Habe die halbe Nacht mit den Oldies den Özil-Shit diskutiert. Das Ergebnis: die Anwesenheit von rassistischen Bemerkungen rechtfertigt nicht, sich mit dem Rassismus-Vorwurf reinzuwaschen. Zumal es zahlreichen Menschen scheißegal ist, wo seine Wurzeln liegen.
Ein Grundfehler, den nicht nur Özil, sondern auch viele hier und auch Journalisten machen: die Verfehlungen des DFB sind eigenständig zu bewerten, die von Özil auch. Hier wird vermengt, emotional aufgeladen und dann werden auf Basis des Gefühlten Meinungen formuliert.
Und die Meinung ist natürlich: Rassismus ist scheiße. Und natürlich ist er das. Und natürlich hat Özil auch rassistische Scheißkommentare abbekommen. Aber: geht es nur darum?
Geht es nicht auch darum, dass sich die Leute unangenehm berührt fühlen, wenn ein deutscher Nationalspieler entweder bewusst oder aufgrund von Naivität fröhlich mit einem Mann posiert, der für alles steht, wofür wir nicht stehen wollen?
Und ist das nicht eigentlich ein gutes Zeichen? Wir sind so von diesem „sag jetzt bloß nix Falsches“-Ding durchzogen, dass Rassismus verortet wird, wo eigentlich nur die freiheitliches, demokratisches Grundidee angegriffen wird. Durch angeblichen Respekt für das Heimatland.
Es als Respekt zu bezeichnen, unreflektiert für jeden zu lächeln, der - wie auch immer erlangt - das Amt des türkischen Präsidenten bekleidet, ist ähnlich dämlich wie reflexartig mit dem Finger auf Leute zu zeigen, die sich den Sachverhalt angucken, ehe sie die Herkunft abfragen.
Mir persönlich ist vollkommen latte, ob Özil türkischer Herkunft ist. Mir ist nicht latte, wenn er aufgrund einer vollkommen irrational geführten Rassismus-Diskussion die kritiklose Freiheit bekommt, sich ach so unpolitisch mit einem Menschen zu treffen, der Özil politisiert.
Der Spieler selbst mag das verneinen, aber natürlich war das ein hochpolitisches Foto mit hochpolitischer Wirkung und Erdogan hat damit den gewünschten Erfolg erzielt. Nämlich dass wir uns zerfleischen. Jedenfalls tun wir das solange, indem wir die Debatte nach Özils Gusto führen
Also schön NUR in die Rassismus-Falle tappen, die er jetzt uns allen hinstellt. Özils Statement war lang. Ein reflektiertes Wort dazu, dass der Stein ins Rollen kam, weil er mit Erdogan hübsche Fotos gemacht hat und welche erwartbaren Auswirkungen das haben würde, stand da nicht.
Und so können wir es uns einfach machen und uns selbst verteufeln. Oder wir können es richtig machen, und nicht rassistisch sein, indem wir jemanden nicht deshalb NICHT kritisieren, weil er Deutsch-Türke ist. In meiner Welt spielt das jedenfalls eine untergeordnete Rolle.
