Thread by @RKiesewetter

Gestern schrieb @gaborsteingart einen Artikel in @ThePioneerDe, in dem er fünf Fehler von #Selenskyj aufzählte. Dem widersprach ich und die Redaktion bot mir an, eine Replik zu schreiben. Das habe ich auch getan. 🧵1/16 thepioneer.de/originals/othe…

1) Wie Lloyd Austin in Ramstein richtig sagte, hat die #Ukraine nur ein sehr begrenztes Zeitfenster, um den Krieg zu gewinnen. #Russland hat in den letzten Monaten Personal und Material mobilisiert & seine Wirtschaft auf eine Kriegswirtschaft umgestellt. 2/16

Kyjw hat mangels Kontinuität westlicher Waffenlieferungen im Winter seine Verluste nicht im gleichen Maß wie Russland ausgleichen können und hat nun einen eklatanten quantitativen Nachteil auf dem Schlachtfeld. 3/16

Wenn Selenskyj mehr Waffen fordert, dann kann ich nur @ClaudMajor zitieren:"In dieser Bitte erkenne ich keine Maßlosigkeit, sondern Verzweiflung.“ Gerade #Kampfflugzeuge + weitrechende Artillerie würden es der Ukraine ermöglichen, den zahlenmäßigen Nachteil auszugleichen. 4/16

2) Die Bundesregierung hat bis heute keine einheitliche Strategie für die Sicherheit in Europa benannt. Während Teile von #Grünen und #FDP von einem notwendigen "Sieg" der #Ukraine sprechen. Setzt der @Bundeskanzler das falsche Narrativ. 5/16

Anstatt wie unsere mittel- und osteuropäischen Nachbarn zu sagen, Kyjw muss gewinnen, setzt #Scholz das Narrativ "die Ukraine darf nicht verlieren - Russland nicht gewinnen". Ein Waffenstillstand unter russischen Bedingungen hätte allerdings verheerende Folgen: 6/16

Fortsetzung der Kriegsverbrechen, Massenflucht aus der Ukraine und eine spätere Fortsetzung des Krieges Russlands gegen eine Restukraine, Moldau und das #Baltikum.

Auch war es Präsident Selenskyj, der stets Verhandlungsbereitschaft signalisiert hat: 7/16

In zig Versuchen vor Februar 2022 und bis zu den Kriegsverbrechen in Irpin und Butscha. Seinen Verhandlungsteams gab er bis April 2022 folgende Punkte mit: Moratorium der Krim-Frage für 15 Jahre, Verzicht auf NATO-Mitgliedschaft, Neutralität, jedoch EU-Mitgliedschaft. 8/16

#Russland antwortete darauf mit noch mehr Kriegsverbrechen und einer ständigen Eskalation des Krieges. 9/16

3) Selenskyj ist ein begnadeter Rhetoriker. Gerade auch diese Fähigkeit hält sein Land in diesen schwierigen Zeiten zusammen. Gerade im Angesicht der russischen hybriden Kriegs- und Propagandamaschine ist es unsere Aufgabe nicht russische Narrative zu bedienen. 10/16

Die Kompetenz des ukrainischen Präsidenten in Fragen der Kommunikation dem Angriffsopfer zum Vorwurf zu machen, missversteht die Notwendigkeit, die die Moral der Bevölkerung + der Rückhalt der Armee für das Überleben der Ukraine insgesamt haben. 11/16

Russlands größter Exportschlager waren nie Gas und Öl sondern die Korruption. Hier empfehle ich auch die Folge 7 der @OstausschussSK mit @EFDavies, @GresselGustav, @jcbehrends & @Woidelko: salonkolumnisten.com/ostausschuss/ 12/16

Auch in der ehemaligen Sowjetrepublik Ukraine ist diese deshalb noch weit verbreitet. Selenskyj betont aber stets, daß sein Land noch viel Arbeit vor sich hat, bis es der #EU beitreten kann. Die notwendigen Reformen geht er auch in Kriegszeiten an. Das verdient Respekt. 13/16

5) Es gibt in Deutschland weiterhin eine weitverbreitete Russlandromantik. Diese beruht oftmals noch auf kruden Theorien wie der Herzlandtheorie von Mackinder oder den Ideen Carl Schmitts. 14/16

Das nährt aber nur die Furcht in Mittel- und Osteuropa vor einem erneuten Zusammengehen Deutschlands und Russlands, über die Köpfe dieser Staaten hinweg. Unser demokratisches Deutschland hat wenig bis gar nichts mit Putins imperialistischem #Russland zu tun. 15/16

Das zeigt sich übrigens auch in der Möglichkeit dieser Replik. @gaborsteingart und ich vertreten diametral zueinander stehende Meinungen, aber wie es sich für eine Demokratie gehört, tauschen wir Argumente aus, leben den Diskurs. Dafür bin ich dankbar. 16/16 🧵 Ende