Thread by @raeuberhose

Bei der Anhörung zu digitaler Manipulation im Bundestag habe ich diese Woche auch über die Gefahr von mob violence, also kollektiver Gewalt, im Kontext von Desinformation gesprochen.

Betrachtet man den Phänomenbereich politische Manipilation im Netz nur im Kontext von Wahlen, greift das zu kurz. Gewaltaufrufe und letztlich auch Gewalt begleiten Falschmeldungen in Deutschland schon seit geraumer Zeit.

Klar, Gewaltaufrufe gibt es auch ohne Falschmeldungen, sie tragen aber dazu bei, dass konkrete Personen, Personengruppen oder auch Organisationen zum Ziel erklärt werden.

In Deutschland haben wir von Gewalt im Zusammenhang von Falschmeldungen in der Vergangenheit vor allem über Indien und Nigeria gesprochen.
sueddeutsche.de/panorama/indie…
bbc.co.uk/news/resources…

Zuletzt gab es antiziganistische Vorfälle auch in Frankreich
derstandard.de/story/20001003…

Allerdings gibt es solche Fälle auch in Deutschland. Um ein paar Beispiele zu nennen:
- gefälschte Fahndungsaufrufe zum G20-Gipfel
- Kennzeichen angeblicher pädophiler Personen, die unter Aufrufen der "Selbstjustiz" verbreitet werden (in Anführungszeichen, weil Falschangaben)

Gerade erst diese Woche gab es offenbar Falschmeldungen in Brandenburg, die dazu geführt hat, dass Bewaffnete sich auf den Weg zu einer Jugendherberge machten und rassistische Parolen brüllten.

https://twitter.com/annalist/status/1116589522047737862

(Hier wurden Details zu einer Ermittlung dazu erfunden)

Das Landgericht Flensburg hat 2018 zwei Männer wegen des Mordes an einem Geflüchteten verurteilt. Sie gaben an, das Opfer habe die Freundin bzw. Schwester der Täter vergewaltigt. Diese Tat hat es nach Einschätzung des Gerichts wahrscheinlich nicht gegeben.
taz.de/!5504414/

Diese Dinge lassen sich nicht über neue Gesetzgebung verhindern. Selbst wenn Facebook und andere entsprechende Gewaltaufrufe entfernen, werden sie in Telegram-Kanälen und Whatsapp-Gruppen weiter kursieren. Vor allem, weil sie häufig lokale (teils organisierte) Gruppen ansprechen.

Was aber geht: Sensibilisierung in den Sicherheitsbehörden, Gewaltaufrufe ernst nehmen und entsprechend der Gefahreneinschätzung vorbeugen.