Thread by @tom_krebs_

12 Euro Mindestlohn war beim gestrigen #Triell ein zentrales Thema. Eine Zusammenfassung der verfügbaren Evidenz und Antworten auf die wichtigsten Fragen. 1/n

Die verfügbare wissenschaftliche Evidenz spricht dafür, dass ein Mindestlohn (ML) von 12 Euro nicht nur eine Lohnerhöhung für 8-10 Millionen Beschäftigte bedeutet, sondern auch das langfristige Wirtschaftswachstum und die Steuereinnahmen erheblich steigern würde. 2/n

Eine ausführliche Diskussion der relevanten wissenschaftlichen Literatur gibt es hier: 3/n
boeckler.de/de/faust-detai…

Kurzfristige Anpassungskosten könnten durch eine schrittweise Erhöhung minimiert werden. Z.B. kann die geplante Erhöhung des ML auf 10,45 Euro vorgezogen und dann der ML in zwei weitere Schritten in 2022 auf 12 Euro angehoben werden. 4/n

Natürlich sind solche Prognosen mit Unsicherheit behaftet, wie auch die Folgen anderer Maßnahmen nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden können. Und es gibt institutionelle Rahmenbedingungen, die zu beachten sind. Kommen wir also zu den üblichen Fragen/Einwänden. 5/n

Einwand 1: Ist es nicht Aufgabe der Sozialpartner (Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter), die Löhne auszuhandeln. Ja, aber das trifft nur auf circa 50% der Jobs mit Tarifbindung zu. Der Mindestlohn von 12 Euro soll hauptsächlich da wirken, wo es keine Tarifbindung gibt. 6/n

Einwand 2: Sollten wir das nicht den Gewerkschaften überlassen? Ja, und die Gewerkschaften fordern einen flächendeckenden Mindestlohn von 12 Euro. Also: Einfach die Gewerkschaften fragen, was sie wollen. 7/n

Einwand 3: Sollte nicht die Mindestlohnkommission den Mindestlohn festsetzen? Na klar, aber das Mandat der ML-Kommission wird von der Politik bestimmt. Daher: Erhöhung des ML auf 12 Euro in 2022 und danach bestimmt die ML-Kommission wieder mit erweitertem Mandat. 8/n

Einwand 4: Ist es wirklich eine gut Idee, den Mindestlohn in der Krise zu erhöhen? Der aktuell diskutierte Vorschlag ist, den Mindestlohn in 2022 auf 12 Euro anzuheben, und für 2022 wird ein Wirtschaftswachstum von 4-5% erwartet – besser wird es nicht mehr. 9/n

Einwand 5: Werden dann nicht einfach weniger Stunden gearbeitet? Nein, das ist theoretisch nicht eindeutig und die empirische Evidenz ist gemischt. Es spricht sogar vieles dafür, dass langfristig die aggregierten Arbeitsstunden steigen. 10/n
boeckler.de/de/faust-detai…

Einwand 6: Sollten wir nicht regionale Mindestlöhne festsetzen, die regionale Variationen in den Preisniveaus berücksichtigen? Vielleicht, und 100% Tarifbindung wäre wahrscheinlich noch besser. Beide Vorschläge stehen aber aktuell – aus guten Gründen – nicht zur Debatte. 11/n

Einwand 7: Aber werden einige Arbeitgeber nicht versuchen, den ML zu "umgehen"? Vielleicht, aber Steuerbetrug ist auch kein Argument gegen Steuern. ML-Betrüger (ein paar „schwarze Schafe“) müssen halt entsprechend bestraft werden. 12/n

Fazit: Ein Mindestlohn von 12 Euro ist eine ziemlich gute Idee. Es gibt nicht viele Maßnahmen, die ex-ante so positiv zu bewerten sind. Die üblichen Einwände basieren hauptsächlich auf Unkenntnis der institutionellen Rahmenbedingungen oder der wissenschaftlichen Literatur. 13/13