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Am 7. April 1920 ist der Einmarsch der Regierungstruppen ins #Ruhrgebiet weitgehend abgeschlossen, einer der größten Massenmorde in Deutschland vor dem #Nationalsozialismus, ein Meilenstein auf dem Weg dahin.
Die Schilderung der Gräueltaten, die Reichswehr und Polizei während der Rückeroberung des Gebiets zwischen Lippe und Ruhr über Tage hinweg begehen, ist hart zu lesen. Sie sollen aber nicht vergessen sein.
Nach der Eroberung von #Dinslaken ziehen Reichswehr und Polizei unter Kabisch im weiteren Verlauf des 2. April weiter nach Walsum, Hamborn und Sterkrade (heutiges Stadtgebiet von #Duisburg und #Oberhausen), es kommt zu Rückzugsgefechten der Rotgardisten, die hohe Verluste haben.
Am Bahnhof Holten ergreifen die Okkupanten zwei Männer des Wachkommandos, zwingen sie ihr eigenes Grab zu schaufeln und erschießen sie.
Am 3. April verurteilt in #Recklinghausen das “Standgericht” des Freikorps Aulock im Rathaus vier Bergleute zum Tode.
Gietinger schreibt dazu: “Otto Ernst, Georg Engelmann, Emil Suhr und Ernst Brockhaus (zwischen 18 und 21 Jahre alt) trieb man unter Kolbenschlägen eines Unteroffizieres in den Stadtgarten ..."
"... Vor aller Augen, es waren auch Kinder darunter, musste der erste sein Grab ausheben, sich davor aufstellen und ‘Üb immer Treu und Redlichkeit’ singen. Während er sang, feuerten die Soldaten eine Salve ab, ‘er kippte in das Loch’. ..."
" ... Der nächste musste ihn dann zuschaufeln, sein eignes Grab ausheben und so fort. Am Ende ragten noch Füße und Hände aus dem Erdreich.”
In #Oberhausen müssen sich fünf Arbeiter am Altmarkt auf den Boden legen und erhalten Genickschüsse. Die Brigade Loewenfeld erschießt drei Mann der Wache des Bahnhofs #Bottrop-Nord, die nicht mehr fliehen können.
Bei anschließenden Hausdurchsuchungen wird auf Befehl des Kapitänleutnants Richard Mayrhofer (aus Kiel) der Bergmann Joseph Soyka vor den Augen seiner Frau getötet, danach die Zimmerleute Adolf Weber und Hans Ziemke, die von der Arbeit heimkamen.
Am Abend des 3. April lassen Reichswehrsoldaten in #Duisburg-Meiderich zwei Arbeiter bei einer Ziegelei exerzieren: “Links um, rechts um!” und “Marsch, Marsch!” Um sie dann zu erschießen.
In Duisburg-Beeck wird der Bergmann und Knappschaftsälteste Paul Langer, einer der Organisatoren der Arbeiterwehr, von der #Sicherheitspolizei verhaftet und auf einer Wiese nahe der Polizeiwache erschossen.
Andere Sipos bringen vier weitere Arbeiter in die gleiche Polizeistation, stellen drei von ihnen dort mit dem Gesicht zur Wand, während einer, der Bergarbeiter Paul Graf, mit einem Säbel geschlagen und dann draußen neben Langer erschossen wird.
Die drei anderen müssen die Leichen mit verbundenen Augen wegschaffen. Hinterher heißt es, sie wären “auf der Flucht erschossen” worden.
Es kommt zu zahllosen weiteren Misshandlungen und Erschießungen, kaum zu Kampfhandlungen. Die Rote Armee ist in panischem Rückzug begriffen, den sie stellenweise zu decken versucht.
Die meisten ihrer Kämpfer gehen zunächst davon aus, dass das Bielefelder “Abkommen” und der “Friede” von Münster noch gelten. Als klar wird, dass sie systematisch gebrochen werden und der konterrevolutionäre Terror um sich greift, bewaffnen sich manche wieder, so in #Essen.
#Duisburg will weiterkämpfen, doch am 3. April halten nur noch vereinzelte Gruppen von Rotgardisten den überlegenen Regierungstruppen stand, ...
... die ihre Angriffe mit massivem Artilleriebeschuss der Arbeiterhäuser vorbereiten, der oft schon Tote und Verletzte fordert, und dann in beschriebener Weise alles niedermachen.
Erhard Lucas schreibt: “Am schlimmsten wurde die Kolonie der Zeche Fritz in Altenessen getroffen; 16 Häuser wurden schwer, 296 leicht beschädigt, binnen zwei Stunden meldeten sich 83 obdachlos gewordene Familien bei einem Rotgardistenführer, ..."
"... sechs Koloniebewohner wurden getötet, zwei schwer verwundet. Eine Abordnung von Rotgardisten, die um eine vorübergehende Feuerpause bat, bekam von einem Rittmeister zu hören, die Truppe kenne kein Bielefelder Abkommen.“ (Märzrevolution, Bd.3, S. 322)
Der Düsseldorfer Vollzugsrat wendet sich mit einem Flugblatt an die Soldaten der Reichswehr: “Eure Führer wollen Kampf und Blutvergießen.” Dass im Ruhrgebiet Anarchie herrsche, sei gelogen. Die Gefangenen würden leben.
“Mit einzelnen Verbrechern, die die Unruhen zu ihren Gunsten ausnutzen wollen, werden wir selbst fertig. (…) Zwingt uns nicht zum Kampfe. Bleibt stehen, wo ihr steht. Verjagt die Lügner, die euch verführen. Wählt eure Führer selbst! (…)"
"... Wir wollen in Frieden mit euch leben. Soldaten! Kameraden! Schießt nicht auf Eure Brüder!” Doch anders als zu Beginn des Generalstreiks ist die Ansprache nicht mehr erfolgreich.
In #Bottrop kommt es zum letzten größeren Gefecht um die Arbeiterkolonie der Zeche Prosper III. Loewenfeld muss sich zunächst wegen heftigen Widerstands zurückziehen, es folgt Artilleriebeschuss mit Zeitzündergranaten auf die Wohnhäuser.
Gietinger: “Ein letztes Mal kamen Arbeiter zur Verstärkung mit der Tram angefahren und nahmen das Hakenkreuz-Freikorps unter Feuer. ..."
"... Eine weitere Abteilung der Stahlbehelmten ging unter Führung von Albert Leo Schlageter mit Artillerie, die in die Häuser schoss, von Osten gegen Bottrop vor. Doch auch der spätere Nazi-Held und Terrorist kam im Straßenkampf nicht durch. ..."
"... Loewenfeld gab den Befehl zum Rückzug und ließ nun mit allem, was er an Artillerie hatte, auf die Stadt schießen. Es gab unzählige Tote und Verwundete in der Bevölkerung, die teils nicht mehr identifiziert werden konnten. ..."
"... Mindestens 56 Menschen starben. Die Hakenkreuzler hatten 21 Tote.”
Am 5. April (#Ostermontag) werden #Mülheim, Oberhausen, Duisburg, Wanne und #Gelsenkirchen besetzt, Vorausabteilungen der Reichswehr erreichen #Dortmund, Castrop und Schwerte –
... in Dortmund zunächst württembergische Truppen unter General Haas, dann bayerische unter Oberst Franz Ritter von Epp, in Castrop zwei Kompanien von zeitfreiwilligen Studenten aus #Göttingen.
Nur an zwei Stellen findet die Reichswehr jetzt noch geringfügigen Widerstand: nördlich von Essen und in den nördlichen Arbeitervororten von Dortmund.
Am 6. April werden mindestens elf Arbeiter aus Essen und Mülheim, die ihre Waffen bereits Tage zuvor abgegeben hatten, nach “Standgerichten” des Freikorps Roßbach erschossen und verstümmelt.
Am gleichen Tag bezeichnet das #SPD-Zentralorgan „Vorwärts“ das Vorgehen der Regierungstruppen als „Polizeiaktion“.
Ebenfalls an diesem Tag besetzen französische Truppen als Reaktion auf die Verletzung der neutralen Zone durch die Reichswehr wie angedroht #Frankfurt, #Hanau, #Darmstadt und #Homburg
der Vormarsch ins Ruhrgebiet wird jedoch nicht gestoppt, immer noch ist es der Regierung wichtiger, die Arbeiter zusammenschießen zu lassen, als einen neuen Krieg mit #Frankreich zu vermeiden.
Zu Beginn der Eroberung von #Essen werden im Vorort Borbeck zwei Mitglieder einer Sicherheitswehr trotz ihrer weißen Armbinden mit Stempel der Stadt Essen von der einrückenden Loewenfeld-Brigade erschossen, ...
... Bergarbeiter, die sich als Ordnungsdienst zur Verfügung stellen wollten, “obwohl bekannt war, was waffentragende Arbeiter zu befürchten hatten” (Lucas).
Mit der Besetzung von Essen am 7. April ist der Einmarsch nördlich der Ruhr weitgehend abgeschlossen – #Bochum wird erst am 15., #Witten am 19. April besetzt – Morde und Misshandlungen gehen bis in den Mai weiter.
Vergewaltigungen bleiben, soweit wir wissen, die Ausnahme, da die Einmarschierenden die Sanitäterinnen und Kartoffelschälerinnen, die sie ergreifen können, sogar ohne “Standgericht” gleich zu “vernichten” suchen (also ermorden und oft verstümmeln), ...
... weil sie sich von diesen “bewaffneten roten Huren” in ihrer soldatisch-frühfaschistischen Männlichkeit zusätzlich bedroht sehen.
Belegte Ausnahmen sind die Krankenschwester Wilhelmine Güllekes, die als Gefangene von 11 Soldaten über Stunden vergewaltigt wird, und Maria Lippert, die man “nur” verdächtigt, Krankenschwester gewesen zu sein.
Sie wird noch am 27. April von einer Betschwester denunziert, ins Rathaus Bottrop geschafft, wo ihr die Kleider vom Leib gerissen werden ...
... und sie von den Soldaten Adler, Pokorski und anderen mit Gummiknüppeln und Handgranaten geschlagen, von Sergeant Adler vergewaltigt und mit dem Gummiknüppel traktiert wird.
Adler wird später verurteilt, kann aber fliehen. Maria Lippert wird schwer verletzt und bleibt erwerbsunfähig, ihre Entschädigungsklage wird mehrfach und in letzter Instanz abgewiesen.
Die allermeisten Morde werden nicht verfolgt, Verfahren werden eingestellt und wo nicht, gibt es geringe Strafen. Den überlebenden Rotgardisten und Rotkreuz-Frauen blühen hingegen Kriegsgerichte, es hagelt hohe Zuchthausstrafen.
Insgesamt fordern die Kämpfe ums Ruhrgebiet etwa 1.000 bis 1.500 Tote, wobei fast alle auf der Seite der Reichswehr bei Gefechten sterben, der Großteil auf der anderen Seite durch Erschießungen und Terror.
Es gab im Einzugsbereich der Roten Ruhrarmee “Eigentumsdelikte” und Gewaltanwendung, schreibt Eliasberg, “nicht aber systematische Erschießungen oder Hinrichtungen”.
2.000 bis 3.000 rote Kämpfer fliehen nach #Köln, südlich der Ruhr flüchten 15.000 Menschen vor der Reichswehr ins noch unbesetzte Bergische Land (Barmen-Elberfeld, Hagen).
Nördlich der Ruhr herrscht nun de facto Militärdiktatur. Es kommt zu antisemitischen Angriffen besonders auf jüdische Kaufleute durch die Freikorps, Hakenkreuze werden auf Häuser und Geschäfte gemalt, jüdische Kinder werden beschimpft, ...
... Soldaten geben an, es sei ihnen verboten, bei Juden zu kaufen und sie wären hier, um Juden und Kommunisten auszurotten.
Julius Wagner aus Essen, so Gietinger, “wird in Düsseldorf verhaftet, kommt vor den berüchtigten Gerichtsoffizier des Freikorps Roßbach, Leutnant Linzemeier, der ihn mit ‘auch Jude’ begrüßt. ‘Jawohl, Herr Leutnant’, antwortet Wagner. ..."
"... Linzemeier gab seiner Ansicht nun freien Lauf: ‘Dieses Saupack müßte herausgeholt werden aus den Häusern und stückweise erschossen werden.’ Sie seien ‘die allein Schuldigen, die den Krieg und die spartakistischen Unruhen hervorgerufen haben'”. Wagner entkommt durch Glück.
Aus dem Freikorps Roßbach gehen viele #Nazis hervor, so der spätere Reichsleiter der NSDAP Martin Bormann und Rudolf Höss, SS-Obersturmbannführer und Kommandant des Vernichtungslagers Auschwitz.
Mit der Eroberung des Ruhrgebiets bricht der Widerstand gegen die Reichswehr und damit gegen die Putschtruppen insgesamt zusammen, nur im #Vogtland halten die Rotgardisten um Max Hoelz in der Hoffnung auf weitere Verstärkung aus #Sachsen und den umliegenden Regionen noch aus.
Hunderte Arbeiter waren bereits nach #Falkenstein gekommen, das als letzte bewaffnete rote Bastion galt. Obwohl sie überzeugt sind, mit ihren Aktionen im Sinne der KPD zu handeln, ...
... fordern am 4. April 1920 Beauftragte der KPD-Bezirksleitung #Erzgebirge-Vogtland Hoelz auf, den geordneten Rückzug einzuleiten. Als der Rote Vollzugsausschuss in Falkenstein das ablehnt, wird Hoelz am 6. April aus der KPD ausgeschlossen:
“Die Bezirkskonferenz der K.P.D. Erzgebirge-Vogtland lehnt den primitiven Kommunismus, der im Vogtland unter Führung von Hölz sich auftut, als überwundenen, den gegenwärtigen Machtverhältnissen des Kapitalismus nicht entsprechend, ab. (…) "
"... Die Taten des Hölz sind nicht die Folge großer revolutionärer Kraft des Vogtländischen und Erzgebirge-Proletariats, sondern im Gegenteil, ein Zeichen der revolutionären Ohnmacht. (…) "
"... Es hat keinen Sinn, im Vogtland eine rote Armee zu organisieren, dieweil im übrigen Deutschland sich die Abwürgung der Ruhrbergleute ohne ernste Gegenwehr vollzieht.” (Bereits im November 1920 wird die KPD Hoelz wieder aufnehmen.)
Hoelz und die wenige hundert Mann starke Rote Garde sehen die Sinnlosigkeit eines bewaffneten Kampfes gegen die zahlenmäßig wie waffentechnisch weit überlegene Reichswehr und versuchen sie mit immer krasseren Drohungen (Zerstörung von Betrieben und Villen) abzuschrecken.
Anfang April erklären sie für “die revolutionäre Arbeiterschaft des Vogtlandes und der angrenzenden Gebietsteile” ...
... sowie für die KPD-Ortsgruppen Falkenstein, Grünbach, Ellefeld, Auerbach, Hinterhain, Lengenfeld, Klingenthal, Oelsnitz, Adorf, Zeulenroda, Gera, Greiz, Reichenbach, Ruppertsgrün, Crimmitschau, Werdau, Schönfels, Zwickau, Niederplanitz, Oberplanitz, Oberhohndorf, Crossen, ...
... Thalheim, Oelsnitz i. Erzgeb., Ortmannsdorf, Heinrichsort, Lößnitz, Aue, Schlema: “Im Vogtland ist weder die Räteregierung ausgerufen, noch ist irgendwie die Staatsform (politisch und wirtschaftlich) angetastet worden. ..."
"... Wo irgendwelche Eingriffe geschehen sind, sind diese Produkte des Kampfes, der mit der Proklamation des Generalstreiks von seiten der gefährdeten konstitutionellen Reichsregierung eingeleitet wurde ..."
"... oder waren sie notwendig aus Gründen der schreienden Not und der furchtbaren sozialen Ungerechtigkeit, die das gesellschaftliche Leben heute aufweist. ..."
"... Im übrigen aber ist im Vogtland nur geschehen, was allenthalben im Reiche angesichts der drohenden reaktionären Gefahr notwendig war, ..."
"... die Bourgeoisie und das Bauerntum, die in einer Weise bewaffnet waren, daß der Arbeiterschaft erst heute die Größe der Gefahr recht zu Bewußtsein kommt, sind entwaffnet worden und die Waffen sind in Händen der Arbeiter. ..."
"... Und diese Waffen wird die revolutionäre Arbeiterschaft des Vogtlandes freiwillig nicht wieder aus den Händen geben. Wir wissen, und der Aufruf der sächsischen Regierung läßt es deutlich erkennen, daß der Wille vorhanden ist, der Arbeiterschaft die Waffen zu entwinden. ..."
"... Das bedeutet, daß man den alten gefährlichen Zustand wieder herstellen will, bedeutet, daß man die Arbeiterschaft rettungslos dem Wüten der Reaktion, Mord und Tod, dem weißen Terror, preisgeben will.”
Sie drohen mit Attentaten “auf die Spitzen der deutschen Bourgeoisie, wie auf diejenigen bekannten Führer in der deutschen Arbeiterbewegung, deren Verrat offen bekannt wird.”
Und weiter: “Man hat uns gelehrt, daß die Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln (Erfurter Programm) Voraussetzung sei für den Aufbau der sozialistischen Ordnung, ..."
"... man hat uns gelehrt, daß die Befreiung der Arbeiterklasse nur das Werk der Arbeiterklasse selbst sein kann und man will nun wieder uns die Waffen entreißen, um sie denen zu geben, die die Befreiung der Arbeiterklasse, unser alleiniges Ziel, nicht wollen können. ..."
"... Wir leiden seit Monaten, seit Jahren ungeheuer und wir sind nicht mehr imstande, all die vielen Zumutungen zu ertragen, ohne seelisch zu zerbrechen. ..."
"... Wir warten sehnenden Herzens auf den welterlösenden Sozialismus, wir kämpfen für ihn, für nichts anderes, und wenn man uns den Glauben an den Sozialismus aus den Herzen reißen will, dann allerdings soll man Reichswehrtruppen schicken, ..."
"... dann werden wir ausgehungerten, ausgemergelten vogtländischen Arbeiter den einzigen Weg gehen, der uns zu gehen übrig bleibt, den Weg in den Tod!”
Um aussichtslose Kämpfe und Blutvergießen zu vermeiden, jedoch auch, um sich als bewaffnete Macht zu erhalten, wird sich die Rote Garde am 11. April schließlich doch in Richtung Klingenthal zurückziehen und auf der ČSR-Seite in Gefangenschaft gehen.
Hoelz selbst wird wegen verbotenen Waffenbesitzes verurteilt und vier Monate im Zuchthaus eingesperrt.
Unterdessen können sich die Hauptakteure des Putsches, soweit sie überhaupt belangt werden, größtenteils ins benachbarte Ausland oder nach #Bayern absetzen, ...
... wo mit ihrer willkommenen Verstärkung die “Ordnungszelle” als faschistischer Modellstaat den #Nationalsozialismus zur putschfähigen Bewegung aufbauen wird.
Gietinger resümiert: “Die Folgen des Kapp-Putsches waren letztlich fatal. Nicht nur wurde den Forderungen der Putschisten nachgegeben: Neuwahlen und Volkswahl des Reichspräsidenten, auch der Antisemitismus nahm zu, die völkischen Parteien gewannen Stimmen, ..."
"... die Spaltung der Arbeiterbewegung wurde endgültig zementiert.” Die USPD ist nun fast genauso stark wie die SPD, in den umkämpften Gebieten und in Berlin weitaus stärker – bis ihr größerer linker Teil sich im Herbst 1920 der KPD anschließt.
Die wiederum verliert erstmal einen großen Teil ihrer proletarischen Basis, als sich am 4. April in Berlin aus Unzufriedenheit mit dem “reformistischen” und zentralistischen Kurs der Partei die KAPD (Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands) gründet, ...
... die bis Herbst die größere von beiden bleibt und statt auf Parlament und Gewerkschaften auf Betriebsorganisation (Allgemeine Arbeiter-Union, AAU) und Revolution orientiert.
Größer als beide ist in den Monaten nach den Kämpfen im Ruhrgebiet vor allem dort die syndikalistische Gewerkschaft FAUD, der mit dem Wegbrechen der Roten Ruhrarmee jedoch die Durchsetzungsmittel für ihre “Sozialisierung von unten” fehlen.
Gietinger weiter: “Die SPD verlor ab Juni 1920 die Kanzlerschaft – mit Ausnahme eines Intermezzos 1928-30 – bis zum Ende der Republik 1933, als der deutsche Faschismus siegte. ..."
"... Und die Weimarer Koalition verschwand für alle Zeit aus der Geschichte. Nicht vergessen: Auch wenn der Faschismus 1920 noch nicht gesiegt hatte, die meisten Freikorpsmänner wurden später Nazis.”
Doch “im Osten Deutschlands, in den Vororten von Berlin, in Mecklenburg, Sachsen, in Mitteldeutschland, in Thüringen und im rheinisch-westfälischen Industriegebiet, im Kohlenpott, hatten Arbeiter spontan zu den Waffen gegriffen. ..."
"... Vorausgegangen war der gigantischste Generalstreik in der deutschen Geschichte. Auch der entwickelte sich zuerst spontan und örtlich (…) "
"... Vorderhand belegte der Kapp-Putsch, dass breite Volksschichten zu den erreichten demokratisch-revolutionären Errungenschaften standen, ja sie sogar mit einem Generalstreik verteidigten.”
Insgesamt kommen während der Kämpfe nach dem Kapp-Putsch etwa 2.600 bis 3.000 Menschen ums Leben, etwa 2.500 Tote waren vorher seit Beginn der offenen Konterrevolution ab 1919 zu beklagen gewesen.
Von der traumatisierenden und insgesamt verheerenden Wirkung dieses Terrors wird sich die revolutionäre Arbeiterbewegung in Deutschland nicht wieder erholen, ...
... auch wenn sie weitere Versuche unternehmen wird, die Zerschlagung der konterrevolutionären Kräfte und die Sozialisierung der Produktionsmittel doch noch durchzusetzen.
*** Das Bild oben zeigt einen ermordeten Rotgardisten und zwei Freikorps-Offiziere, vermutlich nahe Wesel - entnommen: Klaus Gietinger, Kapp-Putsch (2020)
schmetterling-verlag.de/page-5_isbn-3-…

Alle Postings zu Revolution und Konterrevolution vor hundert Jahren: classless.org/contact/%e2%96…
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