, 20 tweets, 5 min read Read on Twitter
Hey, wisst ihr, was richtig gut wäre?

Weniger Mutterkult

- und dafür mehr echte Unterstützung für Eltern,

mehr reproduktive Rechte, auch für jene, die nicht (weitere) Kinder wollen,

sowie mehr Normalisierung von gleichberechtigten Elternrollen.
Ich hab gestern in der Instagram-Story von @motzmama diese Umfrage gesehen.
[Sharepic der @welt: "Jede dritte Mutter empfindet Partner als weiteres Kind", dazu Jettes Umfrage: "Seht ihr das auch so?" - 62% antworteten mit Ja.]
Natürlich ist das keine repräsentative Umfrage, aber es zeigt doch: Viele Frauen führen mit ihren Partnern eine Elternschaft, die offenbar nicht nur *nicht gleichberechtigt* ist, sondern sie empfinden den Partner als so unselbständig und betreuungsbedürftig wie ein Kind.
Als Folgefrage wollte Jette @motzmama noch von ihren Follower*innen auf Instagram wissen, was sich ändern müsste, damit diese mit Nein antworten. Hier eine Auswahl der Antworten: Sichtbare Antworten: Lebensmittel aufschreiben, die er leer macht, mehr im Haushalt mithelfen, mehr mitorganisieren, statt sich auf mich zu verlassen, von sich aus helfen, mehr mitdenken, besser zuhören...Sichtbare Antworten: Mehr Dinge von sich aus tun/sehen, über Wünsche sprechen, mehr Dinge alleine tun, ohne dass ich ihn immer auffordern muss, sich selbst organisieren, selbstständig erziehen...
Diese Antworten lassen sich alle unter dem Begriff "Mental Load" zusammenfassen. Das ist quasi die alltägliche Verantwortung, für alle und alles im Haushalt und in der Familie mitzudenken, zuständig zu sein, zu organisieren, zu managen.
Eine ausführliche Beschreibung und Illustration des Mental Load findet sich im Comic "You should have asked" der Künstlerin Emma. english.emmaclit.com/2017/05/20/you…
Die gesellschaftliche Realität sieht schmerzhafterweise so aus, dass der Mental Load fast immer an den Frauen und Müttern hängen bleibt. Die Gründe dafür und Dynamiken dahinter sind in diesem NYT-Artikel beschrieben: What "Good" Dads Get Away With
nytimes.com/2019/05/04/opi…
Der beleuchtet nämlich auch, dass die Selbstverständlichkeit, dass der Mental Load Müttersache sei (und somit Väter sich für vieles nicht zuständig fühlen), einer der Hauptgründe ist, warum das Projekt "gleichberechtigte Elternschaft" so oft scheitert.
Und ja, da können die "neuen Väter" noch so engagiert sein, sich in Ratgeber einlesen, Trageberatungen besuchen, Elternzeit nehmen. Wenn die Mutter anstelle des Vaters daran gedacht hat, dass das Klopapier alle ist, das Baby bald U4 hat oder das Schulkind neue Hefte braucht...
einfach, weil der Vater eben nicht daran denkt oder nicht selber die Initiative für diese Verantwortlichkeiten ergreift, dann empfindet so manche Mutter diese Situation vielleicht als so belastend und ermüdend, als hätte sie noch ein weiteres Kind.
Und klar, das Narrativ vom "Idiot Dad" (looking at you, Edeka!) ist unfair, unfeministisch, ableistisch und einfach fies! Aber es baut leider auf diesem Ungleichgewicht auf. Es speist sich aus den Erfahrungen von Elternpaaren, in denen es ein solches Gefälle gibt.
Es ist die absolut falsche Vorstellung, dass Mütter deswegen die besseren Eltern seien, dass gar ihr vermeintlicher "Mutterinstinkt" so etwas wie eine übersinnliche Kraft sei, Vätern wiederum diese Kraft fehle und sie sich deshalb ungeschickt anstellen würden.
Und hier schließt sich der Kreis zum Mutterkult. Dieser hebt Mütter auf ein Podest, der auf patriarchalen Strukturen basiert und Müttern vergiftetes Lob dafür ausspricht, dass sie die Einzigen seien, die sich *wirklich* um ihre Kinder kümmern könnten.
Genau dieses Podest bringt Denkweisen zustande, dass Väter höchstens mal nur "babysitten" oder der Mutter "helfen", aber nicht selbst betreuen. Denkweisen, dass es dem Kind irgendwie schlechter gehen muss, wenn "Papa mal aufpasst" und Mama nicht da ist.
Diese Denkweisen führen dazu, dass von Müttern quasi selbstverständlich verlangt wird, unbezahlte Carearbeit für ihre Familie zu leisten (also länger Elternzeit nehmen, zugunsten der Familie in Teilzeit gehen oder gar ganz raus aus dem Job, "Fremdbetreuung" lange hinauszögern...)
Und das wiederum hat auch Auswirkungen auf Menschen, die keine Eltern sind (und womöglich auch keine sein wollen). Besonders Frauen, die nicht Mütter werden wollen, können davon ein Lied singen. Als Frau scheinst du ohne Kind nicht "komplett".
Da ist ein Feiertag im Jahr mit Blumen, Pralinen und Wellness ein relativ schwacher Ausgleich für Fremdbestimmung über Körper, Karriere, Psyche, Freizeit, und Sozialleben. 🤷‍♀️
Und davon, wie queerfeindlich dieser Mutterkult ist, will ich gar nicht anfangen! Da können schwule und lesbische Eltern, trans Eltern oder nonbinary Eltern ein Lied von singen.
Und wie schwer die Last des Mutterkultes auf den Schultern von Alleinerziehenden (zu 91% Mütter) liegt, ist ja nochmal ein ganz eigenes Thema!
Zum Schluss: Jaha, ich freue mich über Blumen, Pralinen und Wellness, immer her damit!
Aber denkt gerne die restlichen 364 Tage des Jahres über gleichberechtigte Elternschaft nach.

Und jetzt ihr: Wie kann man die besonders gut fördern?
Missing some Tweet in this thread?
You can try to force a refresh.

Like this thread? Get email updates or save it to PDF!

Subscribe to Anna Aridzanjan
Profile picture

Get real-time email alerts when new unrolls are available from this author!

This content may be removed anytime!

Twitter may remove this content at anytime, convert it as a PDF, save and print for later use!

Try unrolling a thread yourself!

how to unroll video

1) Follow Thread Reader App on Twitter so you can easily mention us!

2) Go to a Twitter thread (series of Tweets by the same owner) and mention us with a keyword "unroll" @threadreaderapp unroll

You can practice here first or read more on our help page!

Follow Us on Twitter!

Did Thread Reader help you today?

Support us! We are indie developers!


This site is made by just three indie developers on a laptop doing marketing, support and development! Read more about the story.

Become a Premium Member ($3.00/month or $30.00/year) and get exclusive features!

Become Premium

Too expensive? Make a small donation by buying us coffee ($5) or help with server cost ($10)

Donate via Paypal Become our Patreon

Thank you for your support!