen beim Fahrradfahren und #Maskentragen außerh. des Gesundheitsbereichs. 1. Beide senken das Risiko von Kopfverletzungen bzw. Infektionen. 2. Die Risikominimierung ist ähnlich hoch. 3. Minimierung bedeutet für beide nicht völliges
Vermeiden einer Verletzung/Infektion. 4. Studien zum Fahrradhelmtragen haben gezeigt, dass a. weitere Faktoren eine Rolle spielen (Helmtragen *und* größere Vorsicht etc.) ohne dass b. diese die Vorteile des Helmtragens zum Verschwinden bringen (s. 4/9). 5. @POhukainen vermutet a.
das könnte auch beim Maskentragen der Fall sein und gibt b. zu bedenken, dass Masken noch weitere Effekte haben: andere an das Ansteckungsrisiko zu erinnern und sie zur Vorsicht zu gemahnen. Sie sind #Risikomarker und #Risikominimierer. /End
Sehr guter Hinweis (cc @corinnamilborn und @neuwirthe). (Bewusste?) Falschmeldung(en) verstellen den Blick auf die Lage bei #covid19a. Der neue #Coronavirus verlangt Medien und Öffentlichkeit einiges ab. Deshalb ein kleiner Faden aus Anlass dieses Posts. 1/n
Maßzahlen helfen uns ein Phänomen mess- und vergleichbar zu machen. Im 500 g Joghurt sind 16 g Fett, die 250 g Butter hat 217,5 g Fett. Der Hausverstand sagt: die Butter hat mehr Fett als Joghurt. Die Mathematik ist Hausverstand mit mehr Zahlen 2/n
Daher werden die Werte *standardisiert*. Einigen wir uns auf einen höheren Wert, 1 kg, und weisen wir die Fettwerte dafür aus. Das ist einfacher Dreisatz. (Statistik beruht auf einfacher Arithmetik und Algebra) Ergebnis: 1 kg Joghurt hat 32 g, 1 kg Butter 870g Fett.
3/n