Ich stamme aus einer Zeit, in der man in der Grundschule mit Füller schreiben musste, weil alles andere als "unordentlich" galt. Als Linkshänder war das problematisch, denn man konnte seine Hand nicht aufs Papier legen, da die Tinte verschmiert. Schnelltrocknung gab es nicht.
Das führte dazu, dass meine Schrift instabil und unordentlich wirkte, weil ich im Gegensatz zu meinen Mitschülern die Stabilität einer abgesetzten Hand nicht nutzen konnte. Tatsächlich war Schriftbild sogar eine Schulnote auf dem Zeugnis. Es senkte den Zeugnisdurchschnitt.
Hinzu kommt, dass es nicht wenige Menschen gab, die versuchten aus dem Schriftbild Rückschlüsse auf den Charakter und die Psyche des Kindes zu ziehen. Ich galt dann als psychisch instabil, weil meine Schrift unsauber war, obwohl der eigentliche Grund meine Linkshändrigkeit war.
Diese Ereigniskette zeigt in meinem Augen schön die Gefährlichkeit von subtilen Diskriminierungssystemen. Es fängt mit Unachtsamkeit und Desinteresse und Kleinigkeiten wie einem Füller an und bevor man sich versieht, werden einem plötzlich psychische Probleme angedichtet.
