Thread by @nhaerting

§ 28a IfSG, der letzten November eingeführt wurde und sich ausführlich zu "50 oder 35" verhält, kam in den gestrigen MPK-#Corona-Beschlüssen nicht vor. Als ob es diese Vorschrift nicht gäbe. /Thread

1. Auf die Bundesländer kommt nach den gestrigen #Corona-Beschlüssen eine schwierige Aufgabe zu: Sie müssen die Beschlüsse nicht nur in Verordnungstexte umsetzen, sondern auch begründen.

2. Denn nach § 28a Abs. 5 IfSG sind Rechtsverordnungen, die nach § 32 IfSG in Verbindung mit § 28 Absatz 1 und § 28a Absatz 1 IfSG erlassen werden, mit einer „allgemeinen Begründung“ zu versehen.

3. Eine gerichtsfeste Begründung eines „Lockdowns bis 35“ ist geradezu unmöglich. Denn: „Die Schutzmaßnahmen sollen unter Berücksichtigung des jeweiligen Infektionsgeschehens regional bezogen...

4. auf die Ebene der Landkreise, Bezirke oder kreisfreien Städte an den Schwellenwerten nach Maßgabe der Sätze 4 bis 12 ausgerichtet werden, soweit Infektionsgeschehen innerhalb eines Landes nicht regional übergreifend oder gleichgelagert sind.“ (§ 28a Abs. 2 Satz 2 IfSG).

5. andesweit einheitliche Bestimmungen werden sich in Bundesländern, in denen es regional sehr unterschiedliche „Inzidenzen“ gibt und in denen die Gesamtinzidenz unter 50 liegt (vgl. § 28a Abs. 1 Satz 9 IfSG), kaum solide begründen lassen.

6. 1.Solange die „Inzidenzen“ über 50 liegen, lässt § 28a Abs. 2 Satz 4 IfSG weitgehende Beschränkungen zu: „Bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen...

7. sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen.“

8. Wenn 50 unterschritten werden, sind „umfassende“ Schutzmaßnahmen nicht mehr zulässig. In der Spanne zwischen 35 und 50 darf es nur noch „breit angelegte Schutzmaßnahmen“ geben (§ 28a Abs. 2 Satz 5 IfSG).

9. Die Öffnung von Friseurläden wird für eine solche Rückstufung der Maßnahmen (von „umfassend“ auf „breit“) nicht genügen.

10. Sinkt die „Inzidenz“ unter 35, gilt § 28a Abs. 2 Satz 6 IfSG: „Unterhalb eines Schwellenwertes von 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen kommen insbesondere Schutzmaßnahmen in Betracht, die die Kontrolle des Infektionsgeschehens unterstützen.“

11. „Rettungsanker“ kann dann allenfalls § 28a Abs. 2 Satz 10 IfSG sein: „Nach Unterschreitung eines in den Sätzen 5 und 6 genannten Schwellenwertes...

12. können die in Bezug auf den jeweiligen Schwellenwert genannten Schutzmaßnahmen aufrechterhalten werden, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich ist.“/Ende