Thread by @WDRinvestigativ

Die erste afghanische #Ortskraft hat vor dem #Afghanistan-UA ausgesagt. Samim Jabari hatte in Afghanistan für die #Bundeswehr gearbeitet. Als im August 2021 die #Taliban das Land übernahmen, wollte er - wie tausende andere - mit seiner Familie fliehen. Ein Thread von @martinkaul

Damals wurde Jabari offenbar von einem Bundeswehrsoldaten am Flughafen #Kabul zurückgewiesen - obwohl er berichtet, dass er zuvor von der Bundeswehr zum Flughafen gebeten worden sei. (…)

Wir berichteten darüber damals, sein Fall wurde zu einem der prominentesten Fälle hinterlassener Ortskräfte - auch weil aus Regierungskreisen erst verlautete, er habe falsche Dokumente gezeigt und betont wurde, er sei in Wirklichkeit keine richtige Ortskraft. (…)

Vor dem Untersuchungsausschuss schilderte Jabari, wie er zurückgewiesen wurde. Erst habe die Bundeswehr ihn aufgefordert, zum Flughafen zu kommen, Taliban hätten ihn hin eskortiert, die Amerikaner durchgelassen - ein Bundeswehrsoldat habe ihn & seine Familie dann fortgejagt. (…)

Sein Fall wurde zum Politikum, brachte die Bundesregierung unter Druck. (…)

Sie stand damals ohnehin in der Kritik, weil sie all die Monate zuvor kaum nennenswerte Vorbereitungen unternommen hatte, um viele derjenigen, die in Afghanistan etwa an der psychologischen Kriegsführung im Auftrag der Bundeswehr beteiligt waren, aus dem Lande zu bringen. (...)

In Berliner Regierungskreisen wurde in Reaktion auf die Vorwürfe dann in den Folgetagen kolportiert, der Mann habe das sehr kurz gehaltene Dokument, das er am Flughafen vorgezeigt habe, möglicherweise gefälscht. Inzwischen ist die Echtheit unstrittig. (…)

Dazu äußerte sich Samim Jabari: „Ein Spiegel-Journalist fragte mich: ‚Warum hast du dort am Flughafen gefälschte Dokumente vorgelegt?‘ Ich war schockiert, ich war verzweifelt. (…)

Ich habe ihn gefragt: ‚Wer hat das behauptet?’ Er sagte mir, ich kann den Namen nicht nennen, aber es ist ein hoher Offizier der Bundeswehr, der das behauptet.“ (…)

Jabari, sichtlich angefasst, sagte vor dem Untersuchungsausschuss weiter: „Ich kann Ihnen aber sagen, dass ich die Dokumente hier bei mir habe. Ich habe sie digital. Ich kann das alles nachweisen.“ (…)

Warum er dennoch zurückgewiesen wurde? „Vielleicht hat das Callcenter der Bundesregierung sich nicht genau abgestimmt mit den Soldaten vor Ort, vielleicht wussten sie nicht, mit welchen Papieren die Leute dort ankommen. (…)

Ich habe ihnen ja gezeigt, dass mein Papier von einem Bundeswehr-Account versendet worden war, aber sie haben mir das nicht geglaubt.“ (…)

Dazu sagte der Ausschussvorsitzende Ralf Stegner: „Wenn die wirklich voneinander nichts wussten, was ja Ihre Hypothese ist, wäre das eine bestürzende Schlussfolgerung. Das muss nicht Ihre Sorge sein, aber unsere ist es schon.“ (…)

„Ich habe jahrelang für die deutsche Bundesregierung gearbeitet“, sagt der Zeuge, „eigentlich hätte sie mir helfen müssen. Am Ende war es die private Organisation „Mission Lifeline“, die mir geholfen hat.“ (…)

Als er schließlich nach Stunden zu seiner Familie befragt wird, bricht er unter Tränen zusammen. Perspektivisch, so Jabari, würde er am liebsten so schnell wie möglich mit seiner Familie wieder in einem sicheren und friedlichen Afghanistan leben. (…)

Seine Geschichte und spätere Flucht dokumentierten wir unter anderem in unserem ARD-Film „Der Fall von Kabul“. Den Film könnt Ihr hier sehen: ardmediathek.de/video/die-stor…