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Das #Umweltsau-Video und das analytische Konzept #imperialeLebensweise haben die gemeinsame Schwäche, auf die Individualperspektive zu gehen und diese mit einem Appell an die abstrakte Gesellschaft zu versehen. Weder der WDR, noch die Autoren Ulrich Brand und Markus Wissen, das
kann man beiden Stellorten wohl unterstellen, machen die #Klassenfrage damit zu einem progressiven Topic. Oder? Brand und Wissen ergänzen sie lediglich um das Merkmal des Profitierens der Lohnabhängigen in den entwickelten Staaten.
Sie schreiben: "Wir wollen gerade zeigen, dass die imperiale Lebensweise konstitutiv mit ausdifferenzierten Klassen-, Geschlechter- und rassisierten Verhältnissen verbunden ist." (zeitschrift-luxemburg.de/neue-klassenpo…) Aber, so muss frau fragen, was konstituiert hier was?
Hamdelt es sich um ein Geflecht der gegenseitigen Konstituierungen vom Kapitalverhältnis zur Klasse und zur Weise der Lebensführung und zurück? Beide schreiben vom strukturalen Zwang zur Lebensweise imperialen Verhaltens im globalen Norden auf Kosten des globalen Südens.
Diese geografische Figurierung ist maßgeblich für die Argumentationsweise in der neuen polit-ökonomischen wie polit-ökologischen top down- und bottom up-"Klimabewegung" - Klimaforschung- und management hier wie Fridays For Future da. Es sieht so aus, als sei
neues Phänomen und ein neuer Widerspruch aufgetreten. Der Süden wird ausgebeutet, nicht nur über das Verhältnis der Kapitalien und ihren Zwang zur Akkumulation, sondern auch über das ökonomisch-soziale Interesse an der Reproduktion dieses Kapitalverhältnisses.
Und dieses Interesse ist in der Umweltsau, die einmal Nazisau war, aufgehoben. Das Motiv ähnelt dem des Deribon-Schocks (mit dem Heimat-Motiv der Rückkehr der urbanen linken Eliten in die Kleinstadt), dass auch Prols rechts wählen.
Die ehemalige (?) Arbeiterklasse lebt gut von der Expansion des nationalen Kapitals. Erinnert das nicht sofort an die IG Metall hierzulande, die keinen Ton zu den gesteigerten Rüstungsexporten zu sagen hat? Brand und Wissen aber schreiben wie zur Rettung dieser praktischen
Sozialdemokratie, zu ihrer Transcormation (Quelle s.o.): "Politiken einer solidarischen Produktions- und Lebensweise müssten die sozialen und ökologischen Implikationen hierzulande und international berücksichtigen. Sie würden in
den Blick nehmen, dass das exportgetriebene Wachstumsmodell vordergründig materiellen Wohlstand für relevante Teile der Bevölkerung schafft, aber um den Preis eines absurden Reichtums der Eliten, der Akzeptanz bestehender Macht- und Herrschaftsverhältnisse, der
Abhängigkeit von Wohl und Wehe der Investitionsentscheidungen und des kapitalistischen Weltmarkts und eben auch vieler sozialer Ausschlüsse und ökologischer Zerstörungen. Der Begriff der imperialen Lebensweise (oder jener der »Externalisierungsgesellschaft« von
Stephan Lessenich, 2016) weist auf das Dilemma hin, dass viele Lohnabhängige im globalen Norden materiell im Zuge emanzipatorischer sozialökologischer Politik durchaus etwas zu verlieren haben, aber im Umbau der Produktions-
und Lebensweise hin zu einer solidarischen eben auch einiges zu gewinnen: mittelfristig bessere und stabilere Lebensbedingungen, mehr Selbstbestimmung und ein erfülltes Leben statt Fixierung auf Disziplin, Erwerbsarbeit und Konsumismus." Was sich liest wie Klassen- und
Kapitalismustheorie wird mit diesen Begrifflichkeiten in die Ausgangsbasis von Brand und Wissen zurückgedreht. 1. so, als würde ein solidarischer Kapitalismus möglich sein (was bei Brand und Wissen vorausgesetzt wird) und die "Oma" ihr
Motorrad stehen lassen und 2. so, als sei das Grundprinzip des Kapitalismus eben jene antirevolutionäre Lebensweise, deren Umbau oder Revolvierung dann die solidarische Gesellschaft hervorbrächte. Der Gesellschaftsbegriff ersetzt
den des Antagonismus von Kapital und Arbeit. Genau der aber ist laut Brand/Wissen nunmehr sozial aufgelöst in der Kooptierung beider - Arbeit gegen Lohn in der nördlichen Kapitalismusphäre ist mit dem Kapital verquickt über die Lebensweise des Luxus kleiner Vermögen. Kapital
heißt dann Vermögenselite oder die Reichen. Bezogen auf die kreuzfahrende Großmutter und die darin enthaltene Andeutung des geschichtlichen Prozesses, kann so nur ihr Verzicht auf exploitativen Konsum und Anspruch auf internationale Ökologie den Imperialismus beenden.
Das stimmt, aber nur unter der Voraussetzung, zuerst (!) die Weise der Produktion und das mit ihr verbundene Machtgefüge des Eigentums an Produktionsmitteln und der Aneignung von Wert, dem Reichtum der Gesellschaft aus der Produktion, in allen Gesellschaftsformationen anzugehen.
Die Oma-Singer und Lifestyle-Antiimps verschieben diese revolutionäre Frage - im Fall der akademischen Linken kann es allein aus verfassungsrechtichen Gründen der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht anders sein - von der sozialen auf eine intersubjektive.
Diese Intersubjektive (als Substantiv) - Lohnabhängige, Generationen, Sich-verhaltende - wird, nach marxistischer Denke, für das vesellschaftliche Verhältnis im Kapitalismus genommen. Diese Setzung ist für die reformatorischen Skizzierungen des ökologischen Umbaus zum Green Deal
wichtig, weil aus ihr keine Gefahren für die Eigentumsverhältnisse abgeleitet werden können. Die imperiale Lebensweise als Diskurs und die Markierung der Umweltsau liegen beide im Trend, Ethik sozialistisch einzukleiden und Gesellschaftsumbau in die Gerechtigkeitsprogrammatik
einzupassen.
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