Thread by @DeziTS92

Wie ein #Amoklauf das Leben verändert. #Thread.

Es ist mittlerweile 13 Jahre her, das in der Pause unser damaliger Konrektor aus dem Hauptgebäude gerannt kam. Ein stämmiger, stabiler Typ. Er machte auf uns Schüler immer einen verlässlichen und kräftigen Eindruck.

Er wirkte immer so als hätte er die Kontrolle. Bis zu diesem morgen als er die Arme hochriss und uns symbolisierte zu rennen. Eine Mischung aus naivem Interesse an den Hintergründen und Angst machte sich breit.

Wenige Augenblicke später wurde es allen klar, ein ehemaliger Mitschüler (den ich nie persönlich kannte) stürmte bewaffnet unsere Schule. Viele Schüler rannten zur benachbarten Förderschule und wurden dort gesammelt.

Einige versteckten sich im Gebäude oder rannten bis nach Hause. Eine solches Ereignis ist der totale Kontrollverlust. Mit vielen Jahren Abstand ist mir heute klar, was der Schutzraum Schule bedeutet.

Auch wenn der Alltag für nicht jeden Schüler leicht ist, so bietet die Schule einen geschützten Raum. Ich glaube, was mich bis heute am meisten schockiert an dieser Tat ist die Erinnerung daran, wie die Lehrer feststellen mussten,

das sie keine Kontrolle über diese Situation mehr hatten. Die pure Angst um das Leben der Schutzbefohlenen und folgend auch das eigene. Nachdem einige Zeit vergangen war, in der die Polizei die Schule stürmte und das Gebäude der Förderschule, in der wir uns befanden von der

Bundespolizei umstellt war machte unsere damalige Rektorin über die Lautsprecher eine Durchsage. Ich erinnere mich nicht mehr an ihre Worte, aber daran das sie es schaffte viele etwas zu beruhigen und Zuversicht auszustrahlen trotz der für uns absolut unklaren Lage.

Wir Jungs aus unserer Clique haben damals viel Computerspiele gezockt unter anderem auch viele Shooter. Auf mich wirkte es als wenn die Bundespolizisten (jeder mit einer MP5 bewaffnet in kleinem Abstand das Gebäude schützend umstellt)

mit ihren Waffen für weitere Angst bei den jüngeren Schülern sorgte. Leider war es wohl aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht anders möglich. Mir wurde durch die absolute Anzahl bewusst was dort gerade passiert.

Die Kraft einer einzelnen Waffe war mir damals schon weitestgehend klar und löste kein Unbehagen bei mir aus. Aber zu sehen, dass es offensichtlich sehr viele dieser bewaffneten Polizisten braucht um die Kontrolle wiederherzustellen

und uns zu schützen machte mir klar wie scheiße Ernst die Situation war. Durch den Kontrollverlust entstand ein unglaubliches Chaos. Niemand wusste wo sich Schüler aufhielten und ob / wie viele Verletzt oder vielleicht sogar Tod sind.

Dies müssen rückschauend die schlimmsten Stunden für viele Eltern in dieser Stadt gewesen sein. Mit den Kriseneinsatzkräften (Polizei, SEK, Rettungsdienst) kommen dann auch sehr schnell die Medien.

Wenn ich euch einen Tipp diesbezüglich aus heutiger Sicht mitgeben darf um Kinder zu schützen, hindert diese Menschen mit allem was ihr habt & könnt an ihrer Arbeit bis offizielle Stellen wie die Pressesprecher der Behörden übernehmen können.

Interviews und Aufnahmen die kurz nach der Tat gemacht wurden verbreiten Fehlinformationen und belasten sicherlich bis heute noch damalige Mitschüler. Die voreilige und sensationsgeile Berichterstattung schädigt Opfer zusätzlich.

Zeitsprung: Nach der Aufarbeitung in den Familien geht irgendwann das Schulleben wieder los. Zu dieser Zeit begleitete uns vor allem ein Song mit dem Ausschnitt „was wir alleine nicht schaffen das schaffen wir dann zusammen“.

Die Klasse veränderte sich von mehreren kleinen Gruppen in denen es wie immer die „coolen“ und „uncoolen“ gab zu einer großen Familie. Das gemeinsame Aufarbeiten sorgte dafür, dass wir aufeinander achteten und als Gemeinschaft gestärkt zusammenhielten.

Wir entwickelten Kampfeskraft gegen alle die uns schädigen wollten (auch einzelne Medien).
Abgelegt haben viele ihre Naivität. Kinder wie Eltern wurde bewusst das es kein „Das passiert uns nie“ gibt. Ein Amoklauf in einer Kleinstadt wie unserer, vorher undenkbar.

Im Kampf gegen einige Medien lernten wir, was Zusammenhalt bewirken kann und wie wir uns selbst für unsere Interessen und Überzeugungen einsetzten können & müssen.
Abschließend möchte ich euch mit auf den Weg geben, jede Minute eures Lebens zu nutzen!

All den Menschen Polizisten, Rettungsdiensten, Seelsorgern, Sozialarbeitern für ihren unglaublichen Einsatz danken <3

Ich hoffe das es alle meiner damaligen Mitschüler so gestärkt aus alle dem hervorgehen können wie es bei mir der Fall ist auch wenn ich mir sicher bin das dem nicht so ist.
Wenn ihr Fragen habt dann fragt 😊

Danke @h0uz3_ für die Inspiration etwas über die Schulzeit zu schreiben :)

Falls du das liest und Hilfe brauchst melde dich bitte bei einem Seelsorger z.B kostenfrei unter Telefon [phone]