Den wahrscheinlich umfangreichsten und bestens bebilderten Band zum #Bauhaus gibt es herausgegeben von Jeannine Fiedler und Peter Feierabend bei h.f.ullmann publishing. Die bereits 2011 gedruckte und 2016 übrrarbeitete Ausgabe ist Standardwerk. Und es enthält 
noch immer brisante Topics: "Gropius meinte nichts weniger, als dass es möglich sei, mit den Mitteln der Zeit zu garantieren, dass der Massenbedarf eine Angegenheit der Vernunft werde (...)", schreibt Olaf Arndt. Das Bauhaus, das
staatliche, das in Fernsefilmchen zum verlorenen Ort des Erbes anfassbarer Aufklärung und der Liebesgeschichten , an Uhren und T-Shirts zum Heritage wurde, die Reduzierung dieser Schule auf Design, das Pedant des Schafffens und ganzer Baumarktwelten, sollte 2019 auch Stelle
des zivilisatorischen Bruchs werden. 1933 wurde bekanntlich mit einem ganz anderen Design des politischen Lebens beendet, was Moderne genannt wurde. Und dennoch sind sogar in Speers nationalsozialistischen Bauten moderne Formen eingegangen.
Grundzug der Moderne war die Offenlegung der Konstruktion - nicht der Produktion, was zeit- und ort-logisch unmöglich ist - und der Materialien. Die Kulisse des erfolgreichen Nazistaats übernahm davon nur am anderen Ende des Prinzips in den "dromologischen" Bauten an der
Atlantikküste, in den Kriegsmaschinen dieses zierlose Zeigen des "Zwecks", der Struktur. Das Bauhaus kann nicht einfach im deutschen Rahmen nur begriffen werden und nicht ohne die beiden von Deutschland ausgelösten Kriege, nicht ohne die gescheiterte Revolution 1918, und
nicht ohne die industrielle Ermordung von Menschen. Der Bruch mit der Notwendigkeit, die Klassiken zu nutzen ohne sie zur Verdeckung der Verhältnisse zu verwenden, wie er im Kultursektor vorgeführt wurde, war anti-aufklärerisch in seinen Repräsentationsformen. Die Formen
der Bunker und Flugzeuge stehen, da materielle Gewalt, gegen die Möglichkeiten der "Widersprüchlichkeit der Moderne" (Norbert M. Schmitz im Band _Bauhaus_) - denn Regime gebieten Einheitlichkeit, wo die industrielle "zweite Natur" keine Einheitlichkeit , sozial, politisch,
ästhetisch, mehr als Stil zur Konsequenz haben kann. An Oskar Schlemmer wird diskutierbar, was das für die sachliche Objektivitätssuche des ästhetischen Überbaus - _die_ Krudität des Terrors der klaren Funktionalform, der
Interntational Style bis nach Marzahn - heute bedeuten kann. Der Band spricht viele solcher aktuellen Aspekte an. Gestaltung wäre dann nicht Oberflächendesign, es wäre die Herstellung von Lebensbedingungen. Design wäre Diskurs
und, das war bauhausscher Utopie-Ansatz, muss sich aufheben lassen in die Erkennensformatierungen von Inszenierung und Realität, anders gesagt in demokratische Konstellationen von Gestaltung. Was die Designerin dann arbeitslos macht, weil von allen kritisch entworfen würde.
Ästhetik, in der bürgerlichen Gesellschaft zusammengezogen auf Empfindsamkeit und Schönes arbeitsteilig vom Alltag abgetrennt in spezielle Disziplinen, könnte wirklicher praktisch reflektierender Diskurs werden. In Kassel z.B. benügte man sich im Jubiläum damit, Kopien von
"Bauhauslampen" erst zu zeigen, um sie dann am Ende der Saison in einer Geste von Raubkopie-Zerstörung und kokettierender Respektlosigkeit von Besuchern zertrümmern zu lassen. Bauhaus, so scheint es, ist beendet. Was wir uns leisten können.
Jeannine Fiedler bedauert im Bauhaus-Band leicht pessimistisch den Verlust der Magie und der Reflektion der elitären Fotografie jener Tage. Auch in Dessau waren die optischen Medienapparate teuer. Magie und Reflektion muss man sich "leisten können".
Gertrud Arndts fotografische Maskeraden als selbst-inszenierte Frau, die mit den heutigen selfies gelesen den Bilder-Stream entwerten, zeigen, die Aura der "Rätselhaftigkeit des singulären Blicks" (Fiedler) ist in der Verwertung von Daten, als Bild, in der Warenzirkulation
"Traffic" abhanden gekommen. Nicht demokratisiert und die Wahrnehmungskommunikation emanzipierend, aber für beides vorbereitet, ist das "Bildermachen" wie das "Musikmachen" eine gängige unreflektierte Betätigung der Massenindividuen im Alltag. Blickschulung,
"Alphabetisierung" (László Moholy-Nagy) und Einbildung (in der Abbildung Arndt mit ihrem Mann) nach Stereotypen und Mustern sind Programme, die sich
("sich") in der Diskrepanz von Schule und Gesellschaft entwickeln. Schule im Gegensatz zum Alltag machte bewusst. Nach Gropius Hannes Meyer wurde die Herstellung exklusiver Produkte vom Konzept der Bedarfsproduktion abgelöst. Wenige Zeit der
Naziherrschaft wurde das Bauhaus sozialistisch. Dieses "deutsche kulturelle Erbe", welches 2019 voll in den Umsatz ging, bleibt dennoch mehrdeutig, vielleicht weil der "Neuentwurf der Gesellschaft", wie Norbert M. Schmitz diskutiert, damals nicht gelang. Die
"universale Gestaltung aller Lebensbereiche" (Schmitz nach Moholy-Nagy) ging und geht an den meisten Konsumenten als leere Form vorbei, an Bildungsbürgern als Prämie, und kommt, weil dann doch bekannt, uns da als Rigorosität vor, wo das Individuum zuschlägt.
Die Inhaber der Marke "Walter Gropius" sind Christian Schmitt und Hans Meeder, die Teconline GmbH und die Mühl24 GmbH haben dem widersprochen.
Yelena Simc
Yelena Simc
Jeannine Fiedler, Peter Feierabend (Hg.). _Bauhaus – Das Standardwerk (100 Jahre Bauhaus)_. Rheinbreitbach: h.f.ullmann publishing, 2019 (2016). 640 Seiten, 800 Abbildungen, 49,90 €. ullmannmedien.com/shop/kunst-und….
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