Ich verrenne mich gerade in Antifa-Diskussionen mit meinen wirklich geschätzten konservativen Followern, und ich muss wohl was erklären. Ein Versuch in einem Thread.
Ganz prinzipiell und grundsätzlich bin ich gegen politische Gewalt. Ohne Wenn, ohne Aber. Leider gibt es sie doch. Ihr wehrhaft zu begegnen ist Aufgabe des demokratischen Rechtsstaates.
Ich bejahe grundsätzlich deshalb auch staatliche Gewalt auch gegen linke Chaoten. Die Räumung des Hambacher Waldes war rechtstaatlich. Die Bekämpfung der Krawalle beim G20 Gipfel in Hamburg war legal und legitim.
Daran ändert auch nicht, dass es in einer Demokratie absolut notwendig ist, das "WIE" des Handelns der staatlichen Gewalt stets zu hinterfragen und zu kritisieren, ohne das "OB" in Zweifel zu ziehen. Sowohl was einzelne Beamte tun wie auch die Polizeitaktik. Demokratie eben.
Es ist festzuhalten, dass diese Kritik auch zwei Richtungen haben kann: Man kann in einigen Fällen der Polizei vorwerfen zu eskalierend einzuschreiten, oder wie beim "Sturm auf den Reichstag" zu wenig getan zu haben, um Recht und Ordnung zu schützen.
Dabei ist ein politischer Bias unvermeidlich, und wie gerade Linke lautstark den Einsatz von Wasserwerfen gegen Querdenken gefordert haben, war mehr als befremdlich, es war schon unfreiwillig komisch.
Dennoch: Es bleibt eine Frage, was eigentlich passiert, wenn staatliche Gewalt große Lücken lässt, politischer Gewalt zu wehren. Diese Frage stellt sich bei verschwundenen Akten beim NSU, bei Lübcke, bei mangelndem Schutz von Reichstag und Kongress.
Diese Frage stellt sich natürlich auch bei anderen Themen, als man z.B. die Gefahr des Islamismus unterschätzt hat. Ich war in dieser Phase sehr dankbar für nicht-staatliche non-konforme Medien, die ausgeschlafener waren als die Behörden.
Aber anders als ich es beim Rechtsextremismus wahrnehme, wurde hier sehr stark und auch erfolgreich aufgeholt. Die Räume für islamistische Betätigung wurden systematisch enger gemacht, viele Anschläge verhindert, fast alle aufgeklärt.
Auch beim Linksextremismus erlebt man stets einen wehrhaften und gut vorbereiteten Staat. Tage, in denen 1. Mai Demonstrationen völlig überraschend aus dem Ruder liefen, sind letztes Jahrhundert. Bei den G20 Protesten wurden taktische Fehler gemacht, aber das ist was anderes.
Nur beim Rechtsextremismus häufen sich die Belege, dass nicht nur hanebüchene Fehler und Fehleinschätzungen sich häufen. Es tauchen auch immer wieder Belege auf, dass Rechtsextremisten in den Sicherheitskräften viele Freunde und Anhänger haben.
Es tauchen Chatverläufe auf, es tauchen gestohlene Waffen auf, selbst der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes fällt durch Äußerungen und Likes auf, die Fragen zulassen, wo genau er überhaupt steht.
Verschwundene Akten, verschwundene Waffen, dubiose V-Leute, undurchsichtige Geldströme, offene und interne Sympathiebekundungen - wer blindes Vertrauen in die staatlichen Behörden hat, den Rechtsextremismus wirksam zu bekämpfen, liest offenbar keine Zeitung mehr.
Deshalb, und nur deshalb gab es in den vergangenen Jahren mehrfach Gründe #DankeAntifa zu twittern. Einfach weil Verbindungen und Vernetzungen aufgeklärt, personelle Verflechtungen aufgedeckt, staatliche Versäumnisse ausgeglichen wurden.
Wenn ich die Arbeit der Antifa (und damit auch ihre Existenz) deshalb für hilfreich und sogar notwendig erachte, bedeutet das nicht, dass ich all ihre Methoden, jede Schlägertruppe die unter diesem Label firmiert gutheiße oder auch nur toleriere.
Aber ich lasse mich auch nicht mit billigem Whataboutism abspeisen, dass man damit auch rechte Schlägertruppen legitimieren würde. Ich wünschte, der Staat ginge so klar und entschlossen gegen rechts vor wie gegen links und Islamismus. Er tut es aber nicht.
Letztes Beispiel: Verbrüderungsszenen der Polizei mit den Capitol-Chaoten, Selfies, freundliche Hilfe beim Verlassen statt diese Leute wegen schwerem Landfriedensbruchs wenigstens vorübergehend in Gewahrsam zu nehmen.
Der Typ, der seine Füße auf Pelosis Schreibtisch legte, stiehlt, kann später draußen mit ihrem Briefpapier posieren. Wie ist der da rausgekommen? Der Staat lässt sich regelrecht vorführen von diesen Leuten, und zuckt nicht mal. Währenddessen mach Antifa die Arbeit.
Die Bilder werden ausgewertet, die Personen identifiziert, wenn am Ende Leute doch nach angeklagt und verurteilt werden, wird es aufgrund von deren Recherchen möglich sein. Es ist beschämend und peinlich, aber: #DankeAntifa.
(BTW hat Trump selbst ein Gesetz erlassen, das 10 Jahre Haft für Schändung nationaler Symbole vorsieht. Man wird sehen, ob die staatliche Gewalt das *nur* für Linke und Islamisten anwenden will, oder auch für Rechte. Wartet es ab.)
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Jetzt mal ernsthaft, @drumheadberlin: Das ist doch Bullshit.
"Bislang ist wenig zu erkennen..." Was soll das? Was sollen die Demokraten denn NOCH tun? Sie haben einen arrivierten weißen Mann aufgestellt, der bereits Vizepräsident war, ohne Sozialismus einzuführen.
Er hat eine Vizepräsidentin nominiert, die als Staatsanwältin eine klare Law-and-Order Linie gefahren ist, und politisch Einwanderungsgesetze unterstützt hat, die man hier auch der AfD unterschieben könnte.
Biden hat in seiner Rede nicht die eigene Anhängerschaft aufgerufen auf die Straße zu gehen, und das Kapitol zu befreien. Er vermittelt und deeskaliert wo er nur kann und versucht die Spaltung nicht zu vertiefen.
Große Aufregung um #Bewegungsradius. Fakt ist: Sowohl #Sachsen (rechte CDU Regierung) wie auch #Thüringen (LINKE) haben bereits solche Regelungen. Es soll also nur abgesegnet werden, was bereits existiert und nachvollziehbarer werden (ab Inzidenz 200).
Es bleibt eine regionale Maßnahme in der Verantwortung der Bundesländer. Dass das jetzt als "Idee Merkels" kolportiert wird, "die Bürger an die Leine" zu nehmen, zeigt nur einmal mehr, wie verkommen der politische Diskurs in diesem Land bereits ist.
Persönlich finde ich die Idee genauso doof wie alle anderen Pandemie-Bekämpfungsmaßnahmen auch. Schulschließungen sind doof, Lädenschließungen sind doof, Restaurantschließungen sind doof, Hotelschließungen sind doof. Denn: Corona ist doof.
Man kann versuchen, sich Trump ein wenig schön zu reden, aber trotz der drei sehr begrüßenswerten Normalisierungsabkommen zwischen Israel und muslimisch geprägten Staaten, ist die außenpolitische Bilanz wenig überzeugend.
Das sage ich übrigens nicht, weil ich Trump doof finde. Im Gegenteil: Ich hatte zu Beginn seiner Amtszeit mit außenpolitischen Erfolgen gerechnet. Trotz der drei Last-Minute-Erfolge sehe ich mich enttäuscht.
Die Bilanz ist sehr ernüchternd.
Ja, drei Friedensverträge (naja, so in der Art) gemakelt, keinen Krieg geführt, da kann man nicht meckern, will man sagen, aber dann hat man die Latte auch schon fast eingebuddelt, so tief liegt sie dann. Denn das Gesamtbild ist trist.
In #Berlin gibt das erste Gesundheitsamt auf: Kein systematisches #ContactTracing mehr. Das Virus ist von der Leine. Der staatliche #Kontrollverlust ist amtlich. Keine Panik, aber Grund zur Sorge und Vorsicht. #Thread
1. Die #CoronaApp wird jetzt wichtiger. Du bekommst kein Anruf mehr vom Gesundheitsamt, wenn du Kontakt zu einem Infizierten hattest. Er kann und will dich vielleicht auch nicht anrufen. Aber die App könnte dich warnen und dich und deine Lieben schützen. bundesregierung.de/breg-de/themen…
2. Viele werden aber nicht wissen, dass sie positiv sind, vielleicht auch du. AHAL-Regel ist in allen geschlossenen Räumen mit mehreren Menschen notwendig zum Schutz für dich und andere: Alltagsmaske, Händedesinfektion, Abstand, Lüften.
Wichtiger Hinweis.
Auch aus theologischer Perspektive gibt es überrasschende Gemeinsamkeiten: Beide Seiten, die Islamisten wie die Islamfeinde gehen den Koran mit einer Hermeneutik an, die sie bei christlichen US-Fundamentalisten geklaut haben.
Nämlich eine völlige Ignoranz des Kontextes. Einzelne Surenfragmente werden weder in Bezug zum Ganzen des Koran gesehen, noch ihr historischer, sozialer und religionsgeschichtlicher Kontext zur Interpretation herangezogen. Sondern aus dem Zusammenhang gerissen absolutiert.
Damit stehen beide sowohl gegen fast alle Linien traditioneller islamischer Gelehrsamkeit, die Gottes Wort gerade als unverfügbar ansieht, unübersetzbar, unbegreiflich - und es so vor Instrumentalisierung schützt, als auch gegen jede wissenschaftliche Theologie und Forschung.
Jesus schildert laut Lukas den Pharisäer als ein Bild der Selbstgerechtigkeit, den Zöllner als demütigen, reuigen Sünder. "Danke das ich nicht so bin wie der da" sagt der Pharisäer. Aber "der da" geht gerechtfertigt aus dem Tempel, ersterer dagegen nicht.
Ein Klassiker gerade für evangelische Theologen: Keine Werkgerechtigkeit, sondern Reue, Buße, Demut des Sünders zählt, "Wir sind Bettler, das ist wahr" soll Luther gesagt haben, famous last words.