Nein, die carbon border tax muss keinen Handelskonflikt auslösen!
Sie verschafft der EU keinen unlauteren Vorteil ggü Handelspartnern, sondern mindert bloß die Nachteile, die sich für die EU aus steigenden CO2-Preisen ergeben. Grund für Vergeltungszölle bietet sie nicht /Thread
- mal angenommen, in der EU läge der CO2-Preis bei 100 Euro/Tonne, aber in allen anderen Ländern bei 0.
(diese Zahlen dienen nur zur Veranschaulichung und sind nicht real!!!).
- Offensichtlich hätte die EU-Industrie jetzt ein Problem. /2
- Sie hat höhere Produktionskosten als ihre Wettbewerber aus 🇨🇳,🇺🇸,🇮🇳, ... und büßt global Marktanteile ein.
- Einige EU-Firmen werden ihre Produktion ganz ins Ausland verlagern, um CO2-Preise zu umgehen. Das ist das sog. (direkte) "carbon leakage" Problem. /3
- Tritt es auf, hat die EU-Klimapolitik erstmal bloß der heimischen Wirtschaft geschadet, hat Arbeitsplätze in 🇪🇺 gekostet, aber fürs Weltklima nichts erreicht.
- Denn die Emission gibt es immer noch, sie fallen jetzt bloß außerhalb der EU an (wo nun auch die Jobs sind). /4
- Um dieses Szenario abzumildern, gibt es die carbon border tax. Hierdurch werden Importe an der Grenze nachbepreist
- Für die Tonne Stahl, die in 🇨🇳 für den EU-Markt produziert wurde, fällt nun auch ein CO2-Preis von 100 Euro pro Tonne an. /5
- Aber wird 🇨🇳 das als Kampfansage verstehen und einen Handelskrieg anzetteln wie F. Merz sagt?
- Wohl kaum, denn 🇪🇺 hat die eigenen Firmen ja auch mit diesem Preis belegt. Die relativen Wettbewerbspositionen zwischen 🇪🇺 und🇨🇳 Firmen im 🇪🇺 Markt haben sich nicht verändert. /6
- In Drittmärkten stehen die 🇨🇳 Firmen nun sogar besser da, denn im Gegensatz zu ihren 🇪🇺 Konkurrenten müssen sie ja keine CO2-Preise zahlen, haben also geringere Kosten.* /7
(* - ob die EU Exporte vom CO2-Preis freistellt, steht in den Sternen).
Kurzum: andere Ländern haben keinen Grund, die europäische carbon border tax als Einladungsschreiben für einen Welthandelskrieg zu verstehen.
Eher profitieren sie vom 🇪🇺 Päckchen aus CO2-Preis und CBT. Deshalb wäre es ja auch so wichtig, wenn Europa das nicht alleine machen.../8
...sondern einen Klimaclub mit möglichst vielen anderen Ländern gründen würde; mit gemeinsamem CO2-Preis im Inneren und carbon border tax nach außen. Die Chancen dafür stehen derzeit gut
Verkürzte Ansagen wie die von Merz (CBT -> Handelskrieg) helfen dabei aber nicht weiter /END
PS: mein kurzer Thread kann natürlich nicht alle relevanten Aspekte der carbon border tax abdecken.
Wer mehr erfahren will, kann das Gutachten des Wiss. Beirats @BMWi_Bund lesen, der sich ebenfalls für eine CBT als Baustein eines Klimaclubs ausspricht.
PPS: Nun stellt sich heraus, dass die carbon border tax sogar explizit im CDU-Wahlprogramm steht
Das verstehe wer will - @_FriedrichMerz baut nicht nur ein inhaltlich verkürztes Argument auf, sondern stellt sich damit auch noch gegen seine eigene Partei
Generell ist es merkwürdig, dass ausgerechnet diejenigen, die sonst immer für einen „marktwirtschaftlichen Ansatz“ in der Klimapolitik (sprich: für CO2-Preise) werben, dann oft gegen die CBT sind.
Aber wie wollen sie Deindustrialisierung durch carbon leakage dann verhindern?
Auf den global einheitlichen und verbindlichen CO2-Preis - sprich: auf den St. Nimmerleinstag warten?
Ohne unilateralen Preis-cum-CBT wird man Klimapolitik über Subventionen und Ordnungsrecht machen müssen. Aber das ist den Herrschaften, schätze ich, dann auch wieder nicht recht
Natürlich ist mir bewusst, dass eine CBT in der Umsetzung schwierig und bürokratisch wird. Hier 👇🏻 werden einige Probleme benannt, im BMWi Gutachten auch.
Aber was hilft es? Niemand hat behauptet, dass der Kampf gegen den Klimawandel easy ist.
Und mir ist auch klar, dass das Instrumentarium Preis-cum-CBT umso effektiver greift, je größer der Klimaclub ist, der das einführt. Siehe oben.
Aber das ist unabhängig vom eigentlichen Argument meines Threads, nämlich dass es keinen Automatismus CBT->Handelskrieg gibt.
Conclusion: die carbon border tax ist in der Realität ein natürliches Element einer rationalen und marktwirtschaftlichen Klimapolitik und es wäre gut, wenn auch @_FriedrichMerz das begreifen würde. /End
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Eben ging der letzte Autogipfel dieser Legislatur zu Ende
Es ging u.a. darum, was mit den 1 Mrd. € des "Zukunftsfonds Autoindustrie" passieren soll
Als Co-Vorsitzender des Expertenausschuss habe ich der Kanzlerin folgende Empfehlungen überreicht /Thread
Zunächst: der Ausschuss hatte 12 Mitglieder aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften
Seit Januar 2021 haben wir mit zahlreichen Akteuren gesprochen, die von der Transformation der Autoindustrie betroffen sind, und daraus *einstimmig* unsere Förderempfehlungen abgeleitet. /2
Sie teilen sich in 3 (quantitativ etwa gleich starke) Säulen auf.
Hallo, ich bin Jens (45) und bin mit 31 Jahren W3-Prof für VWL geworden. Ich kenne das akademische up-or-out game (bzw. die upside) also ganz gut aus eigener Erfahrung.
Ich unterstütze das #IchbinHanna Anliegen und würde es gerne etwas einordnen. /Thread
Woher kommt die Vorstellung, dass wiss. Mitarbeiter Stellen für den Nachwuchs "verstopfen"?
Meine anekdotische Evidenz: Mein VWL-Studium begann im WS 1996/97 an der Uni Göttingen. Damals gab es noch recht viele Dauerstellen im Mittelbau, die den Professuren zugeordnet waren. /2
Schnell geriet ich an Akad. (Ober-)Räte Anfang 50, eingestellt in der 70er Bildungsexpansion, mit *null* Bock auf Lehre und entsprechendem Forschungsoutput.
Unmotivierte Beamte, die nur noch auf die Pension warten. Dienst nach Vorschrift. Vorlesung seit 20 Jahren unverändert. /3
Do robots destroy jobs and cause mass unemployment?
No, they don’t!
Happy to share that our paper
“The Adjustment of Labor Markets to Robots”
has been accepted for publication in the Journal of the European Economic Association.
Here’s a little thread about it. (1/18)
It’s been a long journey – starting in Sept. 2017, when we first published this widely read @VOXEU column (the older ones on #Econtwitter might still remember).
The paper received in media attention in >25 countries.
A personal highlight was my double interview @faznet with popstar philosopher Richard David Precht, where I argued that his claim – robots cause mass unemployment – is, well, not true. /3
Ich beginne mit einer Analogie. Reden wir zunächst über Löhne, statt über Zinsen.
Genauso wenig wie es "den Zins" gibt, gibt es auch nicht "den Lohn". Es gibt in einer Volkswirtschaft Millionen von Löhnen, die alle von zig (mikro- und makroökonomischen) Faktoren abhängen. /2
Diese Löhne ergeben sich zunächst mal - ganz natürlich - über Angebot und Nachfrage. Aber der Staat beeinflusst diese Preisbildung auf mannigfaltige Art und Weise, zB über Mindestlöhne, Arbeitsrecht usw.
Der Staat setzt ("macht") also keine Löhne, aber er beeinflusst sie. /3