Wie jedes Jahr: 1. Ich halte das #Tanzverbot für einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben nicht-christlicher Menschen (das ist die Mehrheit in D!). Das zählt! 2. Besonders seltsam finde ich, dass das Tanzverbot auch theologisch wenig Sinn ergibt.
Stimmen das Tanzverbot und die Botschaft des Osterfestes überein?
Das Osterfest bildet den Mittelpunkt des Christentums. Tod und Auferstehung sind das Gravitationszentrum des Glaubens an den Gott, der Mensch wurde. 2/17
Das Osterfest ist nicht die Krönungsfeier eines Christus König, sondern ist Dokumentation des Scheiterns Gottes als Mensch und des Scheiterns des Menschen. Gott als Mensch überzeugt kaum. Er tobt durch den Tempel, aber löst das dortige Wuchern nicht auf. 3/17
Gott redet zu tausenden Menschen, kann aber doch nur wenige für seine Nachfolge erwärmen. Gott steht vor Gericht und kann seine Unschuld nicht beweisen. Der Gott-Mensch stirbt machtlos - ohnmächtig. 4/17
Seine Jünger erkennen in seinem Tod kein Opfer. Sie ziehen sich in Verzweiflung zurück. Verzweiflung über den verloren Freund und Verzweiflung darüber, dass ihr Messias doch nur Mensch gewesen ist. Um sie herum lebt die Welt weiter. 5/17
Das geschäftige Treiben in Jerusalem hält nicht inne. Niemand nimmt Rücksicht auf ihr Trauergefühl. Die Auseinandersetzung der Jünger mit dem Sterben Jesu findet allein und einsam statt. 6/17
Dieser Moment des Zweifels ist von Dauer. Jesus stirbt nicht und steht wieder von den Toten auf, sondern er bleibt tot. Nicht Stunden, sondern Tage. 7/17
Er bleibt so lange tot, bis sich in die Gemüter seiner Jünger die Gewissheit eingebrannt hat, dass ihr Messias verloren ist – für immer. Er bleibt tot, bis sich die engsten Vertrauen wegwenden, während die Welt um sie herum ihre Verzweiflung nicht zur Kenntnis nimmt. 8/17
Erst in dem Moment, da niemand mehr an Jesus als Messias glaubt, wird er von den Toten erweckt. Seine Auferstehung offenbart sich nicht den Jüngern, sondern den Frauen am Grab. Ihrem Bericht schenken die Freunde Jesu kein Vertrauen. Sie glauben nicht. 9/17
Warum nur offenbart sich Gott in solcher Weise? Warum vollbringt er nicht sein Wunder der Auferstehung vor den Augen der Welt? Warum zwingt seine Allmacht den Menschen nicht die Gottesfürchtigkeit auf, sondern bittet geradezu demütig um unseren Glauben? 10/17
Ein Gott, der solches tut, will mehr verkünden, als nur seine eigene Allmacht. Ein solcher Gott erzählt von der Gnade nicht glauben zu müssen. Im Osterfest – und insbesondere im Karfreitag – liegt Gottes Versprechen verborgen, dass der Mensch sich abwenden darf von Gott. 11/17
Sein Versprechen, dass der Mensch Gott sogar tot schlagen kann, ohne dass Gott mit der Welt bricht. Es gibt keine Verpflichtung dazu, sich auf Gott zu richten. Der Mensch darf ganz bei sich sein, bei seiner Freude, bei seiner Trauer. 12/17
Der Mensch darf ganz auf die Welt gerichtet sein und in diese Welt wird Gott ein Zeichen geben, das groß genug ist, es zu erkennen, aber das einfordert, es glauben zu wollen. 13/17
Kann es richtig sein, dass staatliche Gewalt die Menschen zwingt, um Jesus zu trauern? Kann es richtig sein, dass die gesellschaftliche Ordnung mit erhobenem Finger aufs Grab zeigt und ruft „wendet euren Blick nicht ab, auf dass ihr die Auferstehung nicht verpasst“? 14/17
Im Garten Gethsemane bittet Jesus um den Beistand seiner Jünger. Sie sollen mit ihm wachen und beten. Er zwingt sie nicht und so schlafen sie ein. 15/17
Auch an #Karfreitag bittet Gott darum, ihm – dem ängstlich-schwachen Menschen – beizustehen. Er bittet darum, nicht allein gelassen zu sein im Todeskampf. Doch er zwingt Menschen nicht – auch auf das Risiko hin, dass viele von ihnen einschlafen & ihn alleine sterben lassen. 16/17
Ostern ist das Fest der Hinwendung Gottes zum Menschen während dieser sich wegwendet.
In diesen Sinne ist das Tanzverbot nicht nur staatlich falsch in einer liberalen Demokratie, sondern sogar theologisch. 17/17
P.S.: Auch wenn das Tanzverbot theologisch Sinn ergäbe, wäre es in einer liberalen Demokratie trotzdem nicht richtig.
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Oppositionszeiten sind Zeiten der Selbstvergewisserung. Genau deshalb erfüllt mich das Verhalten der #CDU/#CSU gestern bei der #Impfpflicht im #Bundestag mit großer Sorge.
Ein paar Gedanken dazu. 1/14
Klar: Es war peinlich, dass die Regierungsfraktionen keine eigene Mehrheit im Bundestag hatten.
Der gute Grund war, dass alle Regierungsfraktionen nur ihren Überzeugungen folgten.
Die CDU/CSU-Fraktion hat sich unter #Merz für einen anderen Weg entschieden. Sie wollte unabhängig von ihrer eigenen Überzeugung zu keiner Mehrheit beitragen, die in den Regierungsfraktionen selbst nicht vorhanden war.
Das ist ihr gutes Recht. Es folgt jedoch ein Aber. 3/14
Sie kennen das sicherlich: Sie widersprechen irgendwo einer Person, die wirre Theorien verbreitet und schon schreibt diese zurück:
"SIE HABEN WOHL EIN PROBLEM MIT DER #MEINUNGSFREIHEIT??!?!?"
Hier eine Anleitung zum Umgang mit diesen Leuten: 1/x
Es gibt Leute, die lassen sich von diesem Widerspruch einschüchtern. Weil sie ja selbst für die Meinungsfreiheit einstehen wollen, rechtfertigen sie sich dann, dass sie die Meinungsfreiheit des anderen nicht beschränken wollen oder sie ziehen sich sogar von der Kritik zurück. 2/x
Zack! Ihr Gegenüber hat es geschafft. Sie diskutieren nicht mehr über Ihren Widerspruch zu der wirren Theorie/der anderen Meinung/dessen, was in Ihren Augen kritikwürdig isst, sondern über die Meinungsfreiheit. Ihr Widerspruch wurde geblockt. 3/x
In Köln demonstrieren heute zehntausende Menschen gegen Putins Krieg und für die Unabhängigkeit der Ukraine. Viele Demonstrierende sind wegen des Karnevals verkleidet.
Der Empörung über die Verkleidungen liegt ein Missverständnis über den Karneval zu Grunde:
Der rheinische Karneval ist nicht einfach Spaß & Saufen. Er ist ein Identitätsmerkmal der Region. 2/x
Und zwar eines, das sich in vielen Teilen seines Brauchtums als Selbstbehauptung gegen die Besetzung des Rheinlandes durch die Großmächte im 19. Jahrhundert wendet. 3/x
Nadine Frei und Oliver Nachtwey weisen nach, dass Querdenken ein Ergebnis des Hyper-Individualismus ist. Zitat:
"Die Befragten verfügen über ein libertäres Freiheitsverständnis, in dem Individualität, Eigenverantwortung und Selbstbestimmung nahezu absolut gesetzt werden."
Weiter heißt es "Nur Regeln, die sie selbst setzen, erachten sie als legitim".
Das sind die Nebeneffekte unserer gesamtgesellschaftlichen Überhöhung von Individualität und Eigenverantwortung. Es geht darüber die Solidarität zu Grunde.
Die #SPD hat im Bundestagswahlkampf nie den Gedanken aufgegeben, am Ende den #Kanzler stellen zu können. Dafür ist man oft verlacht worden, aber an zwei Messpunkten möchte ich nochmal aufzeigen, dass es schlicht rational und faktenbasiert war, den Sieg für möglich zu halten.
Im Dezember 2020 hatten wir eine öffentliche Stimmung/Berichterstattung, die fest von einem Duell CDU vs. Grün ausging.
Das war schlicht Meinung/Annahme. Gedeckt durch Umfragen war das nicht.
Die SPD hatte Ende 2020 jede Chance Herausforderin zu werden.
Im Mai 2021 hatten wir eine Datenlage, die Scholz jeweils auf Augenhöhe mit der politischen Konkurrenz sah. Gegen Ende eines Wahlkampfes wird die Personenfrage entscheidender - sprich, es war logisch davon auszugehen, dass die SPD aufsteigen wird.