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Jannick @Jickrrr
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"20 Jahre erfolgreicher Games-Journalismus", das schreibt die GameStar über sich selbst. Das ist legitim. Und ein bisschen falsch: Die @GameStar_de betrieb jahrelang einen Journalismus, der zuallererst frauenfeindlich und widerlich war. Ein Thread über Kalender und Babes-Duelle.
Die GameStar-Redaktion zelebrierte ihren Sexismus mit einem besonders unerträglichen Format: dem Babes-Duell. Über viele Jahre hinweg sollten die Leser abstimmen, welche der zu wählenden Frauen - nein, nicht stärker oder cooler waren, sondern geiler die Brust entblößten.
Die Redaktion machte daraus keinen Hehl: Sie sprachen nicht von Vielseitigkeit oder Stärke oder Gewandheit, das ist nebensächlich bei weiblichen Figuren in Videospielen. Für die GameStar zählte nur das Aussehen und das Aussehen allein.
Bald schon setzte die GameStar-Redaktion derart erfolgreich jede noch so mutige Videospiel-Frau herab, dass die Programmierer vor ungefähr acht Jahren die eigene Übersichtsseite erneuerten. Für Babes-Duelle. Und Messe-Babes. Und Babes-Galerien. Kurz: für sexistische Scheiße.
Die GameStar befeuerte bereits damals eine toxische, zunehmend frauenfeindliche Community, die Entwicklerinnen und Spielerinnen belästigt, bedroht, schikaniert und zurück an den Herd wünscht. Schließlich sind auch Frauen im Rahmen von Spiele-Messen nur Objekte.
"Das haben die doch nur für die Klicks gemacht", mag man meinen. "Wirklich frauenfeindlich war damals niemand", heißt es. Das ist genau so falsch wie die Relativierung, die mit solchem Unfug einhergeht. Denn die GameStar-Redaktion hatte eine diebische Freude an Entwürdigungen:
In dem Artikel "Need for Speed: Babe-Historie - Scharfe Kurven, heiße Mädels" ist die Abscheu gegenüber Frauen deutlich zu spüren: Frauen wissen nichts über Rennspiele, Frauen sind Schuld am doofen Film, Frauen sind so "getuned" wie die Autos.
Zeitweise verkaufte die GameStar sogar einen Kalender mit "12 atmosphärischen Motiven", sprich: sexy Frauen, die für die allabendliche Masturbation schwer geeignet waren. Preis: 14,99. Misogynie als Geschäftsmodell, ok. Aber ja, klar: "20 Jahre erfolgreicher Games-Journalismus."
Das Geldverdienen nahm absurde Züge an: Die hauseigenen Grafiker verschönerten die Frauen mit Photoshop, damit sie "besser zur Geltung" kommen. So war es damals also: Wenn Pixelfrauen nicht hübsch genug waren, lusttropfte die Redaktion alles zurecht. Wie edel!
Und nein, die GameStar-Redakteure hassten nicht auf einer Nischenseite irgendwo in der hintersten Ecke. 2010 und 2011 waren die "Babes" prominent platziert auf der Startseite.
Ein bisschen Stolz war zwischenzeitlich auch dabei. Etwa dann, wenn die Berichterstattung über eine Spiele-Messe endet und die Redaktion sage und schreibe drei Babes-Artikel veröffentlicht hat. Puh! Erfolgreicher Games-Journalismus ist schon ein anstrengendes Geschäft.
Sogar ein bisschen schade findet die GameStar es, wenn es in Demoversionen von Videospielen keine Funktion zum BH-Klau gibt. So ein Mist aber auch!
Dieses "düstere" Kapitel in der GameStar-Geschichte ist übrigens noch nicht lang her. Und vor allem: Es ist noch lange nicht vergessen. 2011 beharrte die Redaktion auf die Nacktheit der Frauen aus The Witcher 2. Mit - wie auch sonst - einer Bildergalerie.
Und Mitte 2012 titelte die Redaktion: "Babes-Mods für Skyrim - Scharfe Rüstungen und knappe Bikinis". Die Frauen aus Skyrim dürfen sich freuen, denn die lebhafte Community versorgt sie - endlich! - mit knappen Oberteilen.
Was man im Sommer also machen kann? Klar, im schneebedeckten Skyrim zocken. Beim vierten Mal bockt das aber nicht mehr so, und natürlich kann nur eines das ändern: halbnackte Frauen. Im Schnee. Damit die Damenwelt von Skyrim ein bisschen geiler friert, ich meine: ausschaut.
Wenn zum Beispiel einige der Begleiterinnen "grobschlächtig" und "fies" daherkommen, ich mein, wie können sie es auch wagen?, dann verspricht euch die GameStar eine Verjüngungskur für die frauenähnlichen Skyrim-Monster.
Für Logik ist dabei kein Platz. Doch lasst es mich kurz versuchen: In der Spielwelt Skyrim ist es kalt. Immer. Dass die GameStar nun komplett humorlos eine Bikini-Modifikation empfiehlt, grenzt an Verblödung. Der Wille reicht weit, um Frauen die Pixel-Kleidung zu stibitzen.
Auch für leichte und schwere Rüstungen kennt die Redaktion eine Lösung: weniger Rüstung. Wohlgemerkt: Das geschah vor sechs Jahren. Sechs Jahre ist noch nicht allzu lange her. Besonders nicht in einer 20-jährigen Unternehmensgeschichte.
Viel beworbene Babes-Galerien waren "damals" Routine in der Spielepresse. Fast jedes Magazin veröffentlichte sie. Bis heute. Erst vergangenes Jahr setzte @gameswelt einen Haufen auf den Fortschritt, der zumindest teilweise stattfand: Einige Redaktionen verzichteten darauf.
Der vermeintliche Fortschritt kam zu spät. Auf GameStar.de sind die Folgen dieser jahrelangen Herabwürdigung von Frauen täglich im Kommentar-Bereich einsehbar: Frauen leiden wegen der Menstruation an Dummheit, Frauen sind hässlich, Frauen vergewaltigen den Krieg.
Solche Kommentare werden entweder gar nicht oder erst nach Tagen gelöscht. In einem Artikel über die Frauen-Vielfalt der Spielemesse E3, der im Plus-Abo verfügbar ist, quatschen die GameStar-Redakteur mit Usern, die rechte Kampfbegriffe nutzen.
Über gezielte Hasskampagnen gegen Entwicklerinnen berichtet die GameStar gar nicht erst. Es hat alles Methode: Die "elitäre" Männerbewegung der Gamer, die durch die offizielle Fachpresse in ihrer Frauenfeindlichkeit unterstützt wurde, ist nun valider Teil der GameStar-Community.
Es ist längst normal, unter einer News über Gleichberechtigung oder Diversität oder Frauenfeindlichkeit das Wort "Social Justice Warrior" zu lesen, im Einklang dazu die wortreichen Diffamierungen von Frauen und Transmenschen. Wahre Gamer haben Schwänze. Punkt.
Eine Aufarbeitung der Babes-Duell-Tage, eine Entschuldigung für einen Sexismus, den die Redaktion jahrelang gefördert hat, ist längst überfällig. Der Schaden ist bereits da, schon lange. Aber es ist nie zu spät für Demut.
Als größtes Spielemagazin in Deutschland ist jede Distanzierung von diesen Positionen, insbesondere den eigenen Widerwärtigkeiten aus der Vergangenheit, wichtig für jedes bisschen Glaubwürdigkeit. Oder ist das für die GameStar erst relevant, wenn sich jemand auszieht?
Wichtiger Nachtrag: Die GameStar-Redaktion hat alle "Babes-Duelle" offline genommen, die noch online waren. Der Skyrim-Artikel ist allerdings noch immer online, ebenso der Text über die Frauen in "Need for Speed".
Nachtrag 2: Die Artikel über Skyrim und Need for Speed sind ebenfalls nicht mehr online. Zusätzlich hat die GameStar ein kurzes Statement veröffentlicht:
Nachtrag 3 und eine überfällige Offenlegung: Ich war 2013 kurzzeitig Autor bei der GameStar. Und ja, damals habe ich das Problem ignoriert. Ich habe es toleriert, und ich war somit Teil des Problems. Mittlerweile arbeite ich nicht mehr als Games-Redakteur.
Bis heute lerne ich daraus. Schade ist, das man mir nun vielfach einen persönlichen Rachefeldzug vorwirft. Ich brauche keinen Rachefeldzug, um den Spielejournalismus zu kritisieren - fast täglich kann jeder, sofern er denn will, die Fehler der Branche beobachten.
Man darf meinen Stil doof finden, meine Unsachlichkeit kritisieren oder das Thema für überflüssig halten. Meine Artikel über den Spielejournalismus als Rachefeldzug und Profilierung zu bezeichnen, ist allerdings absurd.
Zumal ich hier nichts Neues erzähle. Auch Magazine wie Gamona oder Gameswelt befeuerten ein durch und durch toxisches Klima, diese Inhalte sind leicht auffindbar. Darüber schreibe ich, darüber ärgere ich mich. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
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