1/x
Ein Beispiel für Abläufe im Gesundheitssystem aus Sicht einer Patientin [Thread]:

Patientin, w 63J, klagt über rezidivierende Kopfschmerzen & berichtet dies dem Hausarzt (HA).
HA schreibt Einweisung:
„Kopfschmerz nach 2x #AstraZeneca Impfung, zuletzt vor ca. 2 Wochen:
2/x
„Bitte um MRT Schädel + HWS & stationäre Abklärung.“

Pat. fährt am selben Tag (Fr) mit Einweisung in ZNA in FFM. Wird nach Hause geschickt. Soll sich am Mo vorstellen, da eine stat Aufnahme an einem Fr sinnlos sei, denn am Wochenende passiere ohnehin nichts bzgl Diagnostik.
3/x
Keine Anamnese od. Untersuchung. Pat. fährt nach Hause, stellt sich am Mo unter zwischenzeitlicher Eigenmedikation (Restbestände nach vergangener OP) wieder vor.
Wird abermals nach Hause geschickt, da solche Abklärungen stationär doch nicht mehr durchgeführt werden würden.
4/x
Sie möge irgendwo ambulant einen Termin für ein MRT vereinbaren & sich ggf mit den Bildern wiedervorstellen. Gern früher Wiedervorstellung, wenn Beschwerden schlimmer werden.
Anruf in mehreren radiologischen Praxen. Erster Termin in ca. 7 Wochen möglich. Aber nur Schädel.
5/x
Nicht gleichzeitig HWS. Dies ginge aus Gründen der Abrechnung nicht. Gern HWS im darauffolgenden Quartal.

Es folgen weitere unzählige Telefonate mit dem Hausarzt und seinen Fachkräften, radiologischen Praxen, neurologischen Abteilungen & ÄrztInnen.
6/x
Ergebnis: frustrierte Pat. entscheidet sich gegen jede Abklärung, da sie sich weder verstanden noch gesehen fühlt, die Hürden zu groß erscheinen, ihr Prioritäten nicht klar sind. Nun hofft sie einfach, dass „der Körper mit Hilfe von Novalgin allein damit zurecht kommt“.
7/x
Wie ging’s weiter?
Durch Zufall (& besser spät als nie) erfolgte Einschreiten „von außen“.
Kurzanamnese (10 Min):
Rezidivierende Kopfschmerzen bekannt, bisher klassischer sekundärer Kopfschmerz durch destruierte HWK (nativ radiol. diagnostiziert & Pat. seit Jahren bekannt).
8/x
Schmerzen nun genauso, allerdings hartnäckiger als früher.
Es folgen Aufklärung der Pat. (& Beruhigung), Erstellung & Erklärung Schmerzkonzept & wie wohl der weitere Fahrplan sein wird. Kurz bei Terminfindung Radiologie (MRT HWS ohne Schädel, weil ohne Indikation)
9/x
unterstützt & zufriedene Pat. mit gewissem Sicherheitsgefühl nach Hause geschickt.

Fazit:

1. Sowohl ÄrztInnen, aber insbesondere PatientInnen brauchen ein KONZEPT.

2. Gute #Anamnese & #Untersuchung sind noch immer ärztliches Handeln & meist richtungsweisend.
10/x
& das wird wohl auch zukünftig so bleiben. Hier wäre sehr früh klar geworden, wo das eigentliche Thema & die eigentlichen Sorgen der Patientin sind.

3. Das Schreiben einer Einweisung/Überweisung ist KEIN #Konzept. Es ersetzt auch keine #Aufklärung für Patient:innen.
11/x
Es ist nichts weiter als eine „kurze Nachricht“ an weiterbehandelnde Kolleg:innen.

4. Kernfrage ist nicht, weshalb PatientInnen bei ÄrztInnen im Falle einer Vorstellung „falsch“ sein könnten. Frage ist, was wir bei Konsultation wirklich tun können. Egal wo, egal bei wem.
12/x
Und WEITERLEITUNG an andere Kolleg:innen IST KEIN KONZEPT.

5. Manchmal ist es einfach der Blick über den Tellerrand (die eigentliche Fachrichtung) hinaus und eine konkrete & kommunikativ gute Bahnung des weiteren Procedere besser als jede Arznei.
13/x
Das Umdenken beginnt im Kopf & mir der Begrüßung:

„Guten Tag! Wir sind die ÄrztInnen. Und egal, was auch passieren mag: WIR SIND ZUSTÄNDIG UND WIR ERSTELLEN GEMEINSAM EIN KONZEPT.“
Und es spielen noch so viel mehr Aspekte in solche alltäglichen Geschichten ein, die eher die Regel als die Ausnahme sind.

Es meint ihr?

Still a long way to go!
#Digitalisierung #ambulanteBehandlung #stationäreBehandlung #FacharztNotfallmedizin
#Notfallmedizin
#KV

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2 May
#Netzfund des Tages.
Heute von unseren amerikanischen Freunden. 😁 Image
2/x Allein in D beklagen wir >83k Tote im Kontext mit #Covid19 trotz herausragender medizinischer Versorgung.
Weltweit, z.B. Indien, sehen wir dramatische Szenen, Leid & Tod durch #SarsCoV2.
Diese #Pandemie stellt uns alle gesellschaftlich vor eine unvergleichliche Zerreißprobe.
3/x Vermutlich gibt es kein Richtig & kein Falsch. Es gibt einfach Entscheidungen, die wir treffen, um das Beste aus dieser Situation zu machen. Aber das gemeinsame Ziel dieser Entscheidungen muss es doch sein, Maßnahmen zu ergreifen, die Leid lindern & Leben schützen.
Read 11 tweets
22 Nov 20
Thread.
#AusGruenden #einfachMedizin #intensivmedizin #notfallmedizin
In der Medizin geht’s nicht um die Behandelnden. Es geht nicht darum, was sie können, wollen oder für sich selbst wollen würden.
Es geht einzig & allein um 2 Dinge, & zwar auch ganz GENAU IN DIESER REIHENFOLGE:
1. Die MEDIZINISCHE INDIKATION unter Berücksichtigung ALLER medizin Aspekte.
Sowohl mgl kurative Ansätze als auch Symptomkontrolle, die IMMER (auch i d Chirurgie) EINE OPTION ist & aufgeklärt werden muss.

2. Das EINVERSTÄNDNIS der Pat. zu d Maßnahmen, d sich aus Punkt 1 ergeben.
Diese Tatsachte impliziert doch bitte, dass Ärzt:innen Gespräche nicht mit der Frage beginnen, was Pat. wollen!? Die Antwort ist doch klar! Unsere Pat. wollen berechtig & immer das Beste in Abwägung der medizin. Indikation. Sie wollen glücklich, gesund, angst- & schmerzfrei sein.
Read 10 tweets
18 Nov 20
Intensivkapazitäten für d. aktuelle Versorgung v. (#COVID19)-Pat. werden auf „verschiedenen Ebenen“ diskutiert. Statements, wie z.B. der Schweizerischen Fachgesellschaft für Intensivmed., werden nicht nur v. Fachexperten, sondern auch v. fachfremden Kritikern kommentiert. Thread:
Die teilw. auch ausgesprochen emotional geführte Diskussion möchte ich mit dieser einfachen Erklärung aus Sicht EINES Intensivmediziners etwas transparenter gestalten & danke in diesem Kontext @EckerleIsabella für d. mE richtigen Einschätzungen bzgl. d. Situation in d. Schweiz.
Eine hohe Auslastung auf Intensivstation (ICU) (s. icumonitoring.ch) in Zeiten d. #Pandemie beeindruckt mich als Intensivmediziner enorm. Und warum? Zunächst haben #COVID19 Pat. lange ICU-Verweildauern & damit besteht d. realistische Gefahr der raschen ICU-Auslastung. Image
Read 14 tweets
14 Nov 20
1/ Dieser Artikel enthält nich eine einzige neue Information & dennoch scheint es wichtig, d. Inhalt nochmals klarzustellen:
Unsere Intensiv beatmet bereits über Standardkapazität hinaus.
Der Anteil beatmungspflichtiger COVID-19 Pat. mit langen Verweildauern steigt stetig.
2/ Umliegende Zentren nehmen bereits jetzt nicht mehr auf. 2 Diskussionen dürfen nun nicht mit einander vermischt werden:
A) Umgang m. akuter Krisensituation macht Szenarien notwendig, d. sich niemand wünscht. Nämlich Akquise v Personal f. Intensiv, d. dort eigtl nicht arbeiten.
3/ Folge ist, dass weniger routiniertes Personal schwer kranke, beatmete Pat. (teilweise im Multiorganversagen) mitbehandeln. Das reduziert unweigerlich die Überlebenschancen & erklärt den dtl. Anstieg der Sterblichkeit, wenn Kapazitäten überlastet sind.
Read 5 tweets
9 Nov 20
Nach langer Überlegung hier ein Thread, d. einer Veranschaulichung & medizinischen Beschreibung f. Laien zu einigen wenigen TEILASPEKTEN von #COVID19 aus Sicht eines Intensivmediziners dienen soll:
Häufig wird #COVID-19 mit #Grippe (verursacht durch #Influenza Viren) verglichen.
Hier gibt's auf den ersten Blick ja auch einige Gemeinsamkeiten. Beides sind z.B. Viruserkrankungen & beide können zu (schweren) Lungenentzündung führen. Beide können tödlich enden, wobei „die Influenza“ für kleine Kinder & ältere Menschen besonders gefährlich ist,
während #SarsCoV2 v.a. f. ältere Menschen besonders gefährlich zu sein scheint.
Gibt aber auch wesentl. Unterschiede, d. sich herausstellen & #COVID19 erfahrenen Ärzt:innen auch klinisch auffallen. Inkubationszeit & Krankheitsentw. scheinen b. Influenza schneller & eindeutiger.
Read 22 tweets

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