In einem Interview mit der #WamS sagte #Taliban-Sprecher Zabiullah Mudschahid, dass die Deutschen „viel Gutes im Land getan [haben], schon zu Zeiten des [Königs]“. WELT ONLINE ergänzte dazu, damit sei die Zeit „vor etwa hundert Jahren“ gemeint. Worauf spielte Mudschahid an?
Im Jahr 1915 erreichte eine deutsch-osmanische Mission Kabul. Die Leiter der Mission, Oskar Niedermayer und Werner Otto von Hentig (siehe die Fotos), sollten den Emir von #Afghanistan überzeugen, auf der Seite der Mittelmächte in den Ersten Weltkrieg einzutreten.
Der Emir hielt die Deutschen jedoch hin und gewährte ihnen über Monate keine Audienz. Also beschäftigten sie sich anders: Sie nahmen an einer Militärparade teil, Niedermayer fertigte Pläne zur Reorganisation der afghanischen Armee an und gründete sogar eine Offiziersschule.
Als die Deutschen 1916 die Audienz bekamen, ließ der Emir sie abblitzen. Die Niedermayer-Hentig-Expedition war somit gescheitert. Sie ließen eine Kiste mit Expeditionsgut zurück, ernannten einen österreich-ungarischen Hauptmann zu ihrem Stellvertreter und reisten wieder ab.
3 Jahre später wurde der afgh. Emir ermordet & mit dessen Sohn Amanullah kam die von den Deutschen so genannte „Kriegspartei“ an die Regierung. Doch 1919 war der Erste Weltkrieg vorbei. Amanullah zog gegen #BritischIndien in den Krieg & erlangte die Unabhängigkeit Afghanistans.
Das unabhängige Afghanistan nahm sofort diplomatische Beziehungen mit #Persien, #Sowjetrussland und den beiden zentralasiatischen Staaten #Buchara und #Chiwa auf. Die Entsendung eines Diplomaten nach #China scheiterte zunächst.
1921 sandte Amanullah die so genannte Wali-Mission nach #Europa und Nordamerika. Über Sowjetrussland, #Lettland und #Polen erreichte diese die #WeimarerRepublik. Das @AuswaertigesAmt sandte von Hentig los, um die Afghanen zu begrüßen.
Missionsleiter Mohammad Wali Darwazi bat bei Gesprächen mit deutschen Vertretern um zivile und militärische Berater Deutschlands für Afghanistan – letzteres schloss der #VersaillerVertrag jedoch (offiziell) aus. Wali reiste in die #USA weiter und ließ seinen Neffen zurück.
Im Jahr 1921 hatte Afghanistan dementsprechend schon einen ersten diplomatischen Vertreter in #Berlin. Zwei Jahre später sandte Deutschland mit Fritz Grobba auch seinen ersten Gesandten in das Land. Als er ankam, empfingen ihn 19 Deutsche zu Pferde.
1924 eröffnete eine deutsche Oberrealschule in #Kabul und ab 1925 begann eine Firma mit dem Import deutscher Autos. Die neugegründete ‚Deutsch-Orientalische Handels A.G.‘ sollte den Handel zwischen beiden Ländern befördern.
Laut britischen Beobachtungen kamen immer mehr Deutsche nach Afghanistan. Angeblich lag der Lohn der Deutschen deutlich unter dem für Briten und Inder. 1925 hielten sich demnach 70 Deutsche im Land am Hindukusch auf.
Für den neuen Königspalast in der Planstadt Darulaman heuerte Amanullah den deutschen Architekten Walter Harten an. Er nahm sich bei seiner Konstruktion des Palastes den #Reichstag zum Vorbild. Hier ein Bild nach der Fertigstellung und vor der Zerstörung.
Der Henschel-Konzern aus #Kassel lieferte 1923 die erste Straßenbahn nach Afghanistan. Diese fuhr auf einer Strecke von 5 Meilen von Kabul nach Darulaman, welches heute schon zur afghanischen Hauptstadt gehört.
Die Stratil-Sauer-Affäre des Jahres 1925, die nach der (angeblich in Notwehr erfolgten) Tötung eines Afghanen durch den Geographen Gustav Stratil-Sauer hochkochte, trübte die deutsch-afghanischen Beziehungen auch nicht nachhaltig. 1926 erklärte sich dann Amanullah zum König.
1928 trat Amanullah eine große Reise an, welche über Britisch-Indien und #Ägypten nach Westeuropa führte. Als die Reisegruppe in Berlin eintraf, begrüßten circa 1.000 Muslime den afghanischen König, der zunächst in einem Auto mit Präsident #Hindenburg durch Berlin fuhr.
Neben Hindenburg traf sich Amanullah auch mit Reichskanzler Wilhelm Marx von der #Zentrumspartei und traf auch wieder auf von Hentig, den er schon aus den Jahren 1915/1916 gekannt haben dürfte.
Amanullah besichtigte die #AEG-Werke in #Oberschöneweide, in denen ein Saal nach ihm benannt wurde, & fuhr mit einer U-Bahn der @BVG_Unternehmen. Der so genannte Amanullah-Wagen blieb noch bis 1989 in Benutzung. Mehr zum Saal & der Bahn von @thruttig hier: thruttig.wordpress.com/2016/02/27/obe…
Außerdem besuchte der afghanische König den Hamburger Hafen, die #Junkers-Werke in #Dessau, die Leipziger Messe, die Zeiss-Ikon AG in #Dresden, die #Krupp- sowie die Kohlenberg-Werke in #Essen, das Autowerk #Opel in #Rüsselsheim und das Walchenseekraftwerk im südlichen #Bayern.
Afghanistan erhielt außerdem einen Kredit von der deutschen Regierung sowie ein Junkers-Flugzeug geschenkt. Zwei weitere Maschinen kaufte Amanullah gleich mit dazu und diese wurden von deutschen Piloten nach Kabul geflogen.
Zum Ende des Besuchs besuchte Amanullah die Wilhelmsdorfer Moschee, deren Fertigstellung das Auswärtige Amt kofinanziert hatte. Die Moschee ist die älteste bis heute bestehende Moschee des Landes.
Ende 1928 reiste Amanullah über die #Sowjetunion, die #Türkei und #Persien zurück. In seiner Heimat hatte schon der Bürgerkrieg begonnen und Anfang 1929 dankte er ab. Über den #KabulAirlift1929 wurden viele Deutsche daraufhin evakuiert.
Nach dem Bürgerkrieg spielten die Deutschen zunächst eine kleinere Rolle in der afghanischen Politik. Die deutsche Rolle wurde erst Mitte der 1930er Jahre wieder größer. Mehr zu der Zeit 1919 bis 1933 dann in meiner #Doktorarbeit. #PhDLife #Akademia #Dissertation
Zum Welt-Online-Artikel geht es hier entlang: welt.de/politik/auslan… Wer Links zu Literatur und Hinweise zu Quellen haben will, soll mir schreiben. #ZweitesTurnierDerSchatten #Kolonialismus #Neokolonialismus #ErsterWeltkrieg

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