#BDSM #Femdom #Missbrauch
Mein namenloser neuer Sub hat bis heute keinen Namen, weil ich bis heute das Gefühl hatte, keinen passenden zu finden.
Etwas hat gefehlt, etwas war... unklar.
Ich hab ja geahnt, dass er eine Geschichte hat.
Aus vielen Gründen.
1/
Andeutungen, Verhaltensweisen und vllt eine traurige, recht verlässlich gewordenen Menschenkenntnis im BDSM-Kontext, wenn es um Missbrauch geht.
Ich hatte immer schon ein Gespür für Menschen mit schwerer Vergangenheit - vielleicht weil man auf derselben Frequenz schwingt?
Dieses Gespür wurde irgendwie noch geschärft, seit ich in der Szene unterwegs bin und mich so viel mit dem Thema befasse und diesen intensiven Kontakt zu Menschen mit solchen Erfahrungen habe und mit ihnen arbeite.
Ich erwähne hier einmal mehr, dass ich keinesfalls ~
eine therapeutische Funktion übernehme oder auch nur behaupte, das zu tun. Mittlerweile glaube ich, meinen Platz einfach in einer Vermittlerrolle zu sehen, in einem Dreh- und Angelpunkt.
Ich bin Ansprechpartnerin, höre zu, gehe aber nicht in Tiefen und bohre nicht. ~
Aber wenn es um Missbrauch geht und zu dieser ohnehin unmöglichen Hürde, darüber zu sprechen, noch die Schwierigkeit des BDSM-Kontextes hinzukommt, dann ist der Gang zu einem Ansprechpartner, das sich-Hilfe-Suchen noch schwieriger, denn:
Woher weiß man vorher, ob man mit einem Gegenüber spricht, das offen für dieses Thema ist? Ich habe mehr als genug erlebt, was passiert, wenn das nicht der Fall ist. Wenn die, die Sicherheit geben sollen, es schlimmer machen.
Ich bin gern Ansprechpartnerin und nutze dann ~
..meine Reichweite oder auch offline-Kontakte, um dorthin zu leiten, wo ich weiß, es wird angemessen damit umgegangen.
Aber in dieser Situation ist ein erster Kontakt so verdammt wichtig, dem man überhaupt nur sagen kann, worum es geht - und von dem man 100% weiß, er ~
..reagiert angemessen.
Und mit diesem Kontakt wird dann ein Plan gemacht, eine Landkarte besprochen, ein Weg ausgetüftelt, der einen dann dorthin bringt, wo man die Hilfe bekommt, die man braucht und wo diese Hilfe eben auch geleistet werden kann und wird. ~
Anyway.
Ich sitze hier mit Tränen in den Augen, mein tatsächliches Weinen ist großteils vorüber. Mir ist noch immer schlecht und ich merke einmal mehr, dass ich mir - für mich - jemanden suchen muss, der mir hilft, mit solchen Dingen umzugehen.
Damit umzugehen, dass die ~
..Zahl an Menschen, denen Missbrauch im BDSM-Kontext widerfahren ist, so hoch ist, wie (und dessen bin ich mittlerweile sicher) niemand von uns auch nur ahnt.
Damit umzugehen, dass mir wieder und wieder Dinge erzählt werden, die ich gern wieder und wieder vergessen würde. ~
Ich hab den ganzen Abend über mit ihm geschrieben, Voicemails geschickt, eins führt zum anderen und er erzählt mir Dinge, die er so noch nie jemandem erzählt hat.
Dinge, die... Gott ich weiß nicht mal, ob ich das hier einfach so schreiben kann. Ob ihr das lesen wollt und ~
..ob ihr das aushalten möchtet.
Oder vielleicht bekomme ich es auch gerade einfach nur nicht hin, sie zu tippen.
Kürzlich schrieb ich noch von der "Melodie, die ich mit meinen Augen höre", wenn ich Buchstaben sehe, die beim Schreiben entstehen.
Ich will es nicht hören.~
Ich kanns gerade nicht. Ich kanns nicht tippen. Vielleicht ist es auch nicht mein Recht, sie zu tippen.
Dinge, die ich nie gehört habe, mir nie vorgestellt habe und die mich an der Menschheit so tief zweifeln lassen, dass ich es nicht in Worte fassen kann.
Er war 13.
~
Und was ich daran abgrundtief hasse, ist:
Wenn man darüber redet, werden so schnell die ersten Stimmen laut, die behaupten, dass BDSM ein Symptom von Missbrauch ist.
Dass Missbrauchsopfer sich missbrauchen und
Gewaltopfer sich schlagen lassen.
15/
Dann höre ich sogar von BDSMlern, von "alteingesessenen", Jahrzehnte lang in der Szene, es sei besser, diesbezüglich "den Ball flach zu halten" - denn die Stigmatisierung gegenüber BDSM werde ja noch schlimmer, wenn Leute erführen, was da passieren kann.
WAS IST DAS??? ~
Ich verabscheue das. Ich verabscheue jede Haltung, die gegen Kommunikation ist. Gegen Ehrlichkeit. Gegen die offene Möglichkeit, über Schwierigkeit zu sprechen.
Wie kann das der Weg sein, diese, SOLCHE Geschichten unter Verschluss zu halten, damit die Gesellschaft nicht ~
...NOCH BESCHISSENER mit Menschen umgeht, die unkonventionell leben und ihre eigenen Wege suchen?
Welcher Weg auch immer das sein soll, meiner ist es nicht.
Deshalb: Ich rede darüber
Ich rede darüber, dass Missbrauch in dieser Szene geschieht, massenhaft. ~
Ich rede darüber, dass Missbrauch im BDSM-Kontext KEIN Zeichen dafür ist, dass BDSM als solcher missbräuchlich ist.
Sondern ein Zeichen dafür, dass es einen Rahmen gibt, den die Gesellschaft, und damit WIR geschaffen haben, in welchem Missbrauch möglich ist. ~
NICHT über Risiken und Gefahren zu sprechen, wird der BDSM-Szene niemals den Ruf einbringen, dass nichts Schlechtes geschieht.
Sondern früher oder später dazu führen, das wir genau das sind:
Eine Szene, die nicht über Risiken und Gefahren spricht.
~
Ich bin müde, enttäuscht, wütend, traurig und... erschöpft.
Und ich habe heute keine kreative, tiefgehende, überraschende, rhetorische Idee für ein pathetisches Ende dieses viel zu langen Threads.
Das überlasse ich heute euch.