Ich traue mich seit Jahren nicht runter meine Familie zu besuchen. Weil mich das alles so aufwühlt. Erst seit der letzten WM und den Fragen meiner Tochter, fange ich an mich mit meiner Herkunft zu beschäftigen.
Ich ertrage den Nationalismus nicht, der sowohl in Teilen meiner serbischen als auch der kroatischen Familie vorhanden ist. Auch meinen verstorbenen Vater sehe ich in dem Punkt kritisch.
Ich traue mich nicht, meinen Cousin, der bei den Četniks war und Geschichten erzählt, wie er immer nur auf die Knie geschossen hat, zu fragen, was genau er getan hat.
Ich hab mit meiner bosnischen Freundin um ihren Verlobten geweint, auf den sie nach der Flucht in Sarajevo vergeblich wartete. Weil er in Srebrenica dem Massaker zum Opfer viel. Was sie mir erst nach Jahren der Freundschaft erzählte.
Ich bin in diesem Punkt so zerrissen und wund. Und hadere mit der Geschichte meiner Herkunft. Und dann kommt so was wie gestern. Und ich fasse es nicht. Ich bin sprachlos. Ich habe heute wieder weinen müssen. Es trifft mich. Die Ignoranz trifft mich.
Und dass dann Menschen wie Denis Scheck sagen, es sei ein Preis wider die Political correctness trifft mich.
Ich hab gestern gehört, Handke sei umstritten. Handke hat den Genozid an den Bosniaken relativiert, die Opfer verhöhnt und teilweise gar geleugnet. Und er hat dafür seine Reichweite als Autor gezielt genutzt
Dass er dennoch lediglich als "umstritten" wahr genommen wird, liegt daran, dass es eben "nur" um den Genozid an den Bosniaken geht.
Die Menschen sind eben doch nicht gleich. Manche sind gleicher und wichtiger. Und einem alten, cholerischen, weißen Mann wird gerne alles verziehen, weil man seine selbstverliebte, verschwurbelte Prosa so poetisch findet.
