Ähnlich wie das Konzept der Zahl Null für die Entwicklung der Mathematik von größter Bedeutung ist, ist es auch das Konzept der Unendlichkeit. Aber keine Sorge, wir benötigen hier
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nur ein sehr rudimentäres Verständnis von Unendlichkeit. Unendlich ist erst einmal ein Wort für „sehr sehr viel“, genauer für Anzahlen, die sehr viel größer sind, als alle anderen Anzahlen, die im Spiel sind. In D leben N = 83 Millionen Menschen. Ein einzelner Infizierter
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ist also gerade mal 0,12*10^(-7) = 0,000000012 davon. Das ist eine sehr kleine Zahl. Epidemiologische Modelle beruhen darauf, dass die Änderungen dN der Anzahl kranker Menschen sehr klein gegenüber der Gesamtzahl N an Menschen sind. Denn dann kann man dN/N als so klein
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annehmen, dass es sich wie eine kontinuierliche Größe verhält, und die Epidemiologen das mathematische Wissen der Infinitesimalrechnung nutzen können. Sie stellen Differentialgleichungen auf und lösen sie. Sie entwickeln Szenarien, die sie euch Politiker*innen vorstellen.
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Diese Szenarien habt ihr so gut wie nie ernst genommen, ihr habt in euren Entscheidungen die aus diesen Szenarien erwachsenden Konsequenzen oft ignoriert, ihr habt zugelassen, dass die Änderung der Zahl dG gestorbener Menschen pro Tag seit anderthalb Jahren keine
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kleine Zahl mehr ist, und ihr habt stattdessen störrisch an Memen festgehalten, für die es keinerlei wissenschaftliche Evidenz gibt:
- dass die Krankheit für die meisten harmlos ist
- dass Kinder die Krankheit kaum bekommen
- dass Kinder die Krankheit kaum weitergeben
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- dass Immunität durch Infektion besser als die durch Impfung ist
- dass das Immunsystem durch Infektionen trainiert werden muss
- dass Geimpfte so gut wie nicht ansteckend sind
- dass Genesene immun sind
- usw
(vielleicht sind nicht alle Meme bewusst, aber dennoch wirksam)
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Und vor allem glaubt ihr unbeirrt einfach daran, dass dieses Virus, das ja angeblich sowieso so harmlos wie eine Grippe sei, einfach von allein harmloser werden wird. So dass dann bald alles einfach wieder so wir früher sein kann.
Nein.
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Eure Entscheidungen, und vor allem euer Nichtstun, haben vor allem eines erreicht:
Das Virus zirkuliert kaum gebremst und hat, im Vergleich zu allen anderen Zahlen im Spiel, UNENDLICH viele Möglichkeiten, zu mutieren, Immunität zu umgehen, Menschen erneut zu infizieren.
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Die sogenannte endemische Situation, die so viele so sehr herbeisehnen, erreichen wir auf die denkbar ungünstigste Art und Weise. Mit gigantischen Inzidenzen, ohne Aussicht darauf, dem Virus per Impfung tatsächlich einmal voraus zu sein, und der realen Gefahr,
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dass wir mehrere Generationen der Bevölkerung haben werden, die zu einem erschreckend hohen Anteil an Spätfolgen leiden und/oder vorzeitig versterben werden. In unseren hoch spezialisierten Gesellschaften wäre der permanente Ausfall von nur 1 bis 2 % der workforce fatal.
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Aber es soll nicht nur gemeckert werden. Hier also konkrete Vorschläge, wie ihr in der Politik die Herausforderung der Konfrontation mit dem Unendlichen angehen solltet:
Ja, das Virus geht nicht mehr weg. Das wird eine UNENDLICHE Geschichte. Handelt entsprechend!
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Solche Viren werden wir zunehmend häufiger bekommen. Pandemische Zeiten werden das neue Normal sein. Auch dafür euch allen, die ihr nichts gegen die längst im Gang befindliche Klimakrise getan habt und immer noch nicht tut, ein herzliches Dankeschön. Handelt entsprechend!
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Wenn wir also vermeiden wollen, dass wir für lange Zeit (UNENDLICH lange im Vergleich zur Dauer eurer politischen Karrieren) in Verhältnisse nicht unähnlich den Zeiten der großen Pestwellen zurückfallen, muss man jetzt vorausschauend handeln und Weichen stellen.
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Die Pest ist nicht ausgerottet, aber sie spielt in unseren Ländern keine große Rolle, weil unsere Hygienestandards das verhindern. Was diese Pandemie lehrt, ist, dass vor allem Krankheitserreger, die über Aerosole übertragbar sind, für unsere Gesellschaften schwierig sind.
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Wir müssen also langfristig Hygienestandards entwickeln, die auch gegen Krankheitserreger schützen, die über Aerosole übertragen werden.
Politisch müssen die Weichen gestellt werden, dass Luft in Innenräumen grundsätzlich überwacht und gereinigt wird. Überall.
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So, wie es heute normal ist, dass Innenräume im allgemeinen beheizbar sind, so muss es normal werden, dass Innenräume, und zwar alle, mit Filteranlagen und CO2-Monitoren ausgestattet sind. Auch Verkehrsmittel! So, wie Heizungsanlagen periodisch überwacht werden,
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müssen auch diese Anlagen periodisch überwacht werden, so dass sichergestellt ist, dass sie ausreichend gut funktionieren.
Gesellschaftlich muss das Tragen von Masken, insbesondere zur „Erkältungssaison“ ähnlich zu asiatischen Ländern normale Höflichkeitsetikette werden.
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Weitere Höflichkeitsetiketten sind denkbar, wie z.B. beim gemeinsamen Essen nicht zu sprechen (siehe Japan), wenn es aufgrund akuter Phasen notwendig ist. Vor allem muss die Politik aufhören, solche Dinge immer nur als Bedrohung von Freiheit zu framen.
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Lufthygiene ist eine technisch lösbare Herausforderung, die politisch angegangen werden muss. Denn nur so werden wir langfristig dieses Virus und die, die nach ihm kommen, in Schach halten können. Und weitere werden kommen, garantiert.
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Das Virus hat die Macht großer Zahlen auf seiner Seite, es wird uns immer voraus sein, wenn wir es gewähren lassen. Wir müssen seine scheinbar UNENDLlCH vielen Möglichkeiten ausreichend einschränken. Impfen allein wird dies nicht können. Masken allein auch nicht.
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Doch wenn es uns gelingt, die Aerosolkonzentration in Innenräumen flächendeckend stark zu senken, können Impfungen und andere Hygienemaßnahmen zusammen genommen dauerhaft Rt < 1 halten. Dann können wir tatsächlich „mit dem Virus leben“ und das auch frei.
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Kontaktverfolgung sowie Quarantäne/Selbstisolation müssen (arbeits-) rechtlich besser ausgestaltet werden, Testkits sowie Masken müssen immer ausreichend verfügbar & finanziell für alle tragbar sein, z.B. durch lokale Produktion. All das hätte man seit zwei Jahren
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auf den Weg bringen können, weil man von Anfang an hätte wissen können und spätestens seit 18 Monaten hätte wissen müssen, dass man ohne ein völliges Umdenken nie gegen einen Gegner gewinnen kann, wenn man ihm nahezu unbegrenzt UNENDLICH viele Möglichkeiten läßt,
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auszuweichen und zurückzuschlagen. Und die nächsten Viren.
Es soll nicht in 50 Jahren in den asiatischen Geschichtsbüchern stehen, dass „der Westen“ an UNENDLICHER Ignoranz und Arroganz zugrunde gegangen ist, oder?
Beliebte Methoden von Pseudo-Wissenschaftler:innen:
1. „Beweis durch vollständige Iteration“.
Versuch, eine unwahre Aussage durch ständige Wiederholung so in der öffentlichen Meinung zu verankern, dass sie für wahr gehalten wird. Bullshit-Level: nervig
Beliebte Methoden von Pseudo-Wissenschaftler:innen:
2. „False Balance“
Unterminieren eines wissenschaftlich Konsens von zB 99.9% durch inkorrektes Framing als Meinung, der eine Gegenmeinung gleichwertig gegenübergestellt werden dürfe. Bullshit-Level: kritisch
Beliebte Methoden von Pseudo-Wissenschaftler:innen:
3. „Denier“
Unbequeme Wahrheiten werden „widerlegt“, dafür werden eigene Denkgebäude bemüht, die wissenschaftlich wirken, aber nicht dem Kriterium der Falsifizierbarkeit genügen. Bullshit-Level: harte Nuss
Wenn #MertensInMeinemFachgebiet wäre:
Klimaschutz ist völlig übertrieben. In der ganzen bekannten Erdgeschichte kam es noch nie zu größeren Änderungen des Klimas binnen weniger Jahrzehnte. Der Einfluss des Menschen auf das Klima wird dramatisch überschätzt. In der bisherigen
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Erdgeschichte läßt er sich zu so gut wie keiner Zeit nachweisen. Die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre ist ohne und mit Mensch ohnehin stets sehr gering. Und bis jetzt sind ja auch nur sehr wenige Mensch an oder mit gewandeltem Klima gestorben.
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Allerdings hat Klimaschutz möglicherweise unschöne Nebenwirkungen auf manche Menschen, z.B. schwere Aggressions-Management-Störungen, weil sie nicht mehr beliebig schnell auf der Autobahn fahren dürften, oder weil ihre Firmen nicht mehr beliebig viel CO2 produzieren dürften.
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Testpflicht an Schulen?
Ja, aber!
Und das sind sehr wichtige „aber“, die viel zu wenig diskutiert werden:
1 -> 2
Derzeit ist die Inzidenz hoch und die VOC #B117 mittlerweile in Deutschland dominant. Sie ist deutlich ansteckender, so dass vermehrt beobachtet wird, dass im Falle, dass ein Familienmitglied infiziert ist, zu 95% Wahrscheinlichkeit die ganze Familie infiziert wird.
2 -> 3
Derzeit laufen Tests an Schulen meist so ab, dass alle SuS gemeinsam im Klassenraum gleichzeitig Masken abnehmen, sich schnäuzen & Probe entnehmen, was oft zu Niesreiz führt.
Auch wenn dabei gelüftet wird: 1 Kind mit B117 im Raum wird vermutlich weitere dabei anstecken.
Mathe für Politiker*innen (Frau Dr. Merkel ausgenommen)
Repetitorium 2: Berechenbarkeit (besonders für @jensspahn)
Jens Spahn sagte auf der Pressekonferenz am 19.3.2021: „Diese Woche hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie unberechenbar diese Pandemie wirklich ist.“
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Daraus kann man nur schließen, dass Herr Spahn nichts von Wissenschaft versteht oder hält.
Die Pandemie ist sogar extrem gut berechenbar. So gut, dass das, was diese Woche passierte, absolut exakt genau das ist, was Wissenschaftler*innen schon vor Wochen berechnet hatten.
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Das liegt daran, dass wir es mit großen Zahlen zu tun haben. Millionen von Menschen, deren individuelles Verhalten sich in der Masse zu stabilen Pfaden mittelt. Milliarden von Viren, die jeder einzelne Infizierte produziert. Wissenschaftler*innen können dies alles in
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Mathematik für Politiker*innen (Frau Dr. Merkel ausgenommen)
Lektion 7: Mathematik, Wissenschaft & Realität
Ein großes Bildungsdefizit ist, dass die meisten Menschen die Rolle von Mathematik in den Wissenschaften & damit für unser Verständnis von Realität nicht verstehen. 1/21
Schon vor tausenden Jahren haben Menschen Mathematik verwendet, um den Lauf der Sterne vorherzusagen, wann es Mond- & Sonnenfinsternisse gibt. Mathematik war ein Instrument der Macht, zum Beispiel von Hohepriestern, die ihr Wissen über die nächste Sonnenfinsternis nutzten. 2/21
Lange war der Zugang zu Bildung der herrschenden politischen Klasse vorbehalten. In Demokratien ist dies durchaus anders. Allerdings beobachten wir hierbei gleichzeitig einen erschreckenden Verlust des Wertes, den Wissenschaft in der Politik hat. 3/21
Vorgestern wurde in unserem Hinterhof ein sehr großer Baum gefällt. Stammumfang 3,89 m. Stand da länger als fast alle, die hier wohnen, schon leben. War im Umkreis von ein paar hundert Metern der größte Baum. Stammplatz unzähliger Vögel. Ein gesunder Baum. 2/10
Er wurde gefällt, weil er plötzlich mit seinen Wurzeln Keller und Fundamente von Häusern beschädigte, die zum Teil auch schon sehr lange hier stehen. Jahrzehnte lang existierten Häuser und Baum friedlich nebeneinander. Doch die Stadt sprach eine Fällgenehmigung aus. 3/10