»das Gericht sieht aus eigener Lebenserfahrung im Fenster putzen, und ich putze nicht gut Fenster, den Tatbestand der Sachbeschädigung als nicht gegeben an. … 1/
… Da das entfernen selbst mit Wasser und Tuch gehe recht leicht und es nicht vorstellbar ist, dass die Reinigung 4-5 Stunden gedauert haben könnte. Eine substantielle Veränderung der Fensterscheibe war nicht gegeben.«
Soviel zum Juristischen.
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Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sagte, sie habe nicht vor in Berufung zu gehen, aber am Schluss entscheidet das ihr Vorgesetzter Dr. Hader, der im #Jansenbrücke|nverfahren federführend ist.
Mein Anwalt und, soweit ich mich richtig erinnere, die Richterin gehen aber davon aus, dass Staatsanwalt Hader, für diese Lächerlichkeit in Berufung geht. Dabei stehen noch weitere Prozesse an, womit dieses Verfahren normalerweise in das Gesamtstrafmaß einfließen würde.
4/
Das Handeln der Staatsanwaltschaft oder des Staatsanwalts Hader ist ganz klar politisch motiviert.
5/
Nachdem die Staatsanwältin die Anklage verlesen hatte, durfte ich zu Wort kommen:
Unser Rechtssystem, so wird es z.B. von Seiten der Staatsanwaltschaft, aber auch von Gerichten, gerne dargestellt, fokussiert sich meist auf eine Einzelhandlung oder auch „Tat“ genannt. …
6/
… Das finde ich falsch.
Menschen oder das menschliche Leben an sich ist keine willkürliche Aneinanderreihung von isolierten Einzelhandlungen, von Taten, sondern Handlungen sind immer in einen Kontext eingebettet aus dem heraus sie überhaupt erst entstehen. …
7/
… Ohne Kontext gibt es auch keine Handlung. …
8/
… Deshalb möchte ich diesen Moment hier nutzen, um den Kontext der Einzelhandlung, weswegen wir heute hier sind, zu vermitteln.
Staatsanwaltschaft, aber auch Gerichte sehen es meist nicht gerne, wenn eine Gerichtsverhandlung politisiert wird. …
9/
… Doch wie die Schriftstellerin @sarahbosetti es so schön formulierte ist »Menschliches Handeln, sobald es andere Menschen mit einbezieht, immer politisch. […] Alles, alles, alles ist politisch.«
Auch diese Verhandlung hier. …
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… Das zeigt sich bereits an dem unverhältnismäßigen Aufwand, welchen das K14 (Polizei) in die „Aufklärung“ gesteckt hat, obwohl ich mich zu meiner Handlung sowohl in einem Statement auf Twitter, als auch direkt an der Glasscheibe mit meiner Unterschrift bekannt habe. …
11/
… Farbproben oder dergleichen waren unnötig, überzogen und eine reine Verschwendung von Steuergeldern.
…
12/
… Indem ich dazu stehe, was ich tue, grenze ich mich ganz bewusst von Straftätern oder „Kriminellen“ ab.
Doch kommen wir zum eigentlich Kontext. …
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… »Ich sage mal ganz ehrlich, diese schwarz gekleideten Inszenierungen bei verschiedenen Veranstaltungen von immer den gleichen Leuten erinnern mich an eine Zeit, die lange zurückliegt, und Gott sei Dank«, war Olaf #Scholz' Kommentar … 14/
Und nicht nur @Luisamneubauer sieht diese Aussage als Nazi-Vergleich. Der Demokratie- und Rechtsextremismusforscher Matthias Quent sagte zum @RND_de: »Mit einer historisch strengen Auslegung könnte man sagen, er hätte sich auf die Schwarzhemden Mussolinis bezogen und …
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… nicht auf die Sturmabteilung der Nationalsozialisten, aber das macht es auch nicht viel besser. Für jede andere historische Parallele fehlt mir die Fantasie.« …
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… Das sei »ein Diskursmuster, das sonst „Querdenker“, AfD, Klimaleugner oder Wladimir Putin pflegten« und »ist eines selbst ernannten ‚#Klimakanzler|s‘ nicht würdig.«, so Quent. …
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… Mich hatte das vor einem Jahr so wütend gemacht. Ich engagiere mich seit knapp drei Jahren dafür, dass meine beiden Kinder die Chance auf eine lebenswerte Zukunft haben, und nicht nur die, sondern alle Menschen, …
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… und dann bekommt man so was ins Gesicht geworfen von jemandem, der sich kurz zuvor noch „Klimakanzler“ nannte und es als Mitglied der #SPD viel, viel besser wissen müsste. …
20/
… Allein schon die Relativierung des NS-Regimes ist ein Skandal für sich und dann auch noch die Delegitimierung nicht nur von Klimaprotesten, sondern eigentlich von allen jungen und künftigen Generationen. …
21/
… Ein Recht auf eine lebenswerte Zukunft, auf Leben oder gar auf Überleben ist keine „Ideologie“. …
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… Das Wissen ist da. Es ist eindeutig.
Auch vom demokratischen Prozess her ist alles getan. Wir haben demokratische Völkerrechtsabkommen, wie das #ParisAgreement, und wir haben das #Grundgesetz. …
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… Aber statt entsprechend zu Handeln, gibt es im besten Fall leere Worte, heiße Luft, oder es kommt zu Scheindebatten über angebliche Mehrheiten, die wir doch bitte schön organisieren sollen. …
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… Es ist nicht unsere Aufgabe Mehrheiten für etwas zu organisieren, was bereits demokratisch beschlossen ist. …
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… »Wir wissen, dass das Ziel, die Obergrenze von 1,5 Grad [Erderhitzung] einzuhalten, richtig ist. Wir alle wissen das. Nicht nur eine Mehrheit in Deutschland, praktisch die ganze Menschheit. Deshalb hat es auch eine überwältigende Mehrheit in Paris beschlossen.« …
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… Zu sagen, dass wir »Mehrheiten für [die Umsetzung von] Dinge[n] […] benötigen, die demokratisch längst beschlossen sind«, ist nichts weiteres als ein »pseudodemokratische[r] Taschenspieler-Philosophie-Trickbetr[ug]«, der unsere Demokratie erodiert. …
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… Doch das ist der #Bundesregierung egal, denn sie hat überhaupt nicht vor irgendwelche Maschinen für den #Klimaschutz zu stoppen. …
29/
… Ganz im Gegenteil wurden letztes Jahr in Rekordzeit LNG-Terminals in der Nordsee hochgezogen. Warum das mit nachhaltigen, zukunftsfähigen erneuerbaren Energien nicht funktioniert, können selbst Experten nicht fassen. …
30/
… Dieses nicht-richtig-Handeln-Wollen bzw. absichtlich-falsch-Handeln, Hinauszögern des Handelns auf Zeitpunkte, an denen die aktuell amtierende Regierung keine Verantwortung mehr trägt, ist hochgradig #verantwortungslos. …
31/
… Ihm gehen die Menschen, die ihn immer wieder an seine Pflichten erinnern, dermaßen auf den Senkel, dass er eines der schlimmsten Dinge tut, die ein Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland machen kann: das NS-Regime relativieren …
33/
… und Menschen, die sich für eine lebenswerte Zukunft einsetzen zu unterstellen, irgendeiner Ideologie nachzueifern. …
34/
… »Für Menschenrechte und Toleranz einzustehen ist keine Ideologie und wenn doch, dann eine auf die wir uns endlich mal einigen sollten.« (@sarahbosetti) 35/
Vor dem Urteilsspruch hatte ich dann nochmal die Gelegenheit zu Wort zu kommen 👇
36/
In ihrem Lied „Have You Been To Jail For Justice“ singt Anne Feeney in einer Strophe
„Laws were made by people, and people can be wrong“
Das gilt auch für die Auslegung dieser Gesetze. … 37/
… Im Urteil des #Bundesverfassungsgericht|s (@BVerfG) vom März 2021 betonten die Richter*innen, dass »Art. 20 a GG [..] eine justiziable Rechtsnorm [ist]. Das gilt auch für das darin enthaltene #Klimaschutzgebot«. …
38/
… Eine juristische Einordnung dieses Urteils lieferte der Rechtswissenschaftler Stephan Breidenbach, der die Gesetzesentwicklung bei der Klimaschutzorganisation #GermanZero (@_GermanZero) leitet. …
39/
… Er sagte, dass wir »[d]ie Wucht dieser spektakulären Entscheidung […] in den kommenden Jahren erleben [werden]. Dieses Gerichtsurteil bindet alle staatlichen Organe. Dies nicht nur auf Ebene des Bundes, sondern auch der Länder und Kommunen und der gesamten Verwaltung. …
40/
… Unser Treibhausgas-Restbudget schrumpft jede Minute. Und je näher der Zeitpunkt rückt, an dem es aufgebraucht sein wird, desto bedeutsamer wird #Klimaschutz in Abwägung mit anderen verfassungsrechtlich verankerten Gütern werden. …
41/
… Es wird dazu kommen, dass #Klimaschutz andere Rechte überschreibt.« …
42/
… (Moulin, Margarete/David von Westphalen (2022: S. 103): Schreiben über die Klimakrise: Netzwerk Weitblick; Kostenloser Download: netzwerk-weitblick.org/schreiben-uebe…) …
43/
… Sie als Richterin, aber auch Sie als Staatsanwältin sind verpflichtet sich davon leiten zu lassen.
Sie haben die demokratische und moralische Verpflichtung sich für Gerechtigkeit und nicht nur für Ordnung auszusprechen. …
44/
… Meine allerletzten Worte in diesem Prozess sollen nicht meine, sondern die von Dr. King sein. Auch wenn der Hintergrund der Proteste der #CivilRightsMovement oberflächlich ein anderer war, ging es im Kern um #Gerechtigkeit, wie heute auch. …
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… Wie jedoch auf #Protest reagiert wird, sei es von der Bevölkerung oder, noch viel schlimmer, von der Regierung, hat sich in den letzten 60 Jahren erschreckenderweise nicht geändert, obwohl wir heute das Recht bereits vor unserem Protest auf unserer Seite hatten. …
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… »Ich bin fast zu dem bedauerlichen Schluss gekommen, dass der große Stolperstein […] der weiße Gemäßigte [ist], der der „Ordnung“ mehr zugetan ist als der Gerechtigkeit; der einen negativen Frieden, der die Abwesenheit von Spannungen bedeutet, … 47/
… einem positiven Frieden, der die Anwesenheit von Gerechtigkeit bedeutet, vorzieht; der ständig sagt: „Ich stimme mit Ihnen überein in dem Ziel, das Sie anstreben, aber ich kann nicht mit Ihren Methoden der direkten Aktion übereinstimmen.“ …
48/
… […]
Ich hatte gehofft, dass die weißen Gemäßigten verstehen würden, dass Recht und Ordnung dazu da sind, Gerechtigkeit herzustellen, …
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… und dass sie, wenn sie diesen Zweck nicht erfüllen, zu gefährlich strukturierten Dämmen werden, die den Fluss des sozialen #Fortschritt|s blockieren.« …
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Ich hoffe ihr fandet diesen Einblick in meine aktuelle Gedankenwelt bei diesem Gerichtsprozess interessant und inspirierend.
Ich freue mich immer sehr über Austausch, am besten natürlich direkt, oder auch per Video.
+++@spdde lässt Klimaaktivisten wegen "Ich bin kein Nazi"-Protest strafrechtlich verfolgen+++
Vergangenen Mai schrieb ich mit einem Stift die Zeilen "Ich bin KEIN NAZI" an die Glasscheibe der Eingangstüre der @spdnuernberg.
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Kurz zuvor verglich der selbst ernannte "Klimakanzler" @Bundeskanzler Olaf #Scholz auf dem #Katholikentag Klimaaktivist*innen mit #Nazis. Jetzt findet heute um 9 Uhr im Sitzungssaal 41 des Amtsgerichts Nürnberg die Hauptverhandlung wegen Sachbeschädigung statt.
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»Ich sage mal ganz ehrlich, diese schwarz gekleideten Inszenierungen bei verschiedenen Veranstaltungen von immer den gleichen Leuten erinnern mich an eine Zeit, die lange zurückliegt, und Gott sei Dank«, … 3/
#Pressemitteilung
+++Klimakleber gehen in Berufung: „Freispruch steht uns moralisch zu“+++
Nachdem sie am 25.01.2023 vor dem Amtsgericht #Nürnberg verurteilt wurden, gehen alle vier Aktivist*innen, die sich vergangenen Februar an die Ausfahrt #Jansenbrücke … 1/
des Frankenschnellwegs geklebt hatten, in Berufung. Die Aktivist*innen fordern den Freispruch, der ihnen moralisch und rechtlich zusteht. Der große Andrang von Unterstützer*innen am Gerichtstermin zeigte, dass die vier Angeklagten nicht alleine dastehen. 2/
Da das Urteil nicht mit der heutigen Realität der #Klimakatastrophe vereinbar ist, sind alle vier Aktivist*innen in Berufung gegangen. Sie können es nicht stehen lassen, dass ihr Verhalten als „verwerflich“ beurteilt wurde, denn verwerflich handelt unsere Regierung, … 3/
Während viele ärmer wurden, sich für die Wirtschaft mit Homeoffice und gleichzeitigem Distanzunterricht verrenkten, sich schlecht fühlen mussten, weil sie ihren Job über die Unversehrtheit ihrer Kinder stellen mussten,
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weil Kitas nicht geschlossen und Eltern nicht unterstützt wurden, wurden die reichsten ein riesiges Stück reicher!
Obendrein konnten sie es sich auch gut leisten, die Gesundheit ihrer Kinder ausreichend zu schützen.
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Gibt es eine Datenbank zu Präzedenzfällen aus 🇩🇪 und weltweit, bei denen (#Klimagerechtigkeit|s-)Aktivist*innen von zivilem Ungehorsam und/oder Straftaten freigesprochen wurden?#zivilerUngehorsam#Recht
Details zu dem Verfahren kommen von mir oder einer offizielleren Seite, sobald das mit den Anwälti abgeklärt ist 😉