Okay, "The Hammer and the Dance" wird nun in einem Papier der Bundesregierung zitiert. Darum vielleicht doch noch kurz erklären, warum ich den Text problematisch finde. 👇
Es geht um ein vertrauliches Strategiepapier aus dem Bundesinnenministerium, über das die Kollegen @hannocharisius @n_richter und Georg Mascolo hier berichten: sueddeutsche.de/politik/corona… Dort wir das Best-Case-Szenario für die Corona-Epidemie in 🇩🇪 als "Hammer and Dance" bezeichnet
Das ist der Titel dieses Medium-Beitrags von @tomaspueyo: medium.com/@tomaspueyo/co… den es inzwischen auch in deutscher Übersetzung gibt medium.com/tomas-pueyo/co….
Es ist bemerkenswert, dass es Pueyo in den Regierungsbericht geschafft hat. Denn er ist weder Epidemiologe noch Virologe, er ist überhaupt kein Wissenschaftler. Sondern Manager, der sein Geld u.a. mit einer Online-Lernplattform verdient.
In seinem Artikel steht vieles, was richtig und wichtig ist: Dass #FlattenTheCurve nicht reicht, sondern eine harte Unterdrückung des Coronavirus nötig ist; dass dazu harte Maßnahmen nötig sind, um die Sozialkontakte zu reduzieren; dass man unbedingt viel mehr testen muss.
Aber mindestens ein ganz zentraler Satz ist nicht vom Stand der Forschung gedeckt: "Die für den Hammer benötigte Zeit beträgt Wochen, nicht Monate." Es seien also nur ein paar Wochen nötig, um das Virus zu unterdrücken, danach könnten wir alle wieder raus gehen.
Dagegen heißt es u.a. in dieser Studie des @MRC_Outbreak, die Pueyo als eine seiner wenigen Quellen angibt: "Suppression policies may need to be maintained for many months". imperial.ac.uk/media/imperial…
Auch die @DGEpi_eV schreibt: "Auch ist damit zu rechnen, dass diese Einschnitte über die nächsten Monate aufrechterhalten werden müssen, um zu einer völligen Eindämmung der Infektionsausbreitung zu führen." dgepi.de/assets/Stellun…
Die Wissenschaft weiß, dass ein Lock-down über Monate wirtschaftlich und sozial kaum zu machen ist. Daher wird diskutiert, wie Alternativen aussehen könnten. Dabei geht man davon aus, dass auf Phasen der Lockerung immer wieder harte Einschränkungen folgen müssen.
Die Strategie gilt als riskant und ist umstritten. Pueyo verschweigt die Risiken und gibt seinen "Hammer and Dance" als fertige Out-of-the-Box Lösung aus, die man nur umsetzen müsse und alles wäre gut. Das ist falsch und gefährlich.
Mehr dazu hier, mit @Remrow et al (€): projekte.sueddeutsche.de/artikel/wissen…
Die Bundesregierung hat sich für ihr Papier umfassend wissenschaftlich beraten lassen; man muss dieses daher nicht komplett in Zweifel ziehen. Dass Pueyo darin so prominent zitiert wird, finde ich trotzdem befremdlich.
