Gibt es #LongCovid bei #Kindern und #Jugendlichen und wenn ja, wie häufig tritt es auf?

Ein Thread zu einer aktuellen #Metaanalyse. ⬇️⬇️⬇️

journalofinfection.com/article/S0163-…
👉Vorbemerkung:

Es gib eine ganze Reihe von einzelnen Studien zum Thema, die allermeisten ohne Kontrollgruppe. Warum ist das wichtig? Viele Symptome können eine Reihe von Ursachen haben. Fragt man Menschen nach diesen, vor allem wenn sie wissen, dass sie gerade eine gefährliche
Infektion überstanden haben oder wenn sie krankheitsbedingt längere Zeit auf Bewegung oder Sozialkontakte verzichtet haben, dann kann kann es passieren, dass viele Symptome bestätigt werden. Kontrollgruppen sollen verhindern, dass Effekte, die in einer gesamten Bevölkerungs-
gruppe ohnehin auftreten (zB.Lockdown-bedingt o. weil alle Kinder weniger Sozialkontakte haben), ebenfalls zu den Post-Covid Syndromen gezählt werden. Viele der Studien, die die Frage nach LongCovid bei KuJ stellen, haben keine Kontrollgruppe, oder keine gematchte Kontrollgruppe,
haben sehr kleine Stichprobenzahlen in den Gruppen und bei den allermeisten gibt es Kenntnis darüber, ob die KuJ eine Infektion hinter sich haben, oder nicht (nicht verblindet). Interessant wären z.B. Fallkontrollstudien, die nach Symptom auswählen und dann die Ursache
rückverfolgen. Da die Symptome von Post Covid allerdings sehr vielfältig und einzeln betrachtet z.T. sehr unspezifisch sind (es gibt mittlerweile Richtlinien für die Diagnostik Erwachsener, nach meiner Kenntnis nicht für Kinder), könnte jedoch schon allein die ungebiaste Auswahl
eines „typischen Symptoms“ schwierig werden.

👉 Was sind Metastudien?

Aufgrund all dieser Schwierigkeiten bei Studien (die Studien nicht unbedingt völlig unglaubwürdig machen, aber man bei der Interpretation vorsichtig sein muss und immer auch die übrige Literatur zum Thema
mit einbeziehen), gibt es in der Wissenschaft zwei weitere Formen der Analyse: Reviews & Metaanalysen. Der Unterschied zwischen beidem besteht im Prinzip darin, dass beide vorliegende Studien zu einem Thema identifizieren und der Review das Ganze in einem interpretierenden Text,
in der Regel unter einem bestimmten Gesichtspunkt diskutiert, während die Metaanalyse die Rohdaten extrahiert und in einer über die Studien hinweg zusammengefassten Form (gepoolt) neu analysiert.
👉Was wurde wie untersucht?

Die vorliegende Metaanalyse hat unter (gut dokumentierten) vordefinierten Einschlusskriterien 22 Studien mit und ohne Kontrollgruppe verwenden, die ingesamt Daten zu >23.000 KuJ umfassen. Man hat sich dann angeschaut, ob das Risiko für bestimmte
Symptome in der post-Covid Gruppe höher war, als in der Kontrollgruppe. Außerdem haben sie Analysen vorgenommen, um die Prävalenz von Symptomen zu bestimmen. Da sehr viele Symptome berichtet wurden, aber nur wenig Studien vorlagen, hat man nur Symptome betrachtet, die in mind.
8* Studien erhoben wurden, die Metaanalyse betrachtet also keine außergewöhnlichen Symptome statistisch, sondern nennt diese nur. Auf Korrektur für multiples Testen (Erklärung hier: ) wurde wenn ich das richtig lese verzichtet, sondern das Signifikanzniveau
leicht abgesenkt. Das kann man machen, es erhöht aber das Risiko, Ergebnisse fälschlicherweise als signifikant zu interpretieren. Warum ich das hier nenne: es gibt Ergebnisse mit sehr kleinen Unterschieden zwischen den Gruppen, die aber signifikant waren und in der
Biologie steht ohnehin immer die Frage im Raum, wie aussagekräftig ein p oder q Wert ist, wenn der Effekt nur marginal ist. Auch wurden mögliche prädiktive (vorhersagende) Faktoren nicht in die gepoolten Analysen einbezogen. Die Metaanalyse hat zudem bestimmt, wie viel Bias in
den einzlenen Studien vorlag. Interessanterweise schlossen Studien, die hier auf Twitter gerne als „total biased“ geframt werden („Sachsen“: Blankenburg et al., „Schweiz“: Radtke et al.) im AHRQ Scoring mit moderate und high besser ab, als ein Großteil der übrigen Studien
(‼️Screenshot ⬇️ zeigt nicht die vollständige Tabelle).
Multiple Symptomatiken konnten nicht analysiert werden, da nur 2 Studien dafür in Frage kamen.
👉 Welche Ergebnisse gab es?

Final konnten aus 5 kontrollierten Studien Daten für die Metaanalyse gezogen werden, eine Studie davon basierte auf einer selbst-berichteten Infektion, die anderen auf unabhängig validierten Infektionen. 14 Symptome wurden in Pools analysiert
(kognitive Schwierigkeiten, Kopfschmerzen, Husten, Muskelschmerzen, Bauchschmerzen, Fatique, Schlafprobleme, Geruchsverlust, Durchfall, Halsschmerzen, Fieber, Schwindel, Atemnot, Augenschmerzen).
Signifikante Unterschiede (aber mit sehr geringer Effektstärke) zeigten sich für
kognitive Schwierigkeiten (3% höher), Kopfschmerzen (3% erhöht), Halsschmerzen (2% erhöht), Augenschmerzen 2% erhöht) und mit höherer Effektstärke: Geruchsverlust (8% erhöht). ⬇️

Für Prävalenzerhebungen wurden 17 Studien eingeschlossen, nur 5 hatten eine Kontrollgruppe, 12
hatten keine. Entsprechend wurden hier auch hohe Prävalenzen gefunden.
Allerdings:‼️Eine hohe Studienqualität war mit niedrigerer Prävalenz assoziiert‼️
👉Was kann man daraus schließen?

Zunächst halten die Autoren fest, dass die meisten Studien von schlechter Qualität waren, v.a. da sie retrospektiv und unkontrolliert waren. Diesen Punkt habe ich hier bereits auch mehrfach hervorgehoben - Studien ohne Kontrollgruppe haben sehr
wenig quantitative Aussagekraft! Die Prävalenzen in den Studien ohne Kontrollgruppe waren etwa 7x höher als in den Studien, in denen man eine Kontrollgruppe hatte (Grundsätzlich sollte uns die hohe Hintergrundrate an Kopfschmerzen und Fatique auch eine Warnung sein, in Bezug auf
die generelle Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie!). Je besser die Studienqualität war, desto geringer war die Prävalenz von Long-Covid bei KuJ. Die Autoren heben hervor, wie wichtig hier ein qualitativ hochwertiges Studiendesign ist und fordern mehr dieser
Studien ein.

In der Folge diskutieren die Autoren Imitationen ihrer Analyse, die natürlich maßgeblich mit der Qualität der Input-Studien zusammenhängt, die zu hoher Heterogenität beitrugen. Außerdem gab es einen Bias auf wohlhabende Länder (aus denen die Studien kamen).
👉Fazit?

Die Metastudie stellt post-virale Symptomatiken nach Sars-Cov2 Infektion nicht infrage‼️, die Autoren weisen aber darauf hin, dass diese sich bei KuJ eher in einem sehr geringem Rahmen deutlich unter 10% bewegen und fordern mehr Qualität bei Studien ein.
Ergänzungen:
*Die Zahl 8 stimmt nicht nicht ganz mit Tabelle A5 überein, was ich mir nicht ganz erklären kann, möglicherweise wurden "interessante" Symptome dennoch heraus gezogen und sollten vorsichtig interpretiert werden.

Disclosure: Wie immer der Hinweis: ich schreibe hier
nach bestem Wissen und Gewissen zu Themen, die ich in meiner Freizeit bearbeitet bekomme, die Auswahl meiner Themen folgt meinen persönlichen Interessen. Ich bin nicht fehlerfrei und nehme freundliche Hinweise auf Fehler gerne entgehen. Rechtschreibfehler dürft ihr behalten ;).

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