Thread by @StefanHechl

🚨 Statt dem täglichen Brexit-Update gibt’s jetzt bis 12. Dezember also ein Wahlkampf-Update. 🚨 (auch nicht fad!)

Hier ein Thread zur Ausgangslage für die einzelnen Parteien, los geht’s mit den Tories.

Die Tories werden mit einem Manifesto (Wahlprogramm) antreten, wo Johnsons Deal als Lösung des Brexit-Chaos angepriesen wird. Für alle Tory-MPs, egal wie pro-Remain sie sind, wird es dann schwer, gegen den Deal zu stimmen – weil sie (auch) dafür gewählt werden.

Im Süden werden sie sicher Sitze an die LibDems verlieren. Da ist das Ziel Schadensbegrenzung. Große Gewinne will man in den Industrieregionen im Norden einfahren: traditionelle Labour-Hochburgen, aber ziemliche Leave-Gebiete.

Aufpassen müssen sie darauf, dass ihnen nicht die Brexit Party entscheidende Stimmen wegnimmt, wobei die Gefahr dafür nimmer so groß scheint, wie sie mal war – so lange Johnson sein Image als Brexit-Macher halten kann (trotz gebrochenem Versprechen bzgl. Brexit am 31.10.2019)

Wichtiges Narrativ im Wahlkampf dürfte „People vs. Parliament“ werden – man soll Tories wählen, damit das neue Parlament nicht den Brexit blockiert, wie es das alte gemacht hat – damit man dann mit der sonstigen konservativen Agenda weitermachen kann.

Es ist wohl alles drin – von einem nur minimal verbesserten Ergebnis knapp an der Mehrheit bis hin zum Erdrutschsieg mit annähernd einer Zwei-Drittel-Mehrheit an Mandaten im House of Commons.

Aktuell: 298 MPs
Untergrenze des Möglichen: 290 MPs
Obergrenze des Möglichen: 420 MPs

Hier zur Illustration der politischen Großwetterlage & ihrer Instabilität noch eine Darstellung von Umfragewerten seit Anfang 2015, via @POLITICOEurope

@POLITICOEurope So, weiter geht’s mit Labour! Die stehen in aktuellen Umfragen bei ca. 25% – gleich viel wie 2017, wo die Tories noch mehr Vorsprung hatten. Damals hat Corbyn das in Prozenten fast alles aufgeholt. Aber: Heuer sind die Voraussetzungen ganz anders. Ist eine Aufholjagd möglich? Ja.

Ist die wahrscheinlich? Hmm, eher nein. Aber ein bissl wird’s schon nach oben gehen, hauptsächlich wohl auf Kosten von Lib Dems und Grünen.

Essentiell werden die Leave-Regionen im Norden, die die Tories gewinnen wollen, aber eigentlich klassische Labour-Wahlkreise sind. Im Süden muss Labour aufpassen, dass die liberal-urbanen Regionen nicht an die LibDems fallen, die beim Thema Brexit/Remain einfach glaubhafter sind.

Corbyn wird versuchen, die Aufmerksamkeit im Wahlkampf auch auf Themen abseits des Brexit zu lenken, wo er besser & glaubhafter ist als die Tories: NHS/Gesundheitssystem, Sozialstaat, Armut, Bildung, vlt. auch Klimaschutz – klassische SozDem-Themen halt.

Die Frage ist halt, ob diese Themensetzung gelingt, oder ob sich alles nur um den Brexit drehen wird. Problematisch ist auch, dass es intern viel Corbyn-Kritik gibt. Bei den Tories hingegen treten sehr viele Johnson-Kritiker*innen heuer nicht mehr an.

Ein weiterer essentieller Faktor für das Labour-Ergebnis sind die Stimmen der Jungen. Seit Bekanntwerden des Neuwahltermins ist die Anzahl der 18-24-Jährigen, die sich in die Wähler*innenevidenz eintragen lassen, stark angestiegen – ein gutes Zeichen für Corbyn.

Labour hat auch den Vorteil, dass man im Falle des Falles einer Minderheitsregierung auf die SNP (im Gegenzug für ein #indyref2?), der Grünen, Plaid Cymru und vlt. sogar der Lib Dems (im Gegenzug für ein zweites Brexit-Referendum?) zählen könnte.

(wobei man bei den Lib Dems aufpassen muss, die würden schon auch problemlos mit Johnson ins Bett hüpfen, wenn es sich anbietet)

Aktuell hat Labour 244 MPs.

Untergrenze des möglichen Wahlergebnisses: 180
Obergrenze des möglichen Wahlergebnisses: 250

Wir werden sehen.

Also es ist so: Corbyn kann ohne Mandatsmehrheit PM werden, weil er potentielle Partner*innen im Parlament hat. Johnson hat quasi keine – der braucht unbedingt eine absolute Mandatsmehrheit, anders wird er sich nicht im Amt halten können. Das ist der Lichtblick für Labour.