Das Problem hat mehrere Ebenen: Positionen, die für Teile der Partei identitätsstiftend sind, werden inzwischen systematisch vom politischen Gegner genutzt. Nicht nur um linke Außenpolitik zu kritisieren, sondern um eine Umsetzung linker Politik insgesamt zu blockieren. 2/
Das Problem zeigt sich auch bei Linken Wählern: Schon vor Putins Krieg lehnte die Hälfte der eigenen Wähler*nnen linke Forderung nach Auflösung der #Nato ab. Dafür unterstützt die Mehrheit eine #EUArmee - die die Linke bisher ablehnt. Man kann diese Liste noch lange verlängern.3/
Verschärfend kommt hinzu: Bisherige #Formelkompromisse halten der geopolitischen Entwicklung sachlich nicht Stand. »Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands« ist aktuell entweder illusorisch oder würde faktisch bedeuten, sich Putin auszuliefern. 4/
Unterm Strich: #Linke kann mit Außenpolitik kein Vertrauen schaffen – trotz aller Krisen. Im Niedergang der westlichen Weltordnung reicht es nicht, bei der Opposition gegen diese stehen zu bleiben. Es braucht eine Außenpolitik, die dem multipolaren Kapitalismus angemessen ist. 5/
Aber Weiterentwicklung linker Außenpolitik ist schwierig. „Rote Haltelinien“ markieren für viele GenossInnen Lehre aus dem rot-grünen Trauma. Veränderungen der #Außenpolitik verweisen immer auf die Grundsatzfrage, welche Funktion die Linke in der Gesellschaft einnehmen will. 6/
Mir scheint ehrliche Bestandsaufnahme sinnvoll: „#Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ liegt angesichts knapper Zeit - Stichworte #Klimakatastrophe & #Artensterben - nicht vor. Dafür werden die Fortschritte weltweit von autoritären Großmächten und reaktionären Bewegungen bedroht. 7/
Gerade stehen nicht Sprünge zum #Sozialismus an, sondern Durchsetzung eines neuen historischen (Klassen-)Kompromisses. #Linke braucht es dafür, weil sogar dieses Ziel erkämpft werden muss. Ohne #sozialrebellischenArm der offensiv #Eigentumsfrage stellt keinen #GreenNewDeal. 8/
Wie kann es also gehen? @CarenLay & @WulfGallert & @ThomasEGoes haben recht: es braucht Ende von #Doppelstandards bei Menschenrechten & Völkerrecht. Aber das reicht nicht. Wer #Aufrüstung glaubwürdig etwas entgegen setzen will, benötigt linken Zugang zur Macht- und Geopolitik. 9/
Das heißt: Es braucht einen geopolitischen #Paradigmenwechsel - für eine realistische Alternative zur #NATO. Statt auf ein „Sicherheitssystem mit Russland“ sollte die Linke auf Stärkung einer möglichst multilateral orientierten & sozial-ökologisch umgebauten #EU setzen. 10/
Auch das wird kein Spaziergang. Aber im Gegensatz zur #UN, der #OSZE oder unbekannten Sicherheitssystemen der Zukunft existieren hier institutionelle Ansatzpunkte für eine Demokratisierung, wie das #Europaparlament. Zudem wäre so eine #EU-Republik ein echtes Bündnisprojekt. 11/
Natürlich kann man nun ganz klassisch »EU-Imperialismus« rufen. Aber Bedrohung durch #autoritärenKapitalismus chinesisch-russischer Prägung und eine hochgerüstete #USA, die in Richtung Autoritarismus taumeln, ist real. Und ohne #EU ist Green New Deal global ausgeschlossen. 12/
@MatthiasHoehn hat recht: Europäisierung muss nicht #Aufrüstung sein. Zusammenführung nationaler Streitkräfte in einen kooperativen Verbund mit Fokus auf Verteidigung würde Synergieeffekte freisetzen. Und: Schädlicher als 27 nationale Armeen wäre eine #EUArmee auch nicht. 13/
Ziel wäre EU, die sich unabhängig von Konfrontation zwischen #USA und #Russland/#China macht. Das ist nicht nur Forderung linker Parteien in Osteuropa. Es wäre auch kommunikativ eine ganz andere Ausgangslage. Linke kann dann glaubwürdig US-Treue von Grünen & SPD kritisieren.14/
Außerdem: Es braucht pragmatischen #Antimilitarismus statt #Dogmatismus & rote Haltelinien. Statt "ganz oder gar nicht“, hieße es dann „je stärker Linke desto friedlicher das Land“. Linke muss strategisch bestimmen, welche Forderungen sie wie nach vorne stellt. 15/
Der übliche Verratsvorwurf verbietet sich. Es geht nicht um Positionen räumen, sondern sie wirksam machen. Und: Beharren auf außenpolitischen Maximalposition nützt nicht der Linken - und ihr Dauer-Abo auf Opposition schadet nicht #Nato-Strategen und #Rüstungsindustrie. 16/
#Bundestagswahlkampf hat gezeigt, dass linke Dogmen inzwischen dazu genutzt werden, um Politikwechsel im stärksten Land der #EU zu blockieren – und dieses Scheitern dann der Linken in die Schuhe zu schieben. Die Gelegenheit sollte Linke ihren Gegnern nicht noch mal geben. 17/
Historischen Kompromiss in der Gesellschaft erkämpfen zu können würde #historischenKompromiss in der Partei voraussetzen. Aber: es würde mehr bringen als #Linke in Daueropposition, die auch als Partner von Gewerkschaften & Beschäftigten im sozial-ökologischen Umbau ausfällt.18/18
Zur linken Strategiedebatte: die #Linke sollte als sozialistische #Gestaltungspartei die Repräsentationslücke neben Krisen-Verwaltung (Ampel/Union) & rechtsoffenen bzw faschistoiden Dagegen-Parteien (BSW/AfD) füllen. Es braucht Linke, die positiv & glaubwürdig gestalten will.👇
Angebliche Alternative „linksliberale Bewegungspartei“ vs „traditionelle Ostpartei“ ist Quatsch. Es braucht Linke, die konsequent Markt regelt & Eigentumsfrage stellt & zugleich klar die Demokratie verteidigt. Eine Linke muss überall #Verlässlichkeit im Wandel schaffen.
Bei allen Unterschieden zeigen #Frankreich & #Finnland, dass eine Linke, die geopolitische #Grundsatzentscheidung für die Demokratie in Europa trifft, Doppelstandards überwindet & sich von veraltetem Antiimperialismus befreit, dann auch mit sozialer #Klassenpolitik gewinnen kann.