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Okay, es gibt einmal wieder Anlass, einen langen Thread zu schreiben. Zunächst einmal eine Empfehlung: in der aktuellen @konkret findet sich ein Artikel von @Felicea. Eine weitere Empehlung geht an den Tweet, der mich zu diesem Artikel geführt

tagesspiegel.de/politik/friede…
@konkret @Felicea hat: . Sowohl der Thread als auch @Felicea diskutieren vor allem, was Menschen bewegt, sich jetzt zu Autismus-Experten aufzuschwingen. Die dritte Empfehlung geht an die KlimaLounge: scilogs.spektrum.de/klimalounge/wi… So weit die Empfehlungen, jetzt ein paar eigene
Anmerkungen: Am meisten habe ich mich über den Vorwurf amüsiert, es fehle Greta an Empathie. In Klartext übersetzt heißt dies: Es fehlt Greta an Empathie für mich und meinesgleichen. Ich kenne den Autor jetzt nicht so gut, ich vermute mal nicht, dass es jemand ist, für den eine
CO2-Steuer bedeutet, dass er nicht mehr weiß, wie er die Rechnung von den Stadtwerken bezahlen soll. Für Menschen, deren teure Hobbies (große Autos fahren) jetzt teurer werden, mag es tatsächlich scheinen, als ob Greta Thunberg keine Empathie für sie aufbringt. Mir fällt es auch
schwer. Vielleicht hat ihr Groll auch damit zu tun, dass Greta Thunberg ihnen ein schlechtes Gewissen macht. (Im konkret-Artikel werden übrigens ebenfalls Autoren erwähnt, die Greta mangelnde Empathie vorwerfen. Sie werfen ihr auch mangelndes Charisma vor. An ihrem mangelndem
Charisma liegt es wahrscheinlich auch, dass mittlerweile Millionen von jungen und nicht so jungen Leuten dafür protestieren, dass endlich mit dem Klimaschutz ernst gemacht wird. Nur weil ein paar ältere Herren nicht von ihrem Charisma ergriffen werden, heißt das nicht, dass sie
keines hat.) --- So weit erst einmal zu den Symptomen, die der Autor des Artikels hier benennen zu müssen meint. Der eigentliche Hammer kommt etwas später: Greta verbreite die Unwahrheit. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, auf der sie sich bezieht, seien überhaupt nicht wahr,
es handele sich um eine Gruppe von Wissenschaftlern, die alle, die anderer Ansicht sind, der Häresie bezichtigen. Wobei die Wortwahl "wissenschaftliche Meinungen" stutzen lassen sollte. Wissenschaftler haben normalerweise keine "Meinungen", die man tolerieren sollte. Sie
begründen, warum das, was sie sagen, wahr ist. Manchmal tauchen dann andere Wissenschaftler auf und erklären, dass sie die Begründungen nicht für stichhaltig halten, dass es Löcher in der Argumenationskette gibt oder dass es methodische Fehler gab. Der Wissenschaftler, der
kritisiert wurde, kann die Argumente des Kritikers akzeptieren oder zurückweisen. Meist geschieht das letztere. Was nicht geht: Herumjammern, wann würde ausgeschlossen und zum Häretiker erklärt. Es geht eben nicht um eine kirchliche oder Parteidoktrin, sondern alle bemühen sich,
die Klimamodelle zu verbessern. Übrigens handelt so auch Stefan Rahmstorf im oben verlinkten Artikel: Er entkräftet die Argumente von Vahrenholt. - Im Buch "Der Klimawandel" aus der Reihe C.H.Beck Wissen, das er mit Joachim Schellnhuber veröffentlicht hat, beschreibt und
kritisiert er, was da gerade im Tagesspiegel passiert: Um der angeblichen Ausgewogenheit willen dürfen zwei Personen mit unterschiedlichen Positionen diese darstellen und verteidigen. Bei einer Frage wie "Sollte Greta Thunberg den Nobelpreis erhalten?" ergibt dies auch
tatsächlich Sinn. Aber man hätte sich für die Contra-Position jemand suchen sollen, der nicht gleich auch den Klimawandel selbst leugnet. (Man kann den Umgang mit ihr in den Medien kritisieren, auch wenn man ihre inhaltlichen Positionen teilt.) Dass die meisten Wissenschaftler
davon ausgehen, dass das von Menschen in die Atmosphäre geschickte CO2 eine Erderwärmung verursacht, und nur ganz wenige die Position von Fritz Vahrenholt teilen, fällt dabei unter den TIsch. Vor allem fällt dabei unter den Tisch, dass diejenigen, die von einer Erderwärmung
ausgehen, die besseren Argumente haben. (In ihrem "Bericht aus Deutschland" erzählt Hannah Arendt von der Derealisierung, der sie hier nach dem Krieg begegnet ist. Die Menschen können nicht mehr zwischen Positionen, über die man unterschiedlicher Meinung sein kann, etwa die
die Vorteile des Mehrparteiensystems, und Fakten unterscheiden. Über den Verursacher des Zweiten Weltkriegs braucht man nicht zu streiten - und jedes "Pro/Contra" in einer Zeitung wäre unangemessen. --- Weiter: Der Klimanotstand sei weder eingetreten, noch stehe er kurz bevor.
Okay. Wenn mehrere Jahre hintereinander das Wette so ist wie im Jahr 2018, dann ist er eingetreten. Es wird schon diskutiert, wie der diesjährige Sommer einzuschätzen ist. Die Eisdielenwirte klagen, aber trotz allen Regens hat sich das Grundwasser noch nicht erholt. Mittlerweile
leiden nicht nur die neu gepflanzten, sondern auch großen Bäume. Also, wer da keine Ahnung bekommt, dass man dringend etwas tun müsste, dem ist nicht mehr zu helfen.. Wenn der Klimanotstand eingetreten ist, ist es zu spät. --- Jetzt zur Behauptung, es sei doch etwas passiert:
Zweitakter und Kohleheizungen seien abgeschafft. Damit benennt er schon die wichtigste Ursache, warum es Deutschland gelungen ist, den Co2-Ausstoß seit 1990 zu reduzieren: Die Deindustrialisierung der ehemaligen DDR. Seither hat sich nur wenig getan, falls überhaupt. Bei der
Stromerzeugung gab es Fortschritte, invielen anderen Bereichen (Gebäudewärme, Verkehr, Produktion) nicht. Insgesamt geschieht zu wenig. (Die weiteren Beispiele, die er nennt, haben mit dem Treibhauseffekt nichts zu tun.) --- Ein letztes Wort noch zu den Irrtümern: Ja, es gab
Fälle, wo Wissenschaftler sagten: Der Anstieg von CO2 in der Atmosphäre geschah langsamer als gedacht. Sie sagten es nicht mal ungern - solch eine Nachricht verschafft eine Atempause. Es gibt aber auch Fälle, wo sie sagen: Das geht deutlich schneller und wird schlimmer, als wir
vorhergesagt haben. Man kann beides erwähnen.
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