Thread by @DEZi_Brb

#Dessau in den 90ern... ich weiß gar nicht, wie oft ich rennen musste... nicht nur einmal war ich zu langsam... zumal vor dem Neubaublock, in dem ich wohnte, eine Zeit lang eine Nazi-Clique rumlungerte. Da war jedes nach Hause kommen Glücksspiel.

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#Baseballschlägerjahre

Meist waren die Frauen das größte Problem. Die hatten kein Problem damit, Frauen in die Fresse zu hauen. Meine "persönliche" Nazi-Braut war Mandy (die hieß wirklich so). Total groß, kräftig, Reenie-Schnitt und grüne Bomberjacke. Brutal ohne Ende.

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#baseballschlaegerjahre

Eigentlich endete jedes Zusammentreffen mit Mandy mit Schlägen. Einmal wollte sie mich richtig verprügeln, hatte einen Schlagstock dabei, den sie auch kräftig eingesetzt hat. Mein Rücken war zwei Wochen blau und in der Schulter merke es noch heute.

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#baseballschlaegerjahre

Allerdings war das auch mein größter "Sieg" über Mandy. Ich konnte ich mich in die Straßenbahn retten. Ich hatte ein Ticket, sie nicht und es kam ein Kontrolleur, der sie auf die Straße setzte.

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#baseballschlaegerjahre

Nach diesem Vorfall habe ich Monate lang bestimmte Stadtviertel gemieden und Genoss*innen beschlossen, dass ich einige Monate täglich nach Hause begleitet wurde. Sie wartete regelmäßig, traute sich aber nicht ran, wenn ich nicht allein war.

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#baseballschlaegerjahre

Bei den heftigen Sachen hatte ich meist Glück. Als der Angriff auf einen Club war, in dem ich regelmäßig verkehrte, war ich schon zu Hause und beim Konzert ein paar Orte weiter, das von Nazis überfallen wurde, lag ich mit Grippe im Bett.

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#baseballschlaegerjahre

In meiner Erinnerung war am schlimmsten die Angst, die immer dabei war. Wenn was passiert ist, dann war es halt so. Aber die Angst, nicht zu wissen, ob man heil nach Hause kommt, die war immer da. Und es konnte jederzeit passieren.

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#baseballschlaegerjahre

Und dann die Geschichten, die hat es erwischt und den haben sie ins Krankenhaus geprügelt, in den Club kannst du nicht gehen, der ist von Nazis übernommen... besser wurde es erst, als wir feste Strukturen hatten... den Roten Keller und das AJZ

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#baseballschlaegerjahre

Ab da war der Heimweg zwar immer noch gefährlich, aber du wusstest, gemeinsam wehren wir jeden Nazi-Angriff ab.

(9) - Ende der Geschichte in Dessau

#baseballschlaegerjahre

Ende 1995 zog ich nach Magdeburg. Da war ich weniger in den Antifa-Strukturen und mehr in Partei-Strukturen unterwegs. Außerdem kannten mich die Nazis dort nicht. Dadurch war das Leben für mich dort leichter als in Dessau.

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#baseballschlaegerjahre

Allerdings war es auch da krass, was zumindest immer präsent war. Ne Zeit lang hatte ich einen Nazi auf dem Hals, der mich aus Dessau kannte. Der hat zwar nie was gemacht, hat mich aber regelrecht verfolgt. Stalking würde man das heute nennen.

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#baseballschlaegerjahre

Und dann wurde in der Nacht vom 7. zum 8. Februar 1997 Frank Böttcher ermordet. Er war bereits im Krankenhaus gewesen und berichtete dort, dass er von Nazis angepöbelt wurde. Danach traf er an der Straßenbahnhaltestelle erneut auf Nazis.

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#baseballschlaegerjahre

Sie traten ihm mehrfach gegen den Kopf und stachen sieben Mal mit einem Messer auf ihn ein. Er starb an dieser Straßenbahnhaltestelle. Später wurde ein Einzeltäter verhaftet, dieser Mord wurde nicht als politisch motiviert eingestuft.

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#baseballschlaegerjahre

Der Täter habe sich schließlich nur vom Aussehen des Punks gestört gefühlt. Kein politisches Motiv. Punkt.
Wir wussten, dass es kein Einzeltäter war, die (Mit-)Täter wurden nie ermittelt.

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#baseballschlaegerjahre

Eine Woche nach der Tat haben wir eine Nacht lang eine Mahnwache an der Haltestelle gehalten. Niemals werde ich diese Nacht, gemeinsam mit wenigen Genossen verbracht, vergessen. Und ja, wir hatten Angst, weil wir nicht wussten, was passiert.

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#baseballschlaegerjahre

Einige Monate später wurde Franks Bruder Peter von Nazis in seiner Wohnung überfallen. Ein Freund von ihm wurde schwer verletzt.
Der Gedenkstein für Frank wurde mehrmals geschändet und schließlich geklaut.

(16) - Ende

#baseballschlaegerjahre