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.@W_SK hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass die Existenzminimums-Garantie ein Menschenrecht ist.⬇ Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. <thread>

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cc @popp5201 @eug_de @EconJena @oxi_blog @MakronomMagazin @AchimTruger @zukunftsheld
Aber offenbar haben vor allem Ökonom:innen oft Probleme mit der Garantie des Existenzminimums als Grundrecht. Dabei ließe sich das auch ökonomisch bzw. ökonomistisch rechtfertigen, im Grunde sogar konsequent integrieren. 2/15
Häufig argumentieren Ökonom:innen, die Gewährung des Existenzminimums dürfe keine Leistung ohne Gegenleistung sein. Das widerspricht zwar dem Grundgedanken der Menschenwürde, Subsidiarität & anderen gesellschaftlichen Prinzipien. Aber lassen wir das kurz beiseite. 3/15
Der grundsätzliche Denkfehler ist, zu übersehen, dass Menschen grundsätzlich Leistungen erbringen, aus denen sich die Garantie eines Existenzminimums rechtfertigt: zB Rechtstreue, die Akzeptanz der Eigentums- & Vermögensordnung, Teilnahme am „Markt“ (Arbeitsteilung usw). 4/15
Einzelne Ökonom:innen mögen darauf empört antworten: Diese „Leistungen“ sind doch Bürgerpflichten! Im Rahmen „des“ üblichen ökonomischen Gedankengebäudes ist das nicht konsequent zu Ende gedacht. Denn dort geht es um Anreize, Leistung & Gegenleistung, Nutzenkalkül etc. 5/15
Es stellt einen Bruch dar, die oben erwähnten Leistungen einfach als „kostenlose“ Bürgerpflichten anzusehen, um sich damit nicht weiter um die dazugehörigen Gegenleistungen scheren zu müssen. An dem Punkt wird Ökonomik sonst ideologisch. 6/15
Insofern ist die Garantie des Existenzminimums – streng ökonomisch bzw. ökonomistisch gedacht – der „Preis“ bzw. die „Gegenleistung“ für die Leistungen des Individuums (& der Erwartungen an das Individuum), die mit der Teilnahme an das Wirtschafts- & Sozialsystem einhergehen.7/15
Dieser Gedanke ist nicht neu, sondern lässt sich aus den Überlegungen zum Gesellschaftsvertrag von Hobbes & Locke, wie sie faktisch die Grundlage auch der modernen neuen Institutionenökonomik bilden, aber ebenso aus Thünens de.wikipedia.org/wiki/Johann_He… Überlegungen ableiten. 8/15
Ferner kann an die Lösung für positive Externalitäten, wie sie in jüngeren Lehrbüchern dargestellt sind, angeknüpft werden: Um die positiven Externalitäten, die jeder Mensch als Gesellschaftswesen „produziert“, sicherzustellen, können sie staatlich subventioniert werden. 9/15
Sozialtransfers zur Existenzsicherung ließen sich somit als eine solche Subvention verstehen. 10/15
In der Summe lässt sich also durchaus standard-ökonomisch argumentieren, dass der Gewährleistung eines Existenzminimums bereits „Gegenleistungen“ gegenüberstehen (zB positive Externalitäten im Sinne von Sozialer Friede, Investitionssicherheit usw. sowie Rechtstreue). 11/15
Das, was Ökonom:innen dann häufig als „Gegenleistungen“ für ein Existenzminimum fordern, sind streng genommen *zusätzliche* Leistungen, die dem Individuum abverlangt werden & die somit gesondert begründungsbedürftig sind. 12/15
Das Problem scheint mir darin zu liegen, dass so etwas wie „Sozialer Frieden“ (auch im Sinne von lediglich der Akzeptanz gesellschaftlicher Verhältnisse) usw. schon viel zu lange existiert und als selbstverständlich bzw. selbstverständlich "kostenlos" angenommen wird. 13/15
Diese Argumentation muss teilen (es gibt andere - ethische - Argumente). Aber gerade weil die ökonomische Perspektive häufig im Diskurs angeführt wird, lohnt es sich, auf diese Sicht einzulassen, um entsprechende Inkonsistenzen aufzuzeigen. 14/15
Wer mehr dazu wissen will:

1. Das Subsistenzrecht (2012) metropolis-verlag.de/Das-Subsistenz…

2. Menschengerechtes Wirtschaften? (2017) shop.budrich-academic.de/produkt/mensch…

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