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Die US-Immunologin Akiko Iwasaki @VirusesImmunity hat in Frankfurt einen der weltweit höchstdotierten Medizin-Preise erhalten. Sie fürchtet eine #LongCovid-Lawine. „Es ist noch lange nicht vorbei“

„In der Pandemie hat die Immunbiologin Akiko Iwasaki…

#COVID19 #MECFS #Corona Image
mit ihrem Team an der Yale School of Medicine zahlreiche Durchbrüche in der Covid-19-Forschung geschafft und kommuniziert – und ist damit weltweit berühmt geworden. Vor wenigen Wochen ist sie zur Präsidentin des US-Fachverbandes American Association of Immunologists geworden.
Anfang dieser Woche ist sie nach Frankfurt am Main gekommen, um im Gesellschaftshaus des Palmengartens den diesjährigen Else-Kröner-Fresenius-Preis für Medizinische Forschung entgegen zu nehmen. Der Preis ist mit 2,5 Millionen Euro einer der weltweit höchstdotierten
Forschungsauszeichnungen im Bereich Medizin.

Frau Professor Iwasaki, niemand hier trägt Maske, alle verhalten sich so, als gäbe es keine Bedrohung mehr. Nur Sie haben wir mit Maske gesehen. Wo stehen wir im Kampf gegen das Virus?

Das Virus zirkuliert immer noch, das ist leider
Fakt. Die Messungen in den Abwässern von New York zum Beispiel zeigen, dass die Zahlen wieder hochgehen. Es wird noch viele Infektionen und Wellen geben. Der Erreger ist endemisch, aber das heißt nicht, dass er weg geht.

Trotzdem hört man immer wieder Entwarnungen, auch von der
Weltgesundheitsorganisation, dass es derzeit keine neuen, besorgniserregenden Virusvarianten gibt. Erwarten Sie welche?

Ja, im Moment haben wir keine solche Varianten. Aber es ist durchaus möglich, dass sie noch kommen. Das Virus entwickelt sich im Moment in eine bestimmte
Richtung, es wird auf die leichtere Übertragung hin selektiert. Es schafft es damit immer einfacher, unsere Immunabwehr zu umgehen. Deshalb besteht schon aufgrund der massenhaften Infektionen sehr wohl die Möglichkeit, dass es neue und wieder gefährlichere Varianten geben wird.
Tatsächlich gibt es so viele, auch Wissenschaftler, die die anfangs vielbeschworene Herden- oder Bevölkerungsimmunität in Zweifel ziehen. Sie sollte verhindern, dass sich das Virus weiter ausbreitet, weil ein genügend großer Anteil der Menschen immun ist. Bleibt sie endgültig ein
Mythos?

Je nachdem, wie wir Herdenimmunität definieren. Wenn es um die Übertragung der Infektion geht, funktioniert sie in der Tat nur zum Teil, wenn es aber um Herdenimmunität geht, die die Ausbreitung einer schweren Krankheit zu unterdrücken hat, dann funktioniert sie wirklich
gut. Impfungen haben nicht nur geholfen, die Covid-19-Inzidenz zu dämpfen, sondern auch diesen Schutz vor der Krankheit aufzubauen.

Trotzdem: heute scheinen sich viele Menschen immer wieder und sogar kurz hintereinander anstecken zu können. Daraus ergeben sich möglicherweise
zusätzliche Risiken, auch mit Blick auf Long Covid, die Spätfolgen. Können häufige Reinfektionen das Erkrankungsrisiko erhöhen?
In Studien wurde tatsächlich ein erhöhtes Long-Covid-Risiko gefunden. Ich würde jedenfalls nicht daraufsetzen, dass man mit einer Infektion oder mit
einer Impfung für alle Zeit vor Covid-19 und Long Covid geschützt ist. Aber nach vielen Studien können wir zumindest sagen, dass die Impfung das Long-Covid-Risiko um mindestens dreißig Prozent senkt.

Für wie gravierend halten Sie das Problem der Spätfolgen. Bleiben Sie bei ihrer
früheren Aussage, dass es sich bei Long Covid um die Pandemie nach der Pandemie handelt?

Eigentlich muss es heißen, die Pandemie in der Pandemie. Es ist noch lange nicht vorbei. Zig Millionen Menschen leiden bereits an Long Covid nach einer Infektion. Und denken Sie an die
vielen Infektionswellen, die noch bevorstehen. Offiziell geschätzt sind es heute 65 Millionen Long-Covid-Opfer, diese Zahl basiert auf den Studien, mit denen man auf etwa zehn Prozent der Infizierten kommt. Wahrscheinlich sind es aber schon heute sehr viel mehr Menschen, und
es werden wohl noch viel mehr werden. Wir haben einfach keine guten Zahlen.

Dafür müsste aber erst einmal eine richtige Diagnosen ermöglicht werden. Viele Ärzte sind ratlos, oder?

Ja richtig. Uns fehlen dafür verlässliche Biomarker, also Laborwerte, die den Ärzten anzeigen, ob
jemand an Long Covid leidet. Daran arbeiten wir jetzt intensiv.

Einige Fachleute halten das für unmöglich – und unnötig. Sie vermuten hinter vielen Long-Covid-Fällen psychosomatische Störungen. Ist das möglich?

Ich denke überhaupt nicht, dass das richtig ist. Wir können die
biologischen Veränderungen messen, und mit diesen Markern konnten wir bei uns Long-Covid-Patienten mit 94-prozentiger Sicherheit identifizieren. Es ist völlig unangebracht, hier psychosomatische Gründe für die Leiden der Patienten anzunehmen.

Könnte sich bewahrheiten, was
inzwischen immer öfter diskutiert wird: dass Long Covid in eine Demenz mündet, weil das Virus oder seine Bestandteile sich in Blutgefäße und im Gehirn eingenistet hat, oder dass Covid-19 Krebs auslöst, weil es zu diesen chronischen Entzündungen im Körper kommt?

Zurzeit gibt es
alle möglichen Diskussionen, um Alzheimer und andere neurodegenerative Krankheiten durch Covid. Es gibt tatsächlich nach Sars-Cov-2-Infektionen dieses erhöhte Risiko für andere Erkrankungen, selbst ohne die typischen Long-Covid-Symptome. Ja, das macht mir wirklich Sorgen, wenn
ich ehrlich bin. Das sind Probleme, über die wir wahrscheinlich erst in der Zukunft wirklich Bescheid wissen.

Umso bedauerlicher ist, dass es heute noch keine wirklich evidenzbasierten Long-Covid-Therapien gibt. Wie kommen Sie da voran?

Bevor wir gute Behandlungen entwickeln,
müssen wir die Krankheit erst verstehen. Natürlich müssen wir den Menschen so gut es geht symptomatisch helfen, sie leiden ja heute. Was wir deshalb gleichzeitig tun, ist, Studien aufzusetzen und Biomarker zu identifizieren, um die Wirksamkeit von Medikamenten wie Paxlovid zu
testen.

Viele der Patienten sind dauererschöpft, teilweise bis zur Bewegungslosigkeit, sie sind energie- und antriebslos und es quälen sie Gedächtnisaussetzer – was häufig stark an die als ME/CFS bezeichnete Krankheit erinnert. Sind diese Überschneidungen zufällig?
Nein, aber auch der Treiber für diese seit Jahrzehnten bekannte, leider kaum erforschte und oft stigmatisierte Krankheit ist bisher nicht sicher festzumachen. Wir sehen nur, dass etwa die Hälfte der Patienten, die Long Covid entwickeln und mindestens sechs Monaten solche Symptome
aufweisen, den ME/CFS-typischen chronischen Erschöpfungszustand beibehalten. Die Überschneidungen sind offensichtlich, und bald könnten Abermillionen Long-Covid-Patienten darunter leiden. Ein riesiges Problem. Die ME/CFS-Leidenden wurden Jahrzehnte lang ignoriert und abgewiesen.
Wir wollen in meinem Labor jetzt vergleichende Studien an ME/CFS-Patienten und Long-Covid-Patienten vornehmen und versuchen herauszufinden, wie genau sich diese beiden Syndrome biologisch ähneln – in ihrer Genese und in ihrem Verlauf. Für diese wichtige Studie werde ich mein

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