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Ein paar Hinweise zur Interpretation der Daten zur #CoronaPandemie: Ich habe in Gesprächen der letzten Tagen festgestellt, dass uns eine ökonomische Ausbildung vielleicht doch mehr #dataliteracy beibringt, als wir glauben. Gedanken und Tipps zu populären Zahlen und Diagrammen📈:
1. Ländervergleich, z.B. @Tagesspiegel oder @fuecks. Wie @StatistaCharts schreibt sind das "bestätigte Fälle" und eben genau nicht tatsächliche Fälle.
Noch problematischer wird dieser Länder bei der @SZ . Hier sieht es - auch wegen der Farbgebung - so aus, als hätte der Iran die Ausbreitung abgebremst und alles im Griff und auch als würde sich die Lage in Italien verbessern. Kann sein - kann aber auch gut nicht sein.
Meine Vermutung: Die Testkapazitäten sind ausgeschöpft. Jedes Land kommt irgendwann an den Punkt, wo nicht mehr so viel getestet werden kann, wie man idealerweise möchte (da sind wir übrigens auch schon: zeit.de/wissen/gesundh…).
Die vermeintlich gute Nachricht einer flacheren Kurve kann dann in Wahrheit oft nur heißen, dass das System seine Kapazitäten überschritten hat.
2. Todesraten: Auch deren Analyse kann irreführend sein. Stattdessen spricht vieles dafür, dass Länder unterschiedlich testen bzw. testen können (und das wurde ja auch schon häufig berichtet). Bsp. @Tagesspiegel: Wenn das wirklich die "Zahl der Infizierten" wäre, hätte Italien
eine 20x höhere Letalitätsrate als Deutschland. Bei allen Unterschieden in Altersstruktur, medizinischer Ausstattung, etc. - das muss an der Dunkelziffer der nicht getesteten Infizierten liegen.

Also wirklich Vorsicht, wenn wir die Entwicklung zwischen Ländern vergleichen!
3. #flattenthecurve: Das ist Konsens und Grafiken dazu gibt es jede Menge. Wichtig dabei: Die y-Achse zeigt dabei häufig die Zahl der Neuinfektionen, Beispiel @derspiegel:
Bei den tatsächlichen Daten wird meines Eindrucks nach jedoch prominent vor allem über die Anzahl der gesamten Fälle berichtet. Diese Kurve kann aber niemals fallen. Das wird problematisch, wenn Menschen diese Diagramme mit den theoretischen Diagrammen vergleichen
und sich fragen, wann die Kurve fällt. Finde deshalb sehr gelungen, wie z.B. @zeitonline die Daten aufbereitet. Das Histogramm unten ist der bessere Proxy:
4. Kapazitätsgrenze des Gesundheitssystems: Darum geht es ja eigentlich bei #flattenthecurve. Dafür ist aber weder die kumulierte Fallzahl noch die Zahl der Neuinfektionen ideal, sondern eben die Zahl derer, die medizinische Hilfe benötigen.
Ein möglicher Proxy wäre die Zahl der zu einem Zeitpunkt Erkrankten (= kumulierte Fallzahl - Geheilte). Aber die Erfassung von Geheilten ist, wie das @rki_de offen zugibt, nicht Priorität und deren Zahl in Deutschland definitiv unterschätzt
- zum Glück, wenn man sich nochmal die @Tagesspiegel - Übersicht anschaut.

Tatsächlich sind wir mit den aktuellen Zahlen also gar nicht in der Lage präzise einzuschätzen, ob wir ein Abflachen der relevanten Kurve sehen.
5. Regionale und lokale Unterschiede: Nochmal, Vorsicht bei Ländervergleichen. Gesundheitssysteme sind weitgehend immobile Güter (von ein paar Krankentransporten abgesehen). Die Kapazitätsgrenze kann viel schneller erreicht sein, wenn sich Fälle lokal konzentrieren.
Deshalb kann selbst ein Vergleich pro 100.000 Einwohner eines Landes (@Tagesspiegel) irreführend sein. Während sich die Fälle in Deutschland ganz grob in etwa proportional zu den Einwohnern verteilen, sieht das in Italien ganz anders aus.
Eine Art regionales #flattenthecurve (zuerst gehört, glaube ich, bei @BachmannRudi & @christianbaye13) kann also selbst bei verhältnismäßig hohen gesamtdeutschen Zahlen die Auswirkungen abfedern.
Fazit: Ich finde es super, wie Medien verschiedenste Daten aufbereiten und zur Verfügung stellen.

Genauso wichtig ist aber auch, dass wir als Gesellschaft möglichst schnell lernen, sie richtig zu interpretieren und einzuordnen.
Bei Fachleuten mache ich mir da übrigens wenig Sorgen, um deren Belehrung geht es mir absolut nicht.

#COVID19 #COVIDー19 #Corona #econtwitter

Danke an @st_ti_
@zeitonline hat gestern sehr passend dazu eine grandiose Visualisierung online gestellt. Für die regionale Streuung der Pandemie ist hier nur die Farbe relevant, nicht die Größe der Kreise. Und klar, hier gibt es lokale Konzentration, aber für mich als Laien sieht das noch ok aus
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