Thread by @AnChVIE

Kann mich noch erinnern, wie mal so gegen Ende November unserer (7-köpfigen) Familie von irgendeiner sozialen Einrichtung (Details blieben irgendwie im Dunkeln) uns eine Familie vermittelt wurde, die uns ein paar Kartons Essen gekauft haben. War das ein großes Hallo bei uns.

Wir waren so knapp mit Geld, dass wir wochenlang nur Hörnchen mit Bröseln bzw. zur Abwechslung Ketchup hatten, sie haben uns wochenlang den Strom abgestellt und wir haben die Flascherln fürs Baby am Griller auf der Terrasse (Gemeindebau) warm gemacht. Ich glaub ein paar Mal

hat sogar mein Vater beim Konsum fürn Sonntag Schnitzeln "mitgehen" lassen (von einem mal weiß ich es). Na, jedenfalls waren da plötzlich drei oder vier Karton mit ganz unglaublichen Sachen. DREI Dosen Benco! Benco, der nur ganz selten nachgekauft worden ist, wenn er aus war.

Ich mein, mit DREI Benco-Dosen gibt's doch selbst für 5 Kinder Benco-Party bis einem schlecht wird. Kaffee, sonstige Dosen und dann sah ich etwas völlig unglaubliches: Eine 500 Gramm Packung Erdnüsse .. WAAS? Wer bitte braucht sowas? Ein halbes Kilo! Was für ein Wunder!

Das hab ich mir dann auch als "meine Trophäe" dieses Geschenkregens "erobert" bzw. "ausbedungen" .. Wahnsinn .. ich ALLEINE hatte ein HALBES Kilo Erdnüsse ... also die gerösteten von Kelly's oder so .. oida ... Schlaraffenland! Mir war der Rest sowas von egal ... Meine Schwester

hatte ein ähnliches Erlebnis ... für sie war nämlich eine Dose Colaflascherln .. also so eine große, aus der die Papierfachverkäuferin im Geschäft neben der Schule die Flascherln einzeln verkauft hat. So musste sich wohl Aladin in der Schatzhöhle gefühlt haben .. mit diesem

völlig entgeisterten "wie ist das überhaupt möglich, dass sich sowas jemand leisten kann und dann sogar nicht isst"-Blick ...

.. und so rückblickend denk ich mir, eigentlich eine sehr rührende Reaktion auf das bisserl Glück, was diese andere Familie da geschenkt hat

ich bin mir sehr sicher, dass unsre damalige Situation für meinen Vater heute nicht mehr zu meistern gewesen wäre. Wir machten Urlaub bei den Kinderfreunden, hatten eine schöne zweistöckige Gemeindewohnung mit 4 Zimmern und Terrasse, haben nix für Schulbücher bezahlt und

hin und wieder dürfte auch das Sozialamt ausgeholfen haben. Mein Vater hat uns nie vorgeschrieben, was wir lernen sollen. Er wollte, dass wir es besser haben sollen und hat mich z.B. zu den Piaristen in den 8. Bezirk gegeben, weil Klosterschule: gute Ausbildung. Dort hat er

mit dem damaligen Pater Thaler (wer ihn kennt) ein sehr sehr vergünstigtes Schulgeld ausgehandelt ..
Und das konnte er alles glaub ich, weil wir ein positives Umfeld in der Gesellschaft hatten. Er war ein durch und durch Schwarzer und wir wurden trotzdem durchs soziale Netz

aufgefangen, so gut es eben geht…in einer Qualität, die heute in meinen Augen fast überhaupt nicht denkbar scheint. Leider hat er das nicht gesehen, aber ich denk mir oft, welche Sicherheit uns dieses Netz und seine Einstellung zu unserer Zukunft gegeben hat. Ich konnte & durfte

und dieser positive "es is zwar schwierig, aber es wird schon klappen"-Zugang hat Gedankenräume über eine spannende positive Zukunft für mich geöffnet (die ich dann auch fleißig mit Science Fiction befüllt habe ;-)) ... und was soll ich sagen ...

mir tuts leid, dass jüngere Generationen das so in der Form nicht immer haben… und ich für mich/uns das auch kaum noch sehe

(aber das soll ned negativ enden, denn eventuell seids ihr auch mal in der Lage, so einem jungen 12-jährigen ein Cave of Wonders aufzustoßen… macht's es)

</AnChVIEerzählt>