Thread by @minlimarti

Sodeli, hier mal ein paar Basics zu journalistischem und politischem Anstand an einem aktuellen Beispiel aufgezeigt. Ein kleiner Rant:
Eine neue Nationalrätin tut etwas, was ihr rechtlich zusteht und im Übrigen auch überparteilich beschlossen ist.

Dummerweise drückt sie beim Versenden auf einen falschen Knopf und das Mail geht an alle statt nur an die Parlamentsdienste. Eine unbekannte Person (vermutlich ein Nationalrat oder eine Nationalrätin) sieht die Chance, hier ein politisches Süppchen zu kochen.

Sie schickt das Mail an nau.ch weiter (Der grösste Lump im ganzen Land...). Diese sind sich offensichtlich für nichts zu schade und veröffentlichen die Geschichte (Nationalräte: Alles böse Spesenritter usw). Immerhin: Den Namen veröffentlichen sie nicht.

Das ist der anonymen Quelle offenbar nicht genug. Schliesslich will sie nicht nur die Partei der Nationalrätin in die Pfanne hauen, sondern auch diese selbst! Die Quelle steckt das Mail also noch einem SVP-Kantonsrat (Nebenberuf: Twitter-Troll).

Dieser veröffentlicht auf Twitter neben dem besagten Mail auch noch die Telefonnummer und Mailadresse der Nationalrätin. Wegen der Transparenz natürlich. Die Hassmails und Anrufe sind da wohl nur ein Kollateralschaden. Ähä.

Das bemüssigt nachher Blick Online die Geschichte mit vollem Namen und Hinweis auf den SVP-Kantonsrat zu veröffentlichen. Und dann noch ein Nachzügli, weil uh Spesen und Politiker, das interessiert den Leser!

So und jetzt noch die Moral der Geschichte: Liebe Medien, es gibt noch so was wie journalistische Kriterien, Relevanz zum Beispiel. Hund beisst Mann = keine Geschichte, Mann beisst = Hund, hab ich mal so gelernt. Das heisst: Frau rechnet Spesen korrekt ab = keine Geschichte.

Frau bescheisst = Geschichte. Noch zur Politik: Man soll auch den politischen Gegner mit einem Mini-My Respekt behandeln. Dazu gehört es auch, ihm/ihr nicht einen Online-Mob auf den Hals zu hetzen. Und auch nicht anschwärzen, wenn jemand nix Unrechtes tut. Eigentlich einfach, ja?

P.S. Ich verzichte hier auf Namen und auf Links, um diese doofe Geschichte nicht auch noch weiter zu verbreiten.