Ich bekomme ständig Anfragen, wie wir die Bilder aus #Butscha verifizieren. Finde das sehr merkwürdig. Dort sind Dutzende KollegInnen vor Ort gewesen, es gibt keine Zweifel daran, dass die Bilder authentisch sind.
Zudem ist die Prüfung von Bildern nur ein Teil von Recherche sowie Berichterstattung. Dazu gehören auch Gespräche mit Augenzeugen, zeitliche Abläufe prüfen, vorliegende Informationen auswerten. Bilder sind starke Indizien, aber können zumeist nicht die ganze Geschichte erzählen.
Ich weiß nicht, wie oft ich den Satz "Die Wahrheit stirbt zuerst im Krieg" zuletzt gehört habe. Meiner Meinung nach ist das eine Nullaussage. Denn wenn wir ohne Anlass und Indizien grundlos jedes Bild anzweifeln, das von KollegInnen gemacht wurde, dann sind wir auf dem Holzweg.
Die Diskussion um #Lanz passt da gut in diese Entwicklung. Es wird irgendwie als kritisches Denken verstanden, wenn man feststellt: "Die Ukraine macht aber auch Propaganda." Jo. Man sollte aber nicht die Unterschiede verwischen.
Natürlich muss jede Angabe von Kriegsparteien geprüft, als solche kenntlich gemacht und abgeglichen werden. Nennt sich journalistisches Handwerk, keine neue Erfindung. Dennoch lassen sich Dinge glasklar feststellen:
Russland führt einen Angriffskrieg, der auf Lügen und Verschwörungslegenden basiert. Der Kreml lügt systematisch - und das seit Jahren. Sie verhöhnen Opfer, die sie als Schauspieler bezeichnen. Das ist eine eigene Liga von Propaganda und ein Alleinstellungsmerkmal.
Durch die Gräueltaten verschiebt sich die Diskussion, der russische Angriffskrieg wird quasi schon als Normalität hingenommen; die grausamen Exzesse werden zunehmend das Problem. Russland verschiebt in diesem Krieg die Grenzen, was irgendwie noch hingenommen wird.
Vor zwei Monaten war ein Angriffskrieg auf die Ukraine für fast alle noch undenkbar, jetzt sehen wir Gräueltaten und Kriegsverbrechen, zerbombte Städte und Millionen Flüchtlinge. Wo stehen wir in zwei Monaten? Was kann dann schon passiert sein, was heute noch als undenkbar gilt?
Also, die Verifikation von Bildern ist wichtig, aber ohne Kontext wird auch ein verifiziertes Bild nicht die gesamte Geschichte dieses Krieges erzählen können. Es sind immer viele kleine Teile, die ein Gesamtbild ergeben. Das sollte man nicht aus den Augen verlieren.
Siehe dazu auch: Putins Regime verbreitet unbelegte Behauptungen und Verschwörungslegenden - ohne irgendwelche Indizien oder Belege anzuführen. Stattdessen setzt Russland erneut auf Strategien zur Desinformation: ablenken, abstreiten und verwirren. tagesschau.de/faktenfinder/b…
Eindrückliche Reportage eines Schweizer Kollegen, der in Butscha unterwegs war - im anschließenden Interview werden die russischen Behauptungen über eine Inszenierung diskutiert. Sehenswert. srf.ch/news/internati…

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Apr 6
In #Putin s Kampf gegen den angeblichen Nazi-Staat #Ukraine werden auch Soldaten ausgezeichnet, die einen SS-ähnlichen Totenkopf sowie den Wotansknoten auf der Uniform tragen.

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Feb 16
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Feb 15
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Bei Kindern und Jugendlichen wird jeder einzelne Fall nochmal analysiert. Daher gibt es die gesicherten Zahlen mit Verzug im Wochenbericht. Diese habe ich zitiert. rki.de/DE/Content/Inf…
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Feb 14
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Nov 6, 2021
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