Man kann nicht Schule und Bildung verändern wollen, wenn man weder Zeit oder Raum noch Geld zur Verfügung stellt. Ein Rant. [thread]
Wenn man meint, dass die Jugendlichen die Zukunft unseres Landes sind, dann sollte man alles daran setzen, sie mit allen Mitteln, die zur Verfügung gestellt werden können, zu fördern. Das betrifft auch die Lehrer*innen, die für ihre Bildung verantwortlich sind. (1/17)
Sehr vereinfacht: Was ich als Lehrer*in möchte: Mich um die individuellen Belange der Kinder und Jugendlichen kümmern, ihnen Chancen eröffnen, sie fördern und fordern, mit Ihnen sprechen, sie motivieren, sie zu Bestleistung anspornen, aber auch ihnen Freiräume bieten. (2/17)
Was ich als Lehrer*in machen muss: Ich schreibe Listen, trage Zahlen ein, schreibe Leistungsüberprüfungen, die nur ich lese, sorge dafür, dass gemeinsame Arbeit unterbunden wird, verwalte, organisiere, vergleiche. (3/17)
Kein Jammern. Ja, es gibt Ferien (falls man kein Deutschlehrer ist). Ja, die Bezahlung ist gut (wenn man kein Angestellter oder in der „falschen“ Schulform ist). Ja, die Arbeitszeit ist flexibel (Falls man nicht so idealistisch ist, dass man tausend Zusatzaufgaben macht). (4/17)
Es geht schlicht darum, dass die meisten Veränderungsprozesse trotz des Systems gemacht werden, nicht wegen. (5/17)
Wenn man als Referent auf Tagungen, Konferenzen und Fortbildungen mit anderen Lehrer*innen und Schulleiter*innen spricht, dann erscheint es oft, als sei der größte deutsche Innovationsmotor schlicht: Der Zufall. (6/17)
Zufällig haben sich einige Leute getroffen, die Veränderungen wollten (meistens eher nicht). Zufällig ergab eine Zusammenarbeit mit den Behörden eine gute (digitale) Infrastruktur (meistens aber nicht). Zufällig, zufällig, zufällig. (7/17)
Aus dem Grund fällt es vielen so schwer, ihre Handlungskonzepte auf andere Schulen zu übertragen. Aus dem Grund gibt es den Konferenzkater. Natürlich möchte man etwas verändern, aber wo soll man anfangen? (8/17)
Im schlimmsten Fall leiden die Kollegen untereinander. Weil der eine Kollege überengagiert ist und Lernen sein Hobby ist. Und weil der andere (zu Recht) beklagt, was er denn noch alles machen soll. So werden im Kollegium Kämpfe ausgetragen (9/17).
Ihr wollt, dass wir digital werden? Stattet uns aus und hört auf unsere Expertise. (10/17)
Ihr wollt unsere Expertise? Gibt uns Raum und Zeit für Kooperation. (11/17)
Ihr wollt, dass wir diese Expertise überhaupt erst erlangen? Stellt uns gute Fortbildungen zur Verfügung. (12/17)
Ihr wollt, dass kein Unterricht ausfällt, während wir das alles erledigen? Sorgt für genügend Lehrer*innen. Es gibt sie nämlich. (13/17)
Ihr wollt, dass wir uns um die Kinder kümmern? Dann hört auf, uns immer mehr Vergleichsarbeiten zu geben. (14/17)
Ihr wollt, dass wir zeitgemäßes Lernen ermöglichen? Dann gebt uns die Möglichkeiten zu experimentieren. (15/17)
Ihr wollt, dass sich etwas verändert? Dann hört den Schüler*innen zu, was sie zu sagen haben. (16/17)
Das war es mit dem [thread]. Ich muss jetzt weiter alles, was negativ ist, rot anmalen, damit ich danach mit einer Ziffer erklären kann, was jemand nicht kann. (17/17)
Zynisch ist das übrigens die Variante von: "Ich bin so sauer, ich habe ein Plakat gemalt."
"Ich bin so sauer, ich habe einen Thread gestartet. Nun ja.
"Ich bin so sauer, ich habe einen Thread gestartet. Nun ja.
