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Berit Glanz @beritmiriam
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Der Begriff "Narrativ" ist zwar in aller Munde ist, aber es gelingt den Kultur-/Literaturwissenschaften nur bedingt die zentralen Inhalte des "Narrative Turn" zu kommunizieren. Gerade bei Anlässen wie der Causa Rotelius wäre das jedoch hilfreich. #RelevanteLiteraturwissenschaft
Spätestens seit dem Narrative Turn ist es ein Allgemeinplatz, dass das Erzählen nicht nur etwas ist, was in ästhetischen Texten stattfindet, sondern ein grundlegender Modus menschlichen Weltzugangs.
Ob wir es Homo Narrans (Walter Fisher) oder storytelling-animal (Alasdair Macintyre) nennen; Hayden White oder Albrecht Koschorke heranziehen, die Wichtigkeit des Erzählens ist mannigfaltig kulturtheoretisch bearbeitet worden.
Einer Gründe zu erzählen ist die Komplexitätsreduktion (Nach Koschorke kann man auch aus genau gegenteiligem Grund erzählen, aber das würde hier den Rahmen sprengen).
Indem wir den Ereignissen eine Erzählstrutkur einflechten, Elemente weglassen oder anders anordnen, erwecken wir den Eindruck, dass die Dinge einen Sinn ergeben.
Und so produzieren wir den Sinn im Akt des Erzählens, ganz schön performativ das Ganze...
Walter Fisher unterscheidet übrigens das Narrative Paradigm: (Er sagt es so schön selbst, deswegen Screenshot)
Von dem Rational World Paradigm. (Quelle: Walter Fisher: "Narration as a Human Communication Paradigm. The Case of Public Moral Argument" – Sehr lesenswert!)
Mit dem New Journalism wurde im Journalismus das zuvor fest etablierte Rational World Paradigma als Schreibmodus zur Wiedergabe der Wirklichkeit vom Narrative Paradigm abgelöst, dabei wurde jedoch das Subjekt des Schreibenden, dessen Wahrnehmung, Gefühle & Gedanken stark betont.
Das Interessant an Rotelius ist nun, dass er das “Narrative Paradigm” im Journalismus letztlich erfolgreich bis zum Ende durchzieht, denn es geht nur noch um die überzeugende Story. Das ist natürlich ein Problem in einem Medium, das vorgibt dem Rational World Paradigm zu folgen.
Und dass dieses Medium das nur vorgibt, lässt sich ziemlich spitze an der Art und Weise analysieren, wie uns die Causa Rotelius präsentiert wurde.
Was ist nun der Ausweg aus diesem Erzähldilemma? Sicherlich keine Rückkehr zu Faktenpositivismus oder einem fetischisierten Rational World Paradigm. Ich würde vorschlagen, dass "Ich" und die Erzählposition des Schreibenden stärker zu betonen und mitzureflektieren.
Dann merkt man aber natürlich, dass uns meistens geniale weiße Männer die Welt erklären. Das ist natürlich langweilig und dieser impliziert männliche Blick ist auch ein klebriges Problem im Mackerjournalismus, der "ich" sagt, aber daran kann man ja arbeiten.
Das war's. Kulturtheorie bringt Spaß, lesen auch. Man kann dann fein mit Begriffen umherwerfen und manchmal sieht man sogar die Dinge etwas klarer.
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